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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 54.1938-1939

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Dussler, Luitpold: Italienische Kunstausstellung 1939
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https://doi.org/10.11588/diglit.16487#0410

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von seinen 'Werken aufs lebhafteste gepackt wird. Ob
es um eine Hirtenanbetung gebt, ein Thema, das
dieser Künstler in den mannigfachsten Fassungen
behandelt hat. ob um ein genrehaftes Motiv wie einen
Bauern oder um ein Porträt, auf welchem Gebiet
seine hohe Begabung so offensichtlich wird, stets ist
der Landschaft und dem Licht als Stimmungsmoment
eine so faszinierende Wirkung gesichert, daß sich
weit mehr Erinnerungen an Maler des Nordens als
an Italien einstellen: Vergleiche mit P. Brueghel,
Mabuse, Elsheimer werden wachgerufen. In seiner
Zeit nicht gebührend geschätzt und offenbar für
einen kleinen Kreis von Liebhabern schaffend, ist das
zutreffende Maß seiner Leistung erst neuerdings er-
kannt worden, mit dem fortschreitenden Verständnis
des großen Caravaggio, der sich formal wie technisch,
thematisch wie koloristisch mit Savoldo berührt. Auf
den dritten großen Brescianer, G. Bomanino, einen
nicht minder fruchtbaren Kirchemnaler wie Moretto,
in seiner Bedeutung hier einzugehen, ist uns leider
versagt, es sei nur darauf verwiesen, daß auch er wie
nirgend sonstwo in dieser Ausstellung kennenzuler-
nen ist und neben der großen Zahl seiner monumen-
talen Andachtsbilder auch durch seine so starken
Männerporträts mit ihrer hohen stofflichen Wirkung
aufs reichhaltigste repräsentiert ist.
Mit der Vielfältigkeit der Brescianer Malerschule
kann die friulanische Provinz, die uns durch die Aus-
stellung in Udine vergegenwärtigt wird, nicht wett-
eifern, insbesondere wenn man die älteren Meister
wie Giovanni Martini, G. Fr. da Tolmezzo oder Pel-
legrino da S. Daniele neben den Altmeister Foppa in
Brescia stellt. Diese biederen schlichten, oftmals sehr
lichte Farbgebung liebenden Meister stehen alle im

Banne des venezianischen Vorbilds, aber ein gesun-
der, nicht selten an das Bobuste streifender Zug be-
seelt sie alle, und was die alten Generationen zusammen
nur mit beschränkten Mitteln zu sagen vermochten,
das blieb zuletzt dem Kraftgenie Pordenone vorbe-
halten im Fortissimo ertönen zu lassen. Sein gewal-
tiges Können, seine kühne Bildphantasie, seine ur-
frische Formgesinnung und seine bravouröse Vor-
tragsweise werden auf dieser Mostra völlig erschlos-
sen, obgleich zur ganzen WTürdigung dieses provin-
ziellen Bivalen Tizians notwendig die Kenntnis sei-
ner W7andbilder gehört. Der Gebirgswelt im Grund
nicht näher und ferner als die Brescianer, verleug-
net doch Pordenone an keiner Stelle, wie mächtia:
sein Naturell von der alpinen Landschaft befruchtet
wurde. Es ist ein starkes Geschlecht nach Wruchs und
Ausdruck, das uns in den Gestalten seiner Heiligen-
bilder begegnet. Wie er vollends in einer Beihe von
Werken den alten Bildgedanken der Santa Conver-
sazione mit Erfolg weiterentwickelt, diese Fähigkeit
würde allein genügen, ihn den Besten seiner Zeit zu-
zuzählen, allein seine Anlage beruhte zugleich auf
einem stark erzählerisch-dramatischen Zuge und
einer elementar sich äußernden Bewegungsgabe. Die
Orgelflügel mit der Assunta und dem Sturz des Pau-
lus (aus Spilimbergo) bezeugen, mit welcher Gestal-
tungsgabe er diese Bahn eingeschlagen hat und da-
mit die Stilform des Manierismus für das Veneto hei-
misch machte; versucht haben es manche seiner friu-
lanischen Landsleute, dieser neuen Bichtung des
Schulhauptes zu folgen, aber keinem war es mehr
geglückt, in solchem Bemühen einen überzeugenden
Ausdruck gleich Pordenone zu finden.

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