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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 54.1938-1939

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Reidemeister, Leopold: Die Ausstellung Altjapanischer Kunst in Berlin
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https://doi.org/10.11588/diglit.16487#0244

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Kaihoku Yöshö (1533—1615). Päonien. Setzschirm. Farben auf Goldgrund

Die Ausstellung Altjapanischer Kunst in Berlin. Von l.Reidemeister

Die Ausstellung Altjapanischer Kunst, die im März
als Veranstaltung der Gesellschaft für Ostasiatische
Kunst in den Berliner Museen gezeigt wird, ist in
ihrer Bedeutung nicht hoch genug einzuschätzen.
Nur die wenigsten werden sich an die Ausstellungen
von 1900 in Paris und 1910 in London erinnern, in
denen erstmalig gute japanische Kunst in Europa ge-
zeigt wurde, und für die Zukunft wird eine solche
Veranstaltung nicht wieder zu erwarten sein, verfügt
doch Japan über einen außerordentlich strengen
Denkmalsschutz, der für bestimmte registrierte Kunst-
werke auch die zeitlich begrenzte Ausfuhr ins Aus-
land streng untersagt. Nur ein einmaliges Sonder-
gesetz hat die Ausfuhr der wertvollsten Kunstwerke
für diese Ausstellung ermöglicht.
Mancher Besucher der Ausstellung wird vielleicht
überrascht sein, vieles nicht zu finden, was für ihn
untrennbar mit japanischer Kunst verknüpft ist. Er
wird vergeblich nach Farbenliolzschnitten, Schwert-
zieraten, Lackarbeiten und Keramik Umschau halten.
Gerade dies aber ist ein Vorzug, denn zu lange schon
ist Japan bei uns mit diesen Dingen der angewandten
Kunst identifiziert worden. Was wirklich not tat, war,
zu zeigen, daß Japan auch eine sehr viel ältere und
höhere Kunst besitzt. Dies hat die Auswahl der Kunst-
werke, die fast ausschließlich Plastik und Malerei
umschließt, bestimmt. Und wir begrüßen es auch,
daß die Auswahl der Werke ganz in japanischen

Händen lag. So haben wir ein wirklich legitimes Bild
der japanischen Kunst.

Das früheste und gleichzeitig wohl auch eins der
schönsten Werke der Ausstellung wird die ehrfürch-
tige Bewunderung gerade derjenigen erregen, die
bisher nur die spätere japanische Kunst kannten. Es
ist eine vergoldete Bronzestatue der Gottheit des Er-
barmens Kwannon, die als ein Werk des beginnen-
den 7. Jahrhunderts den archaischen Stil buddhisti-
scher Plastik vertritt (Abb. S. 252) . In streng fron-
taler Stellung, fast noch körperlos, ist sie ornamental
von Falten umrahmt. — An mehr als wanzig bedeu-
tenden Bildwerken, sorgfältig nach kunsthistorischen
Gesichtspunkten gewählt und vielfach aus Tempel-
besitz entliehen, kann man dann den stilistischen Ab-
lauf der Entwicklung der Plastik in den darauffol-
genden Jahrhunderten verfolgen, von der ersten
Hochblüte des 8. Jahrhunderts zur japanischen Klas-
sik des 11. und 12. Jahrhunderts, bis zur barocken
Spätblüte des 15. Jahrhunderts (Abb. S. 233), in der
auch das Porträt seinen Höhepmakt erreicht hat. Sieht
man einmal von den Schwierigkeiten des rein Ikono-
graphischen ab, so wird man durch die Ähnlichkeit
dieses stilistischen Ablaufs mit der antiken oder
abendländischen mittelalterlichen Plastik einen leich-
teren Zugang zu diesen Kunstwerken finden.
Schwerer mag dies sein bei den Werken der buddhisti-
schenMalerei (Abb. S. 251). Vor allem dieBilderder

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