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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 54.1938-1939

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Rüdiger, Wilhelm: Peter Henrich
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https://doi.org/10.11588/diglit.16487#0225

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Peter Henrich. Erntefrau

Peter Henrich. Von Wilhelm Rüdiger

Man wird einen Bildhauer, vor allem Nachdenken
über seelischen Gehalt und innere Haltung seiner
Bildwerke, am ehesten vom Material her verstehen,
in dem er sich mitteilt und verwirklicht. Denn Ma-
terial ist Bekenntnis. — In einem Vers, den Michel-
angelo als Antwort an Giovanni Strozzi auf dessen
andächtig bewundernde Reime über die Figur der
..Xacht" vom Medicäergrabmal schreibt, heißt es:

..--doch über alles preise ich, Stein zu sein." In

die Unbedingtheit, die Unnahbarkeit, die gepanzerte
Härte des Steins kämpft er sich hinein, der Stein wird
er selber, und er wird in seinen Werken zum Stein.
Ebenso wie der Buonarotti in Stein denkt und lebt,
so daß selbst seine gemalten Gestalten wie versteint
erscheinen, so „kriechen" andere Meister, wie z. B.
die deutschen der gleichen Zeit, ein Veit Stoß, ein
Hans Leinberger, in die Wachstumsschichten und
-bewegungen des Holzstammes und heben und
holen das Leben (— in doppelter Gestalt, der Figur
sowohl wie des pflanzenhaft gewachsenen Organis-

mus Holz—) hervor, legen es bloß, machen es sichtbar.
Ein ebensolcher Rohstoff, der der Formung wartet,
ist der Tonklumpen in des Künstlers Hand. Wohl
bietet er nicht die Möglichkeiten der Erweckimg noch
innen im Stoff selbst schlummernder Kräfte und
Lebensströme, aber der Schöpfungsakt wird an ihm
vielleicht besonders lustvoll, mitreißend und sinnlich
eindrucksvoll empfunden. Denn aus dem gänzlich
Gestaltlosen, aus etwas dem Schlamm, dem Chaos
selbst Verwandten baut sich das Werdende auf.
wächst, wird zu etwas Menschlichem, zur Gestalt,
gerät in Bewegung, bekommt Wesen und Seele. Im
A'organg des Modellierens erlebt man immer wieder
von neuem die alte Prometheusfabel, wie Menschen-
wesen geformt und geboren werden aus einem Klum-
pen Ton.

Peter Henrich, der Münchener Plastiker, ist ein sol-
cher Schöpfer in Ton. Der heute Achtundvierzigjäh-
rige, der nach dilettierenden Anfängen noch als hoher
Dreißiger aus seiner rheinischen Heimat kam, um

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