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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 6.1895

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Die Kunstmöbelausstellung In London
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https://doi.org/10.11588/diglit.6759#0160

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Seite ss8.

Zllustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Znnen-Dekoration.

Zuli-Heft.

Di^sMunstmvbelausstellung in Mondon.

fE^jie alljährlich in der XAriouItursI Hall in London stattfindende Aus-
Ms stellung von Kunstmöbeln war bisher nur Interessentenkreisen, d. h.
Händlern und Fabrikanten, zugänglich gewesen. Aber die mächtigen Fort-
schritte der Möbelfabrikation, welche sich mehr und mehr der Kunst dienstbar
macht, zeitigten dieses Jahr den plan, den Rahmen des Unternehmens zu
erweitern und es zu einem öffentlichen zu machen. Durch die Ausdehnung
desselben auf alle Industriezweige, die irgendwelchen Antheil an der Jnnen-
Dekoration haben, wurde nicht nur eine reichere Betheiligung seitens der
Aussteller erzielt, sondern das Gesammtbild verlor auch jegliche Einförmigkeit
in Gegenwart von Kunsterzeugnissen der verschiedensten Art, welche den
Besuch der Ausstellung zu einem Genüsse machten. Man ließ es aber auch
an den üblichen „Ertra-Anziehungsmitteln" nicht fehlen, um sich die Gunst
des Publikums zu sichern. Den musikalischen Unterhaltungsstoff liefert eine
Damen- und eine Herrenkapelle , welche abwechslungsweise spielten und der
Mettsucht der Engländer wurde durch „Lillurä - luutoliss" genügt, die
allabendlich von renommirten Billardgrößen ausgefochten wurden. — Am
reichsten war na-
türlich die Möbel-
branche in der
Ausstellung ver-
treten, und zwar
ausschließlich
ihre feinsten Er-
zeugnisse. Bil-
ligere Sachen
waren wenig oder
gar nicht vorhan-
den, und da wo
man Preise an-
geschrieben hatte,
geschah es offen-
bar nur, um durch
ihre Höhe zu im-
poniren und auf
den großen Werth
der betreffenden
Stücke aufmerk-
sam zu machen.

Das größte Kon-
tingent stellte
die Möbel mit
eingelegten Ar-
beiten, die eine
ungewöhnliche
Mannigfaltigkeit
aufwiesen und an
einzelnen Stücken
von ebensoviel
Kunstfertigkeit
wie Geschmack
zeugten. Das
Beste in diesem
Genre stellte die

Londoner Firma Santh L Lo. Da war u. a. ein Spiegelschrank L In I-ouis XIII.
Der obere Theil trug einen großen Spiegel in gedrückter Schildform, welchen
vier kleinere, die sich dieser Gestaltung anxassen, umgaben. Der Schrank,
aus massivem Mahagoni, war dunkel polirt und mit stilgerechten Guirlanden
in eingelegter Arbeit, welche nur die Farben weiß, gelb und braun zeigte,
reich verziert. Den unteren Theil der großen Mittelthüre nahm ein ebenfalls
eingelegtes Schäferbild mit Guirlanden umrandet ein. Auch Stühle und
Tische mit Intarsien geschmückt, waren in großer Zahl vorhanden und zwar
stets in ganzen Garnituren, unter denen eine in dunkel Mahagoni, weiß
und gelb reich eingelegt, Stühle mit braunem Sammt bezogen, besaß. Hierzu
gehörte auch wieder ein Spiegelschrank, wie überhaupt dieses Möbel unver-
hältnismäßig zahlreich vertreten war. Man sah es in allen Farben, Größen
und Stilarten. Zu den Schönsten zählte ein solcher aus dunkel gebeiztem
Eichenholz im Stil Louis XVI., den man mit ebenso reichen wie geschmack-
vollen Schnitzereien, Früchte und Vögel vorstellend, verziert hatte. Ferner
ein schwarz xolirter Glasschrank in sehr rein durchgeführtem gothischem Stil,
der vorn und hinten mit Glasscheiben in Spitzbogenform versehen war. Der
Schrank machte einen schönen, stimmungsvollen, wenn auch etwas düsteren
Eindruck. Um so freundlicher sah dagegen eine ganze Zimmereinrichtung
aus massivem Mahagoniholz aus, bestehend aus Tischchen, Stühlen mit
geblümtem Seidenstoffbezug und Glasschrauk im eleganten Rokokostil und
durchaus schneeweiß lackirt. In Fauteuils und Sofa's waren meist die

