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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 54.1938-1939

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Eckert, Karla: Landschaften zwischen Nord- und Ostsee: Bilder von Fritz Witschetzky
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https://doi.org/10.11588/diglit.16487#0250

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Fritz Witschetzky. An der Flensburger Förde (Zeichnung)

Landschaften zwischen Nord- und Ostsee

Bilder von Fritz Witschetzky. Von Karla Eckert

Die Landschaft Schleswig-Holsteins, des Landes zwi-
schen Nord- und Ostsee, mag dem Fremden karg und
allzu herbe vorkommen, dem, der sie kennt und lieht,
offenbart sie all ihre Schönheiten, eine unendliche
Vielfalt des Ausdrucks und den ganzen Reichtum
ihrer Formen.

Diese Landschaft bildet den Inhalt und Gegenstand
der Bilder von Fritz YVrtschetzky, der als Lehrer für
Kriegsgeschichte an der Marineschule von Mürwik
in der Nähe von Flensburg seinen ständigen Wohn-
sitz hat. Wir finden in seinen Landschaftsbildern die
lieblich idyllischen Buchten und Landzungen der
Flensburger Förde, das weite hügelige Land dahin-
ter mit seinen Wäldern, seinen malerischen Knicks
und weiten Feldern und dem hohen Himmel dar-
über, das weiße Glücksburger Schloß inmitten des
Sees, die alte Stadt Flensburg gestaltet, wir sehen
aber auch die herbere Nordseeküste mit ihren grünen
Deichen und dem breitflutenden Meer davor darge-
stellt. Man merkt vor diesen Bildern sofort, daß die
Landschaft nicht von jemandem gestaltet wurde, der
sie nur vom flüchtigen Ansehen, aus der Perspek-
tive des Sommerfrischlers kennt, sondern von einem,
der Sommer und Winter mit und in ihr lebt. Der
Darstellung ist die gleiche Vielfalt und Weite des
Ausdrucks eigen wie dem Lande selbst.
Dabei ist die Bildform im Grunde sehr einfach und
kehrt auf fast allen Bildern ähnlich wieder; im Vor-

dergrund ziehen gewöhnlich einige sorgfältig ausge-
führte Einzelheiten den Blick auf sich: eine kleine
Gruppe Menschen, ein Schiff, ein Baum mit bizarrein
Geäst, einige Häuser oder eine Brücke. Dahinter tut
sich die weite Ferne bis zum Horizont auf, und über
dem Ganzen wölbt sich ein hoher Himmel, weitaus
den größten Teil des Bildes ausmachend. Ja, fast
scheint es, als ob der Himmel das Wichtigste in die-
sen Bildern sei. Wolkenbildungen und atmosphä-
rische Erscheinungen sind mit so großem Interesse
beobachtet, wie man es sonst kaum bei einem Maler
findet, und nicht auf zwei Bildern sind sich Himmel
und Wolken gleich. Nur ein Seebefahrener kann einen
solchen Himmel malen. Nie aber erschöpft sich die
Darstellung in Problemen des Lichts und der Atmo-
sphäre, und nichts haben diese Bilder mit impressio-
nistischer Formgebung gemein. Ihr Charakter ist im
Gegenteil durch feste Formen und klare Linien be-
stimmt. Farbe und Licht dienen im wesentlichen als
Ausdrucksfaktor. Gerade die dunkelglühende Farbig-
keit und das Licht, das nicht so sehr von außen her
als von den Gegenständen selber auszustrahlen scheint,
verleiht den Dingen, die Witschetzky malt, ein so
verzaubertes Aussehen und ein seltsam geheimnis-
volles Leben.

Man würde diesen Bildern nie vom Malerischen her
gerecht werden, sondern sie wollen vom Inhalt bei-
gesellen werden. Es sind Bilder, die etwas erzählen

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