Dora Brandenburg-Polster. Am Hardanger Joküll
Paul Cezanne zum hundertsten Geburtstag am 19. Januar 1939. Von Dr. Curt Hohoff
In Cezanne sehen wir den letzten der ganz großen
Impressionisten. Mit ihm kam der glänzendste Ab-
schnitt der europäischen neueren Malerei zum Gipfel
und Ende, in ihm fand sich Kraft und Eigenwille
genug, aus einer überquellenden Fülle der Uberliefe-
rungen noch einmal ein selbständiges und stilbilden-
des Werk zu schaffen. Seine Bilder entstanden abseits
vom Pariser Getriebe der zweiten Hälfte des neun-
zehnten Jahrhunderts. Aus der Provinz soll er all-
jährlich ein Bild zur Ausstellung gesandt haben, aber
mit einer Ausnahme erhielt er es jedesmal zurück.
Lange waren Zola, der in Aix sein Mitschüler ge-
wesen war. ein Graf und ein Kunsthändler die ein-
zigen und erfolglosen Verbreiter seines Namens. Erst
1895. zehn Jahre vor seinem Tod, begann der Ruhm,
und alle Kapitalisten kauften seine Bilder; der Welt-
ruhm folgte bald und dauert noch an als Schlachtruf
bestimmter Richtungen. Cezanne hielt viel von
Manet, mied aber alle Gesellschaft. Nur in der Pro-
vinz fühlte der menschenscheue Mann mit den Ge-
wohnheiten und Ansichten eines Spießbürgers, der
überzeugte Katholik und Reaktionär sich wohl. Der
Vater, ein reicher Bankier, wollte Cezanne erst in
seinen Beruf zwängen, gab aber bald nach und unter-
hielt den Sohn ohne Murren solange er lebte und
vermachte ihm am Ende seinen Reichtum.
Eines der ersten Bilder ist ,,Die Entführung11, auf
dem sich ein dunkler Körper mit einem hellen nack-
ten Frauenleib vor einer romantisch-unklaren Land-
schaft schräg schneidet. Daumier und Delacroix sind
die geistigen Paten dieser Erscheinung. Im ganzen
bildete Cezanne sich selber; einmal begab er sich in
die Nähe seines Freundes Pissarro, um die neue im-
pressionistische Technik zu lernen, aber nach einem
Jahr malte Pissarro wie Cezanne, statt umgekehrt.
Cezanne aber übernahm eigentlich nichts, dennoch
steckt in ihm mehr Uberlieferung als in dem gegen
ihn scheinbar klassischen Manet: er trug die Uber-
151
Paul Cezanne zum hundertsten Geburtstag am 19. Januar 1939. Von Dr. Curt Hohoff
In Cezanne sehen wir den letzten der ganz großen
Impressionisten. Mit ihm kam der glänzendste Ab-
schnitt der europäischen neueren Malerei zum Gipfel
und Ende, in ihm fand sich Kraft und Eigenwille
genug, aus einer überquellenden Fülle der Uberliefe-
rungen noch einmal ein selbständiges und stilbilden-
des Werk zu schaffen. Seine Bilder entstanden abseits
vom Pariser Getriebe der zweiten Hälfte des neun-
zehnten Jahrhunderts. Aus der Provinz soll er all-
jährlich ein Bild zur Ausstellung gesandt haben, aber
mit einer Ausnahme erhielt er es jedesmal zurück.
Lange waren Zola, der in Aix sein Mitschüler ge-
wesen war. ein Graf und ein Kunsthändler die ein-
zigen und erfolglosen Verbreiter seines Namens. Erst
1895. zehn Jahre vor seinem Tod, begann der Ruhm,
und alle Kapitalisten kauften seine Bilder; der Welt-
ruhm folgte bald und dauert noch an als Schlachtruf
bestimmter Richtungen. Cezanne hielt viel von
Manet, mied aber alle Gesellschaft. Nur in der Pro-
vinz fühlte der menschenscheue Mann mit den Ge-
wohnheiten und Ansichten eines Spießbürgers, der
überzeugte Katholik und Reaktionär sich wohl. Der
Vater, ein reicher Bankier, wollte Cezanne erst in
seinen Beruf zwängen, gab aber bald nach und unter-
hielt den Sohn ohne Murren solange er lebte und
vermachte ihm am Ende seinen Reichtum.
Eines der ersten Bilder ist ,,Die Entführung11, auf
dem sich ein dunkler Körper mit einem hellen nack-
ten Frauenleib vor einer romantisch-unklaren Land-
schaft schräg schneidet. Daumier und Delacroix sind
die geistigen Paten dieser Erscheinung. Im ganzen
bildete Cezanne sich selber; einmal begab er sich in
die Nähe seines Freundes Pissarro, um die neue im-
pressionistische Technik zu lernen, aber nach einem
Jahr malte Pissarro wie Cezanne, statt umgekehrt.
Cezanne aber übernahm eigentlich nichts, dennoch
steckt in ihm mehr Uberlieferung als in dem gegen
ihn scheinbar klassischen Manet: er trug die Uber-
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