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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 6.1895

DOI Artikel:
St., K.: Einige Amerikanische Fabrik-Möbel
DOI Artikel:
Statsmann, Karl: Architektur und Innen-Dekoration, [8]
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https://doi.org/10.11588/diglit.6759#0262

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Seite 200.

Illustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Znnen-Dekoration.

Dezember-Heft.

Minigtz anrerikanischH Mabrik-^dübel.

afür, daß die „amerikanische Fabrik-Arbeit(I)" nicht immer so schlecht
ist, als ihr Ruf, ist auch die Möbel-Industrie ein sehr erfreulicher
Beweis. Zeit der Lhicagoer Welt-Ausstellung ist diese Thatsache auch schon
so vielfach anerkannt worden, und „amerikanische Möbel" haben sogar schon
ihren Einzug ins Kunstgewerbe-Museum in Berlin gehalten, daß es nicht
Wunder nehmen sollte, wenn statt „Gothik" auch einmal „Lolonial" der
Stilruf werden sollte.

Unsere Abbildungen Nr. 262—266, nach Fotografieen hergestellt, die
sämmtlich von der Firma Lsrlcszc L Onv kiürniturs - Oo. in Ownnä
Laxicks, Mich., unserer Zeitschrift zur Veröffentlichung bereitwilligst über-
lassen wurden, geben schon ein recht ansprechendes Bild von dem, was in
den Vereinigten Staaten von Nord-Amerika in billigeren Möbeln geleistet
wird; es sind durchweg solche, die vom mittleren Bürgerstande gekauft werden.
Zu welch erstaunlich billigen Preisen. „Schund"-Möbel hier zu kaufen sind,
davor hätte selbst der ärmste, gedrückteste Magazin-Tischlermeister, der jahraus,
jahrein seine „Hirsche" und „Rehe" allsonnabendlich nach den Magazine»
herumfahren muß, um den Wochenlohn für seine zwei Gesellen noch schnell
zusammen zu kratzen, ein tiefes Grauen. Und dabei sind derartige Möbel
noch völlig den „Hirschen" gleichwerthig. Die Ursache hierfür liegt natürlich
ganz und gar in der Maschinen-Arbeit von Mensch und Werkzeug. Bekommt
doch ein „Arbeiter" — Tischlergeselle darf man da kaum noch sagen — fürs
Zusammensetzen eines gewöhnlichen Wasch-
tisches etwa 80 pfg. bis z Mark und ver-
dient selbst noch in diesen denkbar schlech-
testen Zeiten H—5 Mark täglich — ein für
hiesige Verhältnisse allerdings sehr geringer
Verdienst.

O-rnnä Rapiäs im Staate Michigan ist
der Vorplatz für die Möbelfabrikation in den
Vereinigten Staaten; günstige Tage am wald-
reichen Michigan, in der Nähe der großen
Seen, an einem starken Strome, haben zuerst
wohl dazu beigetragen, diese Industrie hier
anzufiedeln, die Rührigkeit und Thätigkeit der
Siedler hat es nun dahin gebracht, daß die
Oranä-Rnpiäs-Nöbel den vorzüglichen Ruf
haben, so daß selbst das alte und konservative
New-Hork seine Möbel zum Theile von hier,
dem „Westen", bezieht. Die Firma, deren
Möbel hier wiedergegeben sind, beschäftigt
etwa soo Arbeiter — augenblicklich leider
nur die Hälfte — ihre Zeichner, drei an der
Zahl, sind, wie mir gesagt wurde, ein Franzose,
ein Deutsch-Amerikaner und ein Deutscher; sie
stellt nur Schlafzimmer-Möbel (Bettstelle,

Spiegelkommode u. Waschtisch), Speisezimmer-
Einrichtungen, Schränke und Hallen- („zu deutsch gewöhnlich Korridor" genannt)
Möbel her, aber keine Tische, und von Sitz-Möbeln nur Speisezimmer-Stühle.

