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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 6.1895

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Seite HH8.

Zllustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Znnen-Dekoration.

Dezernber-k)eft.

-Hu unseren -Dllultratwnen.

^V^as Jahr neigt seinem Ende zu und der VI. Band unserer Zeitschrift
findet mit diesem Hefte seinen hoffentlich allseitig befriedigenden Ab-
schluß. Ende gut — Alles gut, möchte mau sagen in der Erinnerung der
früheren fünf Bandabschlüsse, die durch den reichen und aufrichtigen Beifall,
der ihnen jedesmal geworden, eine neue Arbeitslust weckten als nothwendige
Grundlage für den guten Anfang eines neuen Bandes. Und so berühren
sich Anfang und Ende, und da ein gutes Ende nur die Steigerung eines
guten Anfanges sein kann, muß auch wohl das Dazwischenliegende gut

gewesen sein. Das Alles
aber erreichten wir nur
unter dem strahlenden
Zeichen der Kunst im Ge-
werbe, zu dein wir alle
Zeit in Treue stehen wer-
den, um die Vornehmheit
dieser Blätter zu wahren!
So steht auch das Schluß-
heft des VI. Bandes unter
diesem Zeichen, das wir
in zierlicher Vignette von
R. Dräans zu Beginn des
Heftes erblicken-

Des Defteren haben
wir versucht, den Lesern
einheitliche Vorführungen
ganzer Einrichtungen in
Bild und Wort zu liefern,
bei welchen, je nach Um-
ständen, bald der Text oder
das Bild die Führung
übernahm. Nicht immer
ist für das beschreibende
Mort das ergänzende Bild
zu haben — und dasMort
sucht »ach Ausdrücken und
Abbildung Nr. 2S2. Amerikan. Möbel. Wendungen, um das Feh-

lende zu ergänzen. In

dem vorliegenden Hefte bringen wir nun in den sechs Abbildungen Nr. 2-47,
2-48, 256—25A und der zweiten Kunst-Beilage das Innere eines Darmstädter
Privathauses, das sich in seinen wechselvollen Raumlösungen, in seiner
Mannigfaltigkeit aufgewendeter Mittel aus alter und neuer Zeit, nahen und
fernen Ländern eine Einheitlichkeit und Harmonie gewahrt hat, daß man
an einem „alleinseligmachenden" Stil 'zweifeln möchte, den Stil-Fanatiker
nur in einem der entschwundenen Zeitstile zu wittern vermeinten, wir
konnten es uns daher nicht versagen, in Rücksicht darauf, daß hier und da
ähnliche Vorbedingungen für die Schöpfung fantasiereicher Raum-Dekorationen
gegeben sein mögen, anschließend an die Abbildungen ein umfassenderes Wort
aus eigener Anschauung der wirklichen Räume zu geben.

Der Besitzer des beregten Hauses hat längere Zeit im Grient gelebt
und dort größere Sammlungen angelegt. Bei dem Bau seines Hauses
ging er von dem Gesichtspunkte aus, ein Heim zu schaffen, welches
vollkommen den Bedürfnissen seines Haushaltes entsprechen und auch
Gelegenheit bieten sollte, die theilweise sehr werthvollen Sammlungsgegen-
stände möglichst günstig unterzubringen.

Von der Straße aus gelangt man durch eine glasbedeckte und nach
Gst und Nord durch Glaswände geschützte Unterfahrt an die Hausthüre.
Diese ist, wie fast alles Holzwerk im Hause, aus amerikanischem Kiefernholz
gefertigt und nur geölt, so daß überall die Maserungen des Holzes sichtbar
bleiben. Durch die Hausthüre tritt man in ein kleines Treppenhaus von
nur wenigen Stufen, die zu einem Absatz führen, von dem aus man nach
rechts in ein Zimmer gelangt, welches zum Ablegen von Kleidern dient und
mit einem Waschbecken, sowie Warm- und Kaltwasserleitung versehen ist.
Geradeaus schließt eine Windthüre, welche das Ehewappen des Besitzers in
Glasmalerei zeigt, die von der Firma Lndner in Darmstadt ausgeführt ist.
Durch diese Windthüre gelangt man in den Hauptraum der Wohnung, die
Halle, die zugleich der Mittelpunkt des ganzen Hauses ist. Im verhältniß
von 40,8 zu -4,5 in liegt dieser Raum mit seiner schmalen Seite nach der
Straße. Ein großes Rundbogenfenster füllt die Hälfte dieser wand aus und
läßt rechts und links noch Raum für eine kleinere Gruppe von Waffen und
Kriegsgeräthen aus Nubien, deren Mittelpunkt von einem Uniformhemd der
Nahdisoldaten gebildet wird. Die Fenster-Vorhänge können Abends voll-
kommen geschlossen werden, und werden aus zwei Lislrsliin's gebildet, auf
die von oben noch ein halber herabhängt. Die dem Eingang gegenüber-
liegende Wand wird zum größten Theil von einem geschnitzten Bücherbord,
dem großen Kamin, der Thüre in das Damenzimmer und endlich der Treppe

in das obere Stockwerk eingenommen. Guer vor dem Fenster steht ein altev
Tisch aus Bberhessen, der als gemeinsamer Schreibtisch dient. Uni den Kamin,,
dem eigentlichen Mittelpunkt der Halle, stehen eine Anzahl von bequemen
Sesseln, über die echte Teppiche gedeckt sind. Kleine Tische mit arabischen
Metallplatten vervollständigen diese Gruppe, die Abends durch einen Geweih-
Kronleuchter erleuchtet wird. Ein Wandschirm ans arabischem Gitterwerk
schließt diese Gruppe gegen die Thüre in das Damenzimmer ab.

