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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 6.1895

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5eite H6.

Zllustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Znnen-Dekoration.

März-k)eft.

M unseren -Dllustratinnen.

Unsere Anfangs-Vignette führt uns in humoristischer Meise zu jenem
trinkbaren, von Scheffel und anderen weinfrohen Gemüthern gefeierten
„Ritter Rodensteiner". Als Mandfiillung behandelt, wird der wackere Zecher
ein prächtiges Motiv für Trinkzimmer und ähnliche Räume abgeben. Der
treffliche Entwurf stammt von Professor Mar Länger in Karlsruhe.

Haupt-Eingang zur Girard'schen Lebensversicherungs-
Gesellschaft in Philadelphia (Abbildung Nr. Z8). Erst in neuerer

Abbildung Nr. 52. Zum Artikel „Berliner Gobelins".

Zeit sind mehrere der für Amerika karakteristischen thnrmartigen Geschäfts-
häuser auch in Philadelphia errichtet worden, nachdem New-Hork und in
allererster Linie Chicago hiermit vorangegangen waren; im Allgemeinen
bleiben jedoch die Höhen der Geschästsgebäude in Philadelphia innerhalb
geringerer Grenzen als in Chicago, wo der Freimaurer-Tempel sogar 22 Stock-
werke erhalten hat. Die Abbildung zeigt das reich ornamentirte Hauptportal
des Gebäudes, welches von dem Architekten T. Hutton in Philadelphia
erbaut worden ist. Auch hierin zeigt sich die ne»-amerikanische Richtung,
welche von Richards»» durch den Bau der Trinit;y-Otiuroti zu Boston im
Jahre ;87ö begründet wurde. Diese neuere Schule, „raoclsrn rows-nssgus",
lehnte sich ursprünglich an normännische und provenzalische Motive an.
Sowohl in Formen wie in Verhältnissen sucht sie oft romanischen Vorbildern
dieser Länder zu folgen und gelangt dadurch oft zu reichen, breitsiächigen
Nassen- und Grnamentwirkungen, dagegen auch zu gedrückten Verhältnissen,
die für die moderne Zeit kaum passend erscheinen; nichtsdestoweniger wähnt
man in Amerika in dem „moclsrn rornanssgus" einen eigenartigen ameri-
kanischen Stil geschaffen zu haben. Das Gebäude dieser Lebensversicherung
ist vollständig aus grauem Granit erbaut. Fast in allen Theilen der ameri-
kanischen Union ist ein Ueberfluß schöner und dauerhafter Steine zu finden;
selbst die Brnamente in dieser Fassade sind in Granit hergestellt, ein für
uns in Deutschland ungewöhnlicher Fall, wo die Luftmeißeltechnik noch nicht
in dem Grade ausgebildet erscheint wie in Amerika. Diese Technik, welche
auf der Arbeit von Meißeln beruht, die durch komprimirte Luft getrieben
werden und Hunderte von Schlägen in der Minute ausführen, ist in den
Vereinigten Staaten außerordentlich entwickelt.

Hauxt-Eingang zur öffentlichen Bibliothek in Minnea-
polis (Abbildung Nr. zy). Die Fassade dieses Gebäudes ist in der eben
erwähnten Stilart erbaut und zeigt die oben besprochenen eigenthümlichen
Verhältnisse in Bezug auf den Erker, der die Haupt-Eingangsthür überragt,
und die letztere selbst. Das Gebäude ist von den Architekten Long und Kees
in Minneapolis erbaut und besonders eigenartig und wirkungsvoll orna-
mentirt. Bibliotheken dieser Art sind in Amerika oft gemeinnützige Stiftungen
reich gewordener Mitbürger, welche nach unseren Begriffen theilmeis enorme
Summen dafür ausgesetzt haben. Aehnliche große und prächtig ausge-
stattete Bibliotheken sind früher in New-Hork, neuerdings in Chicago und
Washington erbaut worden.

Eck-Dekoration im Empire-Stil (Abbildung Nr. q,o). In dem
dargestellten Arrangement hat L. Farago, dem unsere Zeitschrift bereits eine
größere Reihe von originellen Entwürfen verdankt, eine erneute Probe seines
tüchtigen Könnens in der Darstellung eleganter Dekorationen hauptsächlich
des Empire-Stiles gegeben. Sämmtliche Möbelformen zeigen eine außer-
ordentliche Delikatesse der Durchbildung. Für die Ausführung sind selbst-
verständlich edle Hölzer mit theilweiser Vergoldung gedacht und mit seidenem,
reich gemustertem Ueberzug; dazu tritt eine ebensolche Draperie, welche
einen Eck-Baldachin in der Mitte enthält und zwei seitliche Aufnahmen,
die durch Lorbeerkränze gehalten werden. Das Motiv des Lorbeerkranzes
erscheint außerordentlich häufig als Muster in seidenen Tapeten, als Möbel-

beschlagtheil usw. in dieser Zeit und darf als ein karakteristisches Zeichen
für die dekorative Kunst dieser Epoche gelten.