Welchen Einfluß nun die Maschinen-Arbeit und der Reichthum an
vortrefflichsten Werkhölzern auf die Ausbildung der Form in den amerika-
nischen Möbeln gehabt, das zeigen auch zum Theil diese Abbildungen: so
viel als möglich ist aus dem vollen gearbeitet; Holz ist billig, Arbeit theuer!
Furnirt wird wenig, und wenn große Flächen erzielt werden sollen, so werden
dieselben aus kreuzweis verleimten Dickten (von etwa 3 nriir Dicke) hergestellt,
Reißen gibts wenig oder gar nicht In den Schlafwagen werden z. B. so
die oberen Schlafmulden (Ounlcs) hergestellt und trotz der wechselndsten
Teinperaturen, denen diese Wagen ausgesetzt sind, halten sich dieselben vor-
züglich. Das Verschneiden der Rahmenhölzer auf Gehrung ist ganz außer
Gebrauch, und dafür das Ueberplatten oder stumpfe verzapfen getreten;
häufig sieht man bei kleinen Thüren z. B. sogar nur einen oberen und einen
unteren Riegel, in den die gleichdicke Füllung geschoben ist. Füllungen sind
jetzt überhaupt fast ganz „außer Mode". Die blanken Beschläge sind auch
so recht dem Möbelsabrikanten paßrecht, sie sparen viel Arbeit, weil sie eben
die einfachsten Formen aufs Angenehmste beleben und dabei leichter und
dauerhafter anzubringen sind als Holzgriffe u. dergl. Die Holzschnitzereien
werden, wenn irgend thunlich, aus dem vollen Holz geschnitten, doch zeigen
die vorliegenden Möbel mit Ausnahme der Stühle dnrchgehends aufgeleimte
Verzierungen. Der kleine Glasschrank zeigt als Gallerie eine hübsche Laubsäge-
Arbeit in dreifach verleimten Furniren, eine Technik, die auch im Großen
sehr schöne Verwendung für Schmuckgitter findet.

In neuester Zeit kommt auch wieder die Metalleinlage in Mode, die
sich ja in den herrschenden Stil des Empire (Lolonial nennt man's hier in
der Erinnerung der großen Geschichtszeit der Vereinigung der Kolonien zur
Republik) vortrefflich hineinfügt. Leider wird auch mit einer Leim- und

Schlemmkreidemasse, die in Gipsformen gegossen und nachher holzartig
angestrichen oder vergoldet wird, als (Holz.) Bildhauer-Arbeit viel Unfug
getrieben, besonders bei Rokoko-Möbeln, die sich aber doch keiner großen
Bevorzugung rühmen können. Das Rokoko ist dem Amerikaner zu wild, zu
bunt ohne praktischen Sinn. Er fragt überhaupt nicht oder höchst selten, in
welchem Stil seine Möbel sind, vielleicht weiß es seine Frau, ihm genügt
es, zu wissen, daß es das Neueste ist, was er kauft, doch muß es bequem
sein. Und so kommen denn oft in einem Zimmer verschiedene Stilarten und
verschiedene Hölzer zusammen, wohl zum Entsetzen manches braven „Stil-
gerechten", aber zur Freude und zum Komfort des Innenwohnenden. Und
wohler ist es ihm in seinen vier Pfählen ohne Stil, als dem deutschen
Stilgerechten, denn er ist mehr „zu Hause" als der Andere, der seine Stil-
kenntnisse immer wieder in der stilvollen Kneipe ausfrischen muß.

Architektur und Innen-Dekoration.

