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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 6.1895

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Die Fayence-Tapete
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C. E.: Pariser Neuheiten in Lampenschirmen
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https://doi.org/10.11588/diglit.6759#0121

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Mai-Heft.

Illustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Znnen-Dekoration.

Seite 87.

empfangen, drängt zu solchem Fortschritt und der Fabrikant wird allezeit
am erfolgreichsten in seiner Thätigkeit sein, der dem Drängen solchen
Zeitgeschmackes rechtzeitig und maßvoll entgegenkommt.

Pariser Neuheiten in WampenIchirmen.

Für die Lampenschirme haben wir eine Rückkehr zu alten Zeiten
zu konstatiren. Die hohen vor die Lampe zu stellenden üloruics werden

wieder Mode. Das Ge-

Abbildung Nr. 1,25.

Fayeark-Tapeic v. Flammersheim K Steinmann in Köln.

stell besteht aus Eisen,
Nickel, Holz, natürlich so
zierlich wie nur denkbar
ausgearbeitet; für den Ein-
satz oben, der den eigent-
lichen Schirm bedeutet, wird
ebenfalls alles Mögliche
verwandt,vorzugsweise aber
gemalte Aartonstücke mit
winziger Rüsche ringsum,
die aus lauter Röschen zu-
sammengesetzt ist, sonst aber
auchgexufftesSeidenzeugrc.
Etwas Neues sind ferner
kleine,aufgespannte Sonnen-
schirme, die zum Schutz an
der Lampe seitwärts be-
festigt werden. Sie setzen
sich aus acht Theilen zu-
sammen und werden natür-
lich über einem Drahtgestell
gearbeitet. Geknittertes
Seidenpapier wird für die
billigeren, Areppstoff und
straff überspannter Atlas
für die theuren benutzt. Die
Nähte deckt eine schmale Borte, auf der einzelne goldene Metallxlättchen in
regelmäßigen Zwischenräumen festgenäht sind. Sehr hübsch macht sich auch
eine kurze Seidenfranse ringsum, an der an aufgereihten Perlringen in allen
Farben schillernde Flitter angebracht sind. Lin Schleifchen aus Atlasband
oder ein schräg hinübergelegter Blumenzweig kommt noch als weitere Aus-
stattung hinzu. Selbstverständlich wählt man dazu nur Helle Nuancen, wie

lichtgrün, theerosa, meer-
blau usw.— Für nicht allzu
hohe Tischlampen finden
Paravents mit Vorliebe Der-
Wendung. Sie werden in
der Form treu den großen
Gfen- und Wandschirmen
nachgearbeitet und bestehen
meistentheils aus drei Thei-
len, von denen der mittelste
am höchsten ist. Eckig oder
oben abgerundet, oder zier-
lich ausgeschweift, auf
festen hohen Metallfüßchen
ruhend, die bald als Anöpf-
chen, bald als Aralle oder
fein ziselirtes Blättchen er-
scheinen, oder auch einfach
mit einer schmalen Leiste
unten eingefaßt, find sie
gleichermaßen hübsch und
finden guten Absatz. Ein
sehr einfaches, aber nichts-
destoweniger sehr gefälliges
Modell aus mattrosa Seide,
nur mit ein paar gemalten
Schwalben verziert, war
oben von einer Goldborte
eingefaßt, die den unregelmäßigen, sehr zackigen Aonturen folgend, die Zipfel
einer graziös überfallenden Draperie aus Gaze verdeckte. Praktischer und
sicherer als der Paravent, der gar leicht über den Haufen zu werfen ist,
erweist sich ebenfalls für kleinere Lampen der zierliche am Lylinder selbst zu
befestigende Stern, der gleichermaßen unter die neuesten Spielereien für diesen
Zweck gehört. Stoff oder Papier, je nachdem was dazu benutzt ist, wird
stets in Falten straff bis zu den Spitzen jedes der sieben Theile gezogen.
Dazu kommt die Umrandung durch Borte, Schnur oder Spitze und die strahlen-
förmig vom Mittelpunkt ausgehende Verzierung mit Gold- oder Silberflittern,

Abbildung Nr. 1.26.

