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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 54.1938-1939

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Fischoeder, Karl: Hannoversche Malerei der Gegenwart
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https://doi.org/10.11588/diglit.16487#0293

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Wilhelm Horchler. Winter

Hannoversche Malerei der Gegenwart. Von Karl Fischoeder

Wohl weiß der Kunstverständige, meist sogar der hier gehaust und auch ihr Publikum gefunden.

Laie, welches „Gesicht" die Münchner, die Düssel- Künstler wie Ramberg, Tischbein, Ziesenis, Ahlborn,

dorf er, die Dresdener Malerei der Gegenwart (oder Kaulbach und Wilhelm Busch haben in der allgemein

Vergangenheit) hat, wras aber ist von Hannover be- nen Kunstgeschichte ihren hervorragenden Platz,

kannt? Hannover wird eben wie die andern Städte Und auch heute ist Hannover weder „Provinz" noch

gleicher Größe im Reich, etwa Nürnberg, Leipzig, Köln, zufällige Heimat einiger für sich lebender Maler,

einige Dutzend Maler haben, von denen sich hoch- sondern eine Stadt mit ganz bestimmter Prägung und

stens der eine oder andere über eine gewisse örtliche ganz bestimmter Malerei.

Bedeutung heraushebt. Es ward die übliche Jahres- Da ist es natürlich zuerst die Landschaft, die das
ausstellung geben, und die Presse wird ihre Leute „Gesicht"' der hannoverschen Malerei bestimmt. Die
loben, und damit ist es dann zu Ende. weiten Ebenen, die Berge des Harzes, die Hügelwel-
Wie ist es aber in Wirklichkeit? Im Jahre 1952 ver- len der Heide sind Niedersachsen so gut wie das Tal
anstaltete der Kunstverein Hannover im Künstler- der Weser oder die Küste der Nordsee. Das alles lebt
haus, das um die Mitte des vorigen Jahrhunderts ge- im Blut des niedersächsischen Menschen: der Nebel
baut wurde, seine Jubiläumsausstellung, da es am der Herbsttage, die Melancholie eines Sonnenunter-
S.Mai 1932 100 Jahre her war, daß dieser Verein gangs über rostbrauner Fläche, die schwarze Düster-
gegründet wurde. Es wurden eine ganze Reihe höchst nis der Moore gibt der Malerei etwas Schweres,
bedeutender Werke aus den Jahren 1750 bis 1952 ge- Dunkles, Großflächiges. Es geht nicht so sehr um den
zeigt, ein Bewreis dafür, daß Hannover eine alte, klaren Umriß, sondern mehr um Farbenklang und
tüchtige Kunststätte ist. Obwohl die Stadt einer Stimmung. Die enge Verwurzelung des Niedersach-
öffentlichen und privaten Kunstschule entbehrt, der sen mit seinem Boden läßt viele Bauernbilder entste-
Hof sich lange Jahre in London befand und 1866 hen, die aber immer den bäurischen Menschen, sei-
ganz verschwand, haben immer bedeutende Maler ten seine Umwelt zum Gegenstand haben. Der

Kunst für Alle, Jahrg. 54, Heft 9, Juni 1939 36 277
 
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