amerikanischen Fayons vertreten, die sich hier mehr und mehr einbürgern,
obgleich diese neuen Möbel mit enormen Lehnen und verschwindend kleinen
Füßen, weder besonders schön noch sehr praktisch erscheinen. Die Lehnen
dieser Stühle sind stets entweder eingelegt oder reich geschnitzt. Als Bezug
liebt man feine Ledersorten in Roth oder Grün, und auch Malereien auf
Sammt werden bei feinen Stühlen häufig angewandt. Line Firma stellte
lediglich mit Rolldeckeln versehene hell eichene Möbel der verschiedensten
Art aus, worunter sich besonders handlich eingerichtete Schreibtische, welche
sogar eine besondere Abtheilung für die Schreibmaschine enthalten, sowie
gefällig aussehende hölzerne Kohlenbehälter mit Rolldeckel als neu aus-
zeichnen. Noch ist ein Spieltisch aus dunkelem Mahagoniholz, mit grünem
Tuch bezogen, zu erwähnen, dessen Platte sich dadurch vergrößern ließ, daß
man die von jeder seiner Seiten herabhängenden dreieckigen Theile empor-
klappte. An jeder der vier Ecken waren Vertiefungen für die Spielmarken
angebracht. Sehr anziehend waren die Stände einiger Geschäfte von japa-
nischen Artikeln. Sie zeigten namentlich Bambusmöbel der verschiedensten
Art, wie Stühle mit einem neuen Bastgewebe bezogen, Tische, Bücher- und
Notenständer mit gemalten und lackirten Platten. Bei den Tischen enden
die geschweiften Füße unten gewöhnlich in den natürlichen Wurzelknoten.

Schön war auch
ein Schreibtisch
aus Rosenstämm-
chen mit den na-
türlichen aber ab-
gestumpften Dor»
nen. —

Der Lnglän-
der verwendet bei
seinem ausgespro-
chenen Sinn für
ein gemüthliches
„borns" sehr viel
Sorgfalt auf die
Ausschmückung
der Zimmer und
er wendet die
mannigfaltigsten
Mittel an, um
einen angeneh-
men Gesammt-
eindruck zu erzie-
len. Lin solches
liefert ihm auch
farbiges Glas,
das er oft sehv
wirksam anzu-
bringen weiß. Air
den Glasschrän-
ken , besonders
au solchen dev
neuesten Stile,
sieht man sehr oft
grüne Butzen-
scheiben, oder auch
glattes, grünes
Glas in vier-

eckiger Bleifassung. Auch gepreßtes Glas findet vielfache Anwendung in
den verschiedensten Farben. Gemalte Fenster spielen eine sehr große Rolle
in der Jnnen-Dekoration, weßhalb auch verschiedene Firmen der betreffenden
Branche sich an der Ausstellung betheiligten. Besonders reich stellte die
Londoner Firma Mohris L Sohn aus, und ihre Fenster zeichnen sich besonders
dadurch aus, daß sie nicht den Eindruck von Kirchenfenstern machen, weßhalb
sie sich ganz besonders für wohnräume eignen. Line sehr gute Idee ist
namentlich die Anwendung von transparenten Lithografien zur Fensterver-
zierung. Eine weitere sehr ausgedehnte Verwendung findet das farbige Glas
in den Lampen, die sich ebenfalls durch verschiedene Aussteller vertreten zeigten»
Beliebt ist besonders mattes, in verschiedenen Farben spielendes Glas wie
roth und blau, gelb und blau; feiner aber machen sich zwei Schattirungen
ein und derselben Farbe, wie hell und dunkel rosa. Die Form hängt natürlich
wesentlich von der Beleuchtungsart, deren ja jetzt dreierlei in Betracht
kommen, ab und von der Verwendung der Lampe. Für Gas eingerichtete
Schlafzimmer-Hängelampen erhalten gewöhnlich zylindrische Form aus Glas,
das theils gerippt, theils gewellt, theils mit Butzen bestreut, aber niemals
glatt ist. Für elektrisches Licht, das jetzt bei feinen Lampen meist vorgesehen
ist, zieht man die nach unten zugespitzte hängende Glocke vor, die aus
ähnlichem Glas hergestellt wird. Petroleumlampen haben, wo der moderne
seidene Schirm fehlt, fische, dunkelfarbige Glasglocken, von denen lange
Silber- oder Goldfranzen herabhängen. Das meiste Neue bringt man natürlich
 
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