Solomon van Ruysdael. Heimkehrende Fischer
der rotbraunen, nackten Männer glaubt man vom
braunen Fels der Ufer widerhallen zu hören. Mit
ausgestreckten Riemen sind die geschnäbelten Schiffe
bereit, den Hafen zu fliehen. Der Maler aber bleibt
aller Aufregung gegenüber kühl. Seine Technik ist
zwar raffiniert, und seine Farben sind beinahe emp-
findsam, aber der Sinn für das Abenteuerliche der
Lage ist ungebrochen, er malt aus Lust an der Schil-
derei. Er erreicht freilich nie die Unbefangenheit mit-
telalterlicher Buchillustratoren in Kalendern oder Hi-
storien, denen das Meer, ganz unproblematisch ein-
fach, Element der Schiffe ist, auf denen die Krieger
aus der Heimat an die fremden Ufer gelangen.
Auch Brueghel kommt es in erster Linie noch auf die
Situation an, wie ein Riesenungetüm von Fisch das
Schiff verfolgt und die Bedrängten in der Not nichts
Besseres zu tun wissen, als dem Untier ein Faß Wasser
vorzuwerfen. Brueghel hat einen moralischen Hinter-
sinn: indem der Fisch sich mit dem Faß begnügt,
kommen die Schiffer in Gefahr, verdursten zu müssens
so daß ihre menschliche Schlauheit ihnen nur für
kurze Zeit nützt. Ist damit das Bild auch anekdotisch
gemeint, so zersprengt die Naturnähe der Anschau-
lichkeit den naiven Sinn und macht das Ganze zum
Bild einer meerischen Landschaft von bestürzender
Wirklichkeitsnähe. So ist das Meer im November,
wenn die großen Stürme kommen. Da brüllt die See,
und schlagend werfen sich die Wasser hoch, der
Schwärm der Möwen treibt erschreckt dahin, und
schnaubend jagt der riesenhafte Fisch. Licht spielt
mit Finsternis; ein ungeheures Dreieck, geformt von
toller Laune, zieht sich vom linken Schiff über die
tobende Fläche. Es ist ein unheimliches Spiel von
Wind und Wasser, Wolke und Getier. Die Atmo-
sphäre scheint ertrunken. In den Masten heult der
Sturm, und alle Geister und Klabautermänner, auf die
der Schiffer seine Hoffnung baute, haben die Un-
glücklichen verlassen.
Auch bei Altdorfer ist es noch reine Poesie, wenn er
innerhalb einer großen Komposition eine Seeszene
malt. Mit großartigem Zuge folgt sein Pinsel einem
wütenden Geschehen; die Segel blähen sich weiter,
als ihre Natur erlaubt, sie sind Säcke voll Wind. Das
Bild ist ein Schaustück, Bilderbogen mehr als Stim-
mungsträger, und darum so wunderbar kräftig und
unmittelbar.
Ganz tief geht an den friesischen Küsten der Himmel
herab. Er beginnt unmittelbar über dem Deich, der
Land und Wasser trennt und hinter dem die kleinen
Fischerhäuser liegen mit ihren feuerroten Dächern.
Hier und da entläßt ein graues Siel Kanäle in das
Wattenmeer. In den Buchten liegen die kleinen Fahr-
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der rotbraunen, nackten Männer glaubt man vom
braunen Fels der Ufer widerhallen zu hören. Mit
ausgestreckten Riemen sind die geschnäbelten Schiffe
bereit, den Hafen zu fliehen. Der Maler aber bleibt
aller Aufregung gegenüber kühl. Seine Technik ist
zwar raffiniert, und seine Farben sind beinahe emp-
findsam, aber der Sinn für das Abenteuerliche der
Lage ist ungebrochen, er malt aus Lust an der Schil-
derei. Er erreicht freilich nie die Unbefangenheit mit-
telalterlicher Buchillustratoren in Kalendern oder Hi-
storien, denen das Meer, ganz unproblematisch ein-
fach, Element der Schiffe ist, auf denen die Krieger
aus der Heimat an die fremden Ufer gelangen.
Auch Brueghel kommt es in erster Linie noch auf die
Situation an, wie ein Riesenungetüm von Fisch das
Schiff verfolgt und die Bedrängten in der Not nichts
Besseres zu tun wissen, als dem Untier ein Faß Wasser
vorzuwerfen. Brueghel hat einen moralischen Hinter-
sinn: indem der Fisch sich mit dem Faß begnügt,
kommen die Schiffer in Gefahr, verdursten zu müssens
so daß ihre menschliche Schlauheit ihnen nur für
kurze Zeit nützt. Ist damit das Bild auch anekdotisch
gemeint, so zersprengt die Naturnähe der Anschau-
lichkeit den naiven Sinn und macht das Ganze zum
Bild einer meerischen Landschaft von bestürzender
Wirklichkeitsnähe. So ist das Meer im November,
wenn die großen Stürme kommen. Da brüllt die See,
und schlagend werfen sich die Wasser hoch, der
Schwärm der Möwen treibt erschreckt dahin, und
schnaubend jagt der riesenhafte Fisch. Licht spielt
mit Finsternis; ein ungeheures Dreieck, geformt von
toller Laune, zieht sich vom linken Schiff über die
tobende Fläche. Es ist ein unheimliches Spiel von
Wind und Wasser, Wolke und Getier. Die Atmo-
sphäre scheint ertrunken. In den Masten heult der
Sturm, und alle Geister und Klabautermänner, auf die
der Schiffer seine Hoffnung baute, haben die Un-
glücklichen verlassen.
Auch bei Altdorfer ist es noch reine Poesie, wenn er
innerhalb einer großen Komposition eine Seeszene
malt. Mit großartigem Zuge folgt sein Pinsel einem
wütenden Geschehen; die Segel blähen sich weiter,
als ihre Natur erlaubt, sie sind Säcke voll Wind. Das
Bild ist ein Schaustück, Bilderbogen mehr als Stim-
mungsträger, und darum so wunderbar kräftig und
unmittelbar.
Ganz tief geht an den friesischen Küsten der Himmel
herab. Er beginnt unmittelbar über dem Deich, der
Land und Wasser trennt und hinter dem die kleinen
Fischerhäuser liegen mit ihren feuerroten Dächern.
Hier und da entläßt ein graues Siel Kanäle in das
Wattenmeer. In den Buchten liegen die kleinen Fahr-
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