Die Wände dieses Theiles sind mit alten Gemälden der holländischen
und italienischen Schulen geschmückt. Auch hängt hier ein Mumienbild aus.
dem 2. Jahrhundert nach Ehristi, das mit Wachsfarben auf Holz gemalt,
vom Besitzer im Fajum ausgegraben wurde und wohl das bedeutendste Stück
der Sammlung ägyptischer Alterthümer ist.

Der Raum neben und unter der Haupttreppe wurde zur Unterbringung
der Bibliothek sowie zur Einrichtung einer kleinen Plauderecke sehr geschickk
ausgenutzt. Bei großer Kälte können die beiden großen Homudteppichv
geschlossen werden und dann ist die Halle auch gegen die Treppe vollkommen
I abgeschlossen. Die dein Fenster gegenüberliegende Wand wird von der Thüre
j in das Eßzimmer, sowie rechts und links derselben von zwei Gruppen nord»
arabischer Waffen eingenommen. Den Raum über der Thüre füllen noch
einige.Lanzen und ausgestopfte Vögel aus. Eine Bocharastickerei schließt
diese Thüre ebenso wie die Thüre zum Damenzimmer ab. Rechts neben dev
Thüre wird die Ecke durch einen wundervollen Ojicljirn abgeschlossen, vor dem.
ein alter geschnitzter Stollenschrank steht, auf dem ein Pelikan seinen Platz
gefunden hat. An der Eingangswand schließt sich ein großer Divan uni>
einige theils arabische, theils europäische Stühle an. Hinter dem Divan
wird die ganze Wand von einer großen Waffengruppe ausgesüllt, die aus-
theils alten deutschen, theils türkischen und arabischen Waffen besteht. Neben
der Lingangsthüre hat das Gestell eines Kameelsattels aus dem napoleo-
nischen Heere Platz gefunden. Das äußerste Ende der wand nach dem
Fenster zu wird aus einem Hochbogen in arabischem Stil ausgefüllt, der zum.
Rauchzimmer führt. Die Decke der Halle ist eine Kassettendecke aus der-
selben amerikanischen Holzart wie die Hausthüre; die Tapete zeigt einfache
breite Streifen in zwei Tönen matt-roth.

Das Rauchzimmer ist in arabischem Stil gehalten, das Fenster durch,
einen alten Holzerker aus Egypten verdeckt, durch den das Licht gebrochen
wird. Lin Divan nimmt sämmtliche wände ein, und alte Teppiche und-
Musikinstrumente füllen die oberen Wandtheile. In der Mitte steht ein
türkischer Mangal aus Messing, über demselben hängt eine arabische Moschee-
lamxe, durch die der Raum erleuchtet wird. Die dunkelbraune Balkendecke
hat gelbweiße Zeichnungen, deren Muster alten Teppichen entnommen sind.

Neben der Halle, mit einem Erker nach Süden, liegt das Damenzimmer,
welches hell gehalten ist und zwar leicht rokokoartig. Die Scheiben des Erkers-
sind mit Glasmalerei ge-
ziert, welche auf Hellem
Grunde in japanischer
Art duftige Zeichnungen
aufweisen. Die wände
werden theils von alten
Bildern, theils auch von
modernen Aquarellen,
die größentheils Reise-
erinnerungen sind, ge-
füllt. Nur an der Wand
dem Erker gegenüber
hängt eine wundervolle
alte Boule-Uhr, ein
Geschenk des Marschalls
Davoust an den Urgroß-
vater des Besitzers,
zwischen zwei Familien-
bildern. Darunter steht
der Flügel, der gegen
den Heizkörper von einem
Wandschirm im Empire-
stilgeschütztwird. Dieser
Schirm bildet den Rah-
men für eine Anzahl
Karrikatnreu in buntem
Kupferstich aus dem An-
fang dieses Jahrhun- Abbildung Nr. 2SZ. Am-rikan. Möbel.

derts. Die beiden Ecken

nach dem Erker zu werden durch prachtvolle japanische Stickerei abgerundet.
An der Wand neben der Lingangsthüre steht ein Glasschrank aus dem
48. Jahrhundert, der angefüllt ist mit Schätzen der Kleinkunst. Hier haben
die schönsten Bronzen aus Egypten ihren Platz gesunden neben den Porzellan-
figuren der Höchster Fabrik. Sehr eigenartig sind Zinnfiguren, Spielzeug
des Großvaters der Hausfrau, welche eine Menagerie vorstellen und ungemein
sorgfältig gearbeitet sind. Einige moderne und alte Möbel füllen den Raum
 
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