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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 54.1938-1939

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Kammerer, Ernst: Der Maler und die Natur: über Otto Geigenberger
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https://doi.org/10.11588/diglit.16487#0043

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Otto Geigenberger. Vom Gardasee

Der Maler und die Natur, über Otto Geigenberger

Die natürlichen Gegensätze liegen in Geigenbergers
Bildern offen da. Das Helle hebt sich vom Dunklen
ab, das Weiche vom Harten, das Tiefe vom Flachen,
die Luft vom Boden, die Häuser von den Pflanzen,
die Schiffe vom Wasser. Es ist eine beständige Form
da und eine weichende, eine Form, die angibt, und
eine, die nachgibt. Die kleinen Einzelheiten, die sich
mildernd einstellen wollen, die als abbauende, zer-
streuende und einebnende Details die dramatische
Aussprache zwischen den natürlichen Gegensätzen
sänftigen wollen, sind selber abgebaut, eingeebnet
und gesänftigt. Die Gegensätze sind sozusagen ge-
reinigt und geklärt. Sie werden von einem umsichti-
gen und auf das Große bedachten Blick in aller Un-
schuld ihres Bestehens angeschaut. Aber, obwohl
dies so ist, sind die Bilder Geigenbergers nicht durch
die Gegensätze, durch den dramatischen Disput, durch
die Auseinandersetzung zu charakterisieren. Das
Wort von der Auseinandersetzung zwischen der füh-
renden Form und der geführten Form, zwischen dem
Bedingenden und dem Bedingten, zwischen dem

Festen und dem Flüchtigen möchte sich nahelegen.
Aber es ist nicht mächtig genug, den Zustand ruhen-
den Beharrens, das zu einem tiefen Frieden ge-
diehene Dasein der Bilder Geigenbergers auszusagen.
Und doch wird man sich zunächst von dem Wort der
Auseinandersetzung leiten lassen. Denn die Bilder
Geigenbergers sind so tief in eine einfache und ruhig
atmende Malerei versunken, daß es nicht leicht ist,
sich ihnen zu nähern. Stilnamen verfangen nicht an
ihnen, Stilnamen fallen zurück. Wenn man in den
Ausstellungen seinen Bildern begegnet, dann erfährt
man. daß die paraten, kurzen, bündigen Wörter, mit
denen in Ausstellungen Bilder bezeichnet und notiert
werden, von seinen Bildern abprallen. Zugleich aber
kann man sich der ruhig und sicher strömenden
Wirkung nicht entziehen, die sich von seinen Bil-
dern aus verbreitet. Und so mag man es denn wagen,
sich seinen Bildern mit einem Wort zu nähern, von
dem man spürt, daß es ihnen nicht genügt, das aber
doch einiges aufschließt und eröffnet, eben mit dem
Wort von der Auseinandersetzung. Es ist im übrigen

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