Fayence-Tapete von I. Inder K Cie. in Kirheim.

winzigen aufgeklebten Sternchen oder Vögelchen. — Außer den genannten
Sachen, die das Neueste sind, was der Erfindungsgeist der Pariser Fabrikanten
zuwege gebracht hat, gehen natürlich auch die früheren Genres: die großen
Mohn- oder Päonienblüthen, die Chrysanthemen und Riesenveilchen finden
stets ein dankbares Publikum, ebensowie die kleinen auf Aarton, Gaze oder
Atlas gemalten Tambourins fast in jedem französischen Hause zu sehen sind.
Ihr Preis ist so erstaunlich billig, daß sich eben Jedermann diesen Luxus
gestatten darf, was man von den großen runden Lampenschirmen aus Seide
und Spitzen, die die Sonnen-
schirme der Damen in Bezug
aus die Größe sowohl als
den Luxus längst hinter sich
gelassen haben, nicht sagen
kann. Sie kosten leicht eben-
soviel Franks als erstere Len-
times und erfüllen dabei doch
nur denselben Zweck. Die
Malerei darauf ist natürlich
nicht von äußerster Feinheit,
doch sind die Muster stets hübsch
und auch zierlich ausgeführt,
sei es nun, daß es sich um
eine silberbestaubte Schnee-
landschast handelt, um ein
niedliches Märchenbild, wie
Hänsel und Gretel, der Men-
schenfresser und die sieben ver-
irrten Ainder rc., oder eine
Szene aus der Rokokozeit, die
mit ihren reichen Aostümen,
dem gepuderten Haar und den
Schönpflästerchen stets uner-
schöpflichen Stoff bietet. Nicht
zu vergessen sind dabei die
humoristischen Sachen, in
denen der Franzose bekanntlich excellirt; „Zuviel!" ist man da manchmal
versucht auszurufen.

Für größere Lampen, ebenfalls aber als Dorun d. h. als seitlicher
Schirm zu benutzen, haben wir als letzte Novität den Fächer. Das Draht-
gestell aus sieben oben abgerundeten Theilen ist zuerst mit einem leichten
Stoff glatt überzogen. Sodann werden doppelt gelegte Streifen wie breite
Säume auf jeden derselben

Abbildung Nr. cor.

Fayence-Tapete von I. Inder K Cie. in Nilkheim.

genäht und dazwischen Spitze
eingekraust, vorzugsweise sehr
leichte und klare. Vben und
unten bildet ein Spitzenvolant
den Abschluß. Mehrere Schlei-
fen sowie einige künstliche
Marguerites sind in graziöser
weise auf dem Fächer ver-
streut, der mittelst eines Metall-
ringes au der Lampe befestigt
wird. Das bescheidene Gänse-
blümchen ist neben den Chry-
santhemen die augenblickliche
Lieblingsblume in Paris und
riesige bloruns, abschattirt rosa
oder gelb oder ganz weiß mit
einer Unzahl schmaler nach
oben gebogener Blättchen be-
deckt, haben die Prätension,
diese Blüthen mehr oder min-
der gelungen darznstellen. Ls
fehlt auch nicht die ganz gelbe
oder etwas dunkler gefärbte
Aelchmitte mit Staubfäden,
deren Enden kleine verdickun- Abbildung Nr. coo.

gen zeigen, um uns zur Fayence-Tapete von Philipp Nk»n in Darmstadt.
Illusion zu verhelfen. —

Die Auswahl in Loruns ist, wie ersichtlich, nicht ganz unbedeutend,
zumal wenn man in Betracht zieht, daß von jedem Genre so und so viel
Variationen und verschiedenartige Muster existiren. Fast täglich kommt eine
neue Aombination hinzu und dieselbe Idee wird etwas abgeändert unzählige
Male verwendet, bevor sie endlich in die Rumpelkammer kommt. Auf diese
weise allein erklärt sichs, daß der Erfindungsgeist unserer Fabrikanten nicht
erlahmt bei den Anforderungen, die an denselben vom abwechslungsbedürf-
tigen französischen Publikum gestellt werden. In den großen überzustülpenden
Lampenschirmen z. B. ist bereits so vieles hier geleistet, daß man schwer
 
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