(Schluß von Seite t95.)

us der Einrichtung von Hunderten noch wohlerhaltenen alten deutschen
Herrenhäusern, von denen Stift und Pinsel in unseren literarischen
und kunstgeschichtlichen Veröffentlichungen so Schönes zu schildern wissen,
also von Bauten, welche eher als andere Jahrhunderte überdauert haben,
und aus denen man so gerne die Wissenschaft über den Bestand früherer
Kunstübung schöpft, darf kein Schluß gezogen werden, daß die Künste mehr
geblüht hätten als hente, wo Fabriken, Werkstätten und Schulen, Meister
und Lernende eine Fülle von kunstgewerblichen Erzeugnissen und Motiven zn

Tage fördern. Man hat die Forderung aus-
gestellt, daß Kunst, Wissenschaft, Technik und
praktisches Leben in der Weise Zusammenwirken
müßten, daß sie sich innig durchdringen mik
eiuer Kraft, deren Ergebniß die Anwendung
der genannten auf die persönliche Freiheit und
Beglückung des Einzelwesens darstellt. Hier-
mit ist zugleich auch für die zweckmäßige
architektonische Gestaltung des wohnungs-
innern an die Person des Baumeisters sowie
des Bauherrn Richtschnur gegeben. Da sich
aber nothwendig innere Einrichtung der Woh-
nungen und Fortschritt in Lebensgewohnheiten
der Menschen, in deren Sitten und Anschau-
ungen, in der Art und Fassung der Gemein-
wesen, parallel laufen, bleibt uns nur übrig,
zuzuwarten, welchen Verlauf bei uns dev
Wechsel der Anschauungen nimmt. Unsere
Kunst und unser Handwerk werden bei dem
unaufhaltsamen Fortschritte zur größeren odev
dem Ideal nahe kommenden Wohnlichkeit
der Wohnungen und Annehmlichkeit des
Lebens überhaupt nur vortheil haben können,
weil dann Stillstand oder Rückschritt unmöglich
sind. Die bei der Wohnungsfrage betheiligten
Personen werden aber auch aufmerksam alle Fortschritte der Technik im
Auge behalten müssen, alle Verbesserungen von Bodenbelägen, Heizkörpern,
Thürkonstruktionen, Fensterverschlüssen, Isolationen, Auszügen, Wand- und
Deckenbildungen, sowie sanitäre Einrichtungen. Der Architekt muß dann
nicht bloß Konstrukteur und Dekorateur sein, sondern auch Hygieniker und
Ingeniöser, oder er muß sich ordentlich mit solchen Spezialisten in Verbindung
setzen und mit ihnen Fühlung halten.

Denjenigen speziell, welche dazu berufen sind, die erste Grundlage zu
legen für unsere Wohnräume, also den Schöpfern des architektonischen Theils
mit den einfacheren oder reicheren dekorativen Zuthaten, welche meist schon
in plan und Anschlag vorgemerkt werden müssen, sei also ans Herz gelegt,
daß sie alle technischen, künstlerischen und praktischen Fortschritte des Woh-
nungsbaues aufmerksam in das Bereich ihrer Aufgaben hineinziehen sollen.
Aber auch dem Publikum, das baut oder sich einrichtet, sei anempfohlen,
sich nicht nach der Einrichtung des Nachbars zu richten, sondern nach des
eigenen Herzens Zug. Selbständigkeit wünschen wir also für alle Bauenden
und Einrichtenden, vielleicht kommt dann einmal die goldene Zeit, in der
unsere Bauten wieder dem antiken Kunstideal sich nähern, ebenso formschön
als dem Bewohner heimisch, und seinem Urworte und Urbilds „Baum"
ähnlich, ein Organismus von der Wurzel bis zur Spitze. —

Anstrich für feuchte Souterrainräumr. Gegen feuchte und
modrig gewordene Mauern benützt man in neuester Zeit folgenden Anstrich
mit Erfolg: 92 Theile gepulverten Backstein und 7 Theile Bleiglätte werden
mit einer genügenden Menge Leinöl verrührt. Beide Theile sind getrennt
zu pulverisiren, dann zusammen zu mischen und mit dem Leinöl in eine Art
Teig zu verarbeiten. Die auf die Wände gebrachte Masse erhärtet nach drei
bis vier Tagen und läßt dann keine Feuchtigkeit mehr hindurchtreten. —
 
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