Johan Christian Claussön Dahl. Vesuvausbruch
Städel-institut, Frankfurt a. M.
Malerei in Norwegen. Von U. von Zernichow, Oslo
Bis zum Jahre 1814 stand die norwegische Malerei
mehr oder weniger durch das Abhängigkeitsverhält-
nis zu Dänemark unter dänischem Einfluß. Aller-
dings gab es auch damals schon eine interessante nor-
wegische Kunst, namentlich auf dem Gebiete der Kir-
chen- und Bauernkunst. In den Städten dagegen machte
sich der dänische und deutsche Einschlag bemerkbar.
Sobald sich diese Verbindung mit Dänemark 1814
löste, entwickelte sich im norwegischen Volke das
Selbstbewußtsein mit starker Kraft und machte sich
auf allen Gebieten, auch auf dem der Kunst, geltend.
Schon ein paar Jahrzehnte nach der politischen Be-
freiung tat sich eine kleine Schar junger Maler her-
vor, die den Anfang einer Malerkunst im neuen Nor-
wegen bildete, und wie die Malerei damals die erste
von allen Künsten war. die sich entwickelte, so ist sie
bis auf den heutigen Tag die führende Kunstart ge-
blieben.
Das erwachte nationale Bewußtsein drückt auch der
Malerei im Anfang des 19. Jahrhunderts ihr Gepräge
auf. Zwar mußten die Künstler sich ihre Ausbildung
auf den großen Kunstschulen des Auslandes holen.
denn im Lande selbst waren alle Kräfte für den wirt-
schaftlichen Aufbau angespannt, und es fehlte an
Geld, um Schulen zu errichten. Aber durch das natio-
nale Hochgefühl, das das ganze Volk ergriffen hatte,
erwachte auch in der Malerei die Liebe zum Heimat-
lande. Es war, als ob nun auf einmal die berauschen-
den Schönheiten der norwegischen Landschaft ent-
deckt wurden, und so holten sich die Maler ihre Mo-
tive — selbst wenn sie im Auslande wohnten — von
dem heimatlichen Boden und wirkten so auf ihre
Weise mit an dem nationalen Aufbau und der natio-
nal-kulturellen Entwicklung ihres Landes.
Der erste Name, der hier genannt werden muß, und
zwar nicht der Zeit, sondern auch dem Range nach,
ist Johan Christian Claussön Dahl (1788—1857).
Trotzdem er als reifer Künstler immer nur zu Stu-
dienzwecken nach Norwegen kam, hat es niemand so
wie er verstanden, die norwegische Landschaft in
ihrer monumentalen Größe, so allumfassend und
reich darzustellen. Durch sein Schaffen, durch sein
eifriges Streben, der Kunst neue und freiere Bahnen
zu eröffnen, durch sein unermüdliches Arbeiten auch
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Städel-institut, Frankfurt a. M.
Malerei in Norwegen. Von U. von Zernichow, Oslo
Bis zum Jahre 1814 stand die norwegische Malerei
mehr oder weniger durch das Abhängigkeitsverhält-
nis zu Dänemark unter dänischem Einfluß. Aller-
dings gab es auch damals schon eine interessante nor-
wegische Kunst, namentlich auf dem Gebiete der Kir-
chen- und Bauernkunst. In den Städten dagegen machte
sich der dänische und deutsche Einschlag bemerkbar.
Sobald sich diese Verbindung mit Dänemark 1814
löste, entwickelte sich im norwegischen Volke das
Selbstbewußtsein mit starker Kraft und machte sich
auf allen Gebieten, auch auf dem der Kunst, geltend.
Schon ein paar Jahrzehnte nach der politischen Be-
freiung tat sich eine kleine Schar junger Maler her-
vor, die den Anfang einer Malerkunst im neuen Nor-
wegen bildete, und wie die Malerei damals die erste
von allen Künsten war. die sich entwickelte, so ist sie
bis auf den heutigen Tag die führende Kunstart ge-
blieben.
Das erwachte nationale Bewußtsein drückt auch der
Malerei im Anfang des 19. Jahrhunderts ihr Gepräge
auf. Zwar mußten die Künstler sich ihre Ausbildung
auf den großen Kunstschulen des Auslandes holen.
denn im Lande selbst waren alle Kräfte für den wirt-
schaftlichen Aufbau angespannt, und es fehlte an
Geld, um Schulen zu errichten. Aber durch das natio-
nale Hochgefühl, das das ganze Volk ergriffen hatte,
erwachte auch in der Malerei die Liebe zum Heimat-
lande. Es war, als ob nun auf einmal die berauschen-
den Schönheiten der norwegischen Landschaft ent-
deckt wurden, und so holten sich die Maler ihre Mo-
tive — selbst wenn sie im Auslande wohnten — von
dem heimatlichen Boden und wirkten so auf ihre
Weise mit an dem nationalen Aufbau und der natio-
nal-kulturellen Entwicklung ihres Landes.
Der erste Name, der hier genannt werden muß, und
zwar nicht der Zeit, sondern auch dem Range nach,
ist Johan Christian Claussön Dahl (1788—1857).
Trotzdem er als reifer Künstler immer nur zu Stu-
dienzwecken nach Norwegen kam, hat es niemand so
wie er verstanden, die norwegische Landschaft in
ihrer monumentalen Größe, so allumfassend und
reich darzustellen. Durch sein Schaffen, durch sein
eifriges Streben, der Kunst neue und freiere Bahnen
zu eröffnen, durch sein unermüdliches Arbeiten auch
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