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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 54.1938-1939

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Hartmann, Heinrich: Zur Gestaltung des Hausrats
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Künstler-Anekdoten
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https://doi.org/10.11588/diglit.16487#0071

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KyMrv

Der noch unbekannte Marees hatte in Rom seine Viele der funkelnden Paradoxe über Kunst, die man
Wohnung unten am Fluß und sein Atelier oben am in Wildes „Intentions", in seinem ..Verfall der
Pincio. Wenn er morgens ins Atelier ging, begegnete Lüge" und seinem ,,Dorian Gray" lesen kann, stam-
ihm stets der schon berühmte Bildhauer C, der um- men nicht von Wilde selber, sondern von Whistler.
gekehrt oben wohnte und in der Nähe des Flusses Dieser, der ebenfalls sehr eitel war, ärgerte sich dar-
sein Atelier hatte. Eines Tages lernten die beiden über, schwieg aber. Einst saßen beide bei einem
sich in einer Gesellschaft kennen. C. sagte leutselig: Diner einander gegenüber und Whistler ließ wieder
„Ich kenne Sie schon, wir treffen uns immer, wenn einmal ein Brillantfeuerwerk von Paradoxen steigen,
wir ins Atelier gehen." ,,Ja", antwortete Marees, Wilde war begeistert und registrierte das Neue schnell
„ich komme herauf und Sie kommen herunter." in seinem Gehirn. Bei einem besonders schlagenden

Ausspruch rief er aus: „Schmetterling, der Witz ist
gut, der ist sehr gut, den möchte ich selbst gemacht

. r • tv t • Ar i ■ v haben." Whistler entgegnete ruhig: .,Keine Angst.

Auf einem Dmer fragte eine lunsre Alalerm. die ■ . , . . ? . V -

T7IT1 . .-, .., „ " , , , Oskar, ich bin sicher, du wirst ihn machen."
Whistler gegenübersaß, ihren lischnachbarn so

laut, daß Whistler es hören mußte: Wer sind nach _

Ihrer Meinung die größten Bildnismaler der Welt?

Der Angeredete antwortete zögernd und etwas be- Ein Brief Whistlers
fangen: „Velasquez . . . und Whistler."

Da mischte sich Whistler, die rechte Augenbraue An den ersten Sekretär der Internationalen Kunst-

hochziehend, ins Gespräch: „Wissen Sie. was Velas- ausstellung München.

quez anbetrifft ... ich weiß nicht recht." Geehrter Herr! Ich bestätige hiermit den Empfang

Ihres Geehrten, das mich offiziell davon in Kenntnis
setzt, daß das Komitee mir die zweite goldene Me-

Ein Kapitalist wollte dem Maler, der ihn porträtiert ^aille zuerkennt

hatte, das Bild nicht abnehmen, weil es nicht ähnlich Bitte übermitteln Sie den Herren des Komitees. den
sei. Er sagte, das sei er nicht. Der Maler erklärte Ausdruck meiner gemäßigten und wohlanständigen
., i. p j. 11 i i -n-n -i4 Freude und meine volle Würdigung der mir ver-
sieh bereit, auf die Abnahme des Bildes zu verzichten, iieuue . ° °

wenn der Auftraggeber es ihm schriftlich gäbe, daß ^hene* zweitklassigen Ehrung

er nicht der Dargestellte sei. Dieser stellte die Be- Womit ich die Ehre habe, geehrter Herr, mich Ihnen

, ■ • j 1 i i • -D-u zu empfehlen, als Ihr ergebener,

scheimgung aus, und der Maler nahm sein Bild zu- r > ^ samer Diener

rück. In der nächsten Ausstellung hing das Bild mit ö

dem Titel: ..Bildnis eines alten Wucherers." L Mc- Nei11 Whistler.

Einem Pariser Bankier war seine Frau gestorben, Eine Spanierin hat sich von Picasso malen lassen und

eine Frau mit berühmt schönen Händen. Er hat den reist mit dem Bild nach Hause. An der Grenze hat

Bildhauer Fremiet, die Hände abzugießen und in sie Schwierigkeiten. Die Zollbeamten wollen nicht

Marmor auszuführen. Als Fremiet die Arbeit ablie- glauben, daß es sich um ein Bildnis handle. Sie rufen

ferte, dankte der Bankier ihm überschwenglich. „Sie endlich als Sachverständigen einen Maler herbei,

haben unendlich viel für mich getan, verehrter Mei- Dieser meint, es handle sich nicht um das Bildnis

ster", sagte er. „Bei dieser Gelegenheit — was bin eines Menschen, sondern um die Darstellung einer

ich ihnen schuldig?" Maschine. Darauf wird ein Ingenieur herbeigeholt,

hunderttausend Franken." Der betrachtet sich das Bild, entscheidet sich und

.Hunderttausend Franken? Das ist viel Geld!" spricht: „Ob das ein Bildnis ist, weiß ich nicht, eine

.Aber Herr Baron, was tut man nicht im ersten Maschine kann es sein, todsicher aber ist dann, daß

Schmerz!" sie nicht geht."

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