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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 54.1938-1939

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Müller, Wolfgang: Über den Naturalismus
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https://doi.org/10.11588/diglit.16487#0388

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Hans Thoma. Regen im Schwarzwald. 1882

Privatbesitz, Frankfurt a. M.

Über den Naturalismus. Von Wolfgang Müller

Wir wissen von keiner Welt, als im Bezug auf den Menschen :

-wir wollen keine Kunst, als die ein Abdruck dieses Bezuges ist. Goethe

Was ist naturalistisch? Ist es nicht alles, was an der
Oberfläche bleibt, alles, was die Dinge darstellt, als
beständen sie nur in ihrer sinnlichen Erscheinung
und hätten darüber hinaus nicht noch ein verbor-
genes Wesen, das sich dem Positivismus der fünf
Sinne nicht sofort erschließt? Dieser Naturalismus
begleitet alle Kunstepochen, wenn nichts gesucht
wird als die Nachahmung der Natur, er tritt deut-
lich zutage, wenn die magischen, mythischen oder
geistigen Inhalte einer Kunst schwächer werden. So
kann man von einem hellenistischen, spätgotischen,
barocken Naturalismus sprechen, bis zum Sensuellen
des Impressionismus, ja. von einem notwendigen Na-

turalismus als Durchgang jedes Künstlers. Rembrandt
in seinen frühen und mittleren Jahren ist Naturalist
und Realist: wo er es später nicht mehr ist. dort
bleibt trotzdem die natürliche Welt der Formen er-
halten, wenn dann auch ein Porträt oder eine biblische
Szene mehr ausdrücken als ein Abbild und ein Vor-
gang, nämlich die ganze Tiefe eines religiösen Men-
schen, gleichgültig, ob er den verlorenen Sohn oder
einen geschlachteten Ochsen malt. Immer dient ihm
die Wirklichkeit nur zur Yersinnlichung seiner gei-
stig-seelischen Erfahrung. Nicht mehr der Stil ist
metaphvsisch irrational wie in der Romantik und in
der hohen Gotik, sondern die einzelne Künstlerper-

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