Speise-Zimmer aus der Villa des Kunstmalers Professor
Konrad Kiesel in Berlin (Beilage I). Die Abbildung zeigt einen der
Haupträume der nach den Plänen der Berliner Architekten Kaiser und
von Großhcim hergestellten Villa im bevorzugtesten Theile Berlins. Die
Decke, Thüren und panneele stammen aus dem Atelier des verstorbenen
Hof-Kunsttischlermeisters Max Schulz in Berlin, während die prächtigen
Möbel, sowie die im Raume zur Verwendung gelangter: Bilder meistentheils
alt sind. Die Mände sind mit naturfarbener Leinwand bekleidet, auf welche
ein mattgrünes Reuaissance-Grnament aufschablonirt ist. Das ganze Arrange-
ment zeigt Behaglichkeit und Vornehmheit zugleich und bildet einen stim-
mungsvollen Raum im Hause des hervorragenden Künstlers.

Eingangs-Halle zu Psister's Hotel in Milwaukee (Abbildung
Nr. H2). Die Abbildung vergegenwärtigt uns die Lingangs-Halle eines der
neuerdings in Milwaukee erbauten größeren Hotels mit der gesummten
Innen - Einrichtung. Auf der rechten Seite des Bildes erblicken wir die
Bureanräume des Hotels, welche in den Raum frei eingebaut und oben
offen sind. Der Tisch des Schalters ist mit dem neuerdings in Amerika
vielfach zur Anwendung gebrachten Onyx bekleidet, welcher in Kalifornien
und Mexiko hauptsächlich gefunden wird und in seiner Farbengebung vom
weißen Alabasterton bis zum Dunkel < Goldgelb variirt, dazwischen finden
sich auch meergrüne und bläuliche Nüancen, belebt durch rostgelbe Ein-
sprengungen. Ganz eigenartig sind die Glasfüllungen der Schalterwände,
welche selbst aus Holz vom wilden Kirschbaum hergestellt sind, sie zeigen in
ihrer Vrnamentirung originelle Muster, die dem in Amerika jetzt beliebten
„Rorss 8tzos 8ty1s" („Hufeisenstil") ihren Ursprung verdanken. Ganze
Glaswände, wie die Spiegelwände der Bars (Trinkstuben), sind in dieser
Stilrichtung komponirt.

Fenster-Dekoration mit Erkersitz und Erker-Ausbau (Abbil-
düng Nr. und H-P. Beide Kompositionen stellen reizvoll empfundene
Entwürfe für die künstlerische Ausgestaltung von Fenstersitzplätzen dar, welche
sich an englische Motive anlehnen. In feiner Weise ist in dem ersten Ent-
wurf dem Bedürfniß entgegengekommen, für das Fensterbrett selbst eine
etwas größere Breite zu schaffen, um dort Platz für ein Buch oder zur Auf-
stellung irgend eines Gegenstandes zu gewinnen und dabei gleichzeitig die
Aussicht genießen zu können. Ganz besonders würde sich für den zweiten
Entwurf in seiner feinen detaillirten Formengebung die Ausführung in
Mahagoniholz eignen, während die Gardinen in den bekannten reseda-grünen
bezw. ockergelben Seidenstoffen gehalten werden könnten. Die Aufnahme dev
rechtsseitigen Gardine ist ein Typus, der in England vielfach angetroffen wird.

Wand-Friese für ein Musik-Zimmer (Abbildung Nr. H5). Der
Künstler, M. Wiegand, hat in den vier Abbildungen einige Szenen von
entzückender Naivität geschaffen. In dem obersten Friese sehen wir ein
ganzes Vrchester von mufizirenden Putten, die ebenso wie die aus dem zweiten
in äußerst anmuthigen Stellungen vorgeführt werden. In sehr scherzhafter
Weise sind Liebessrühling und Sonnenschein in die zweite Komposition ver-
flochten. Guitarren- und Kastagnettenklang glauben wir auf dem dritten

Friese zu hören, während der vierte Fries ein reizendes Idyll von mufizirenden
und tanzenden Putten mit Schmetterlingsflügeln zur Darstellung bringt,
welche letzteren augenscheinlich nicht dazu bestimmt sind, sie mit ihrer Liebr
schmetterlingsgleich in die Ferne zu entführen.

Beiderwandstoff für Wandbespannung für niederdeutsche
Zimmer-Einrichtung (Abbildung Nr.HS). Der in der Abbildung gegebene
Stoff ist nach einem altfriesischen (Original durch die Kunstweberei von
August Trautvetter in Ludwigsdorf bei Neurode (in Schlesien) hergestellt
worden und fand seiner Zeit in dem von H. Sauermann in Flensburg für
 
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