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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 6.1895

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Schliepmann, Hans: Deutsche Meister des Kunstgewerbes, [3]: Georg Hulbe
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Statsmann, Karl: Architektur und Innen-Dekoration, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.6759#0164

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Seile s22.

Illustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Innen-Dekoration.

August-Heft.

Iagdgeräthen, vor Allem aber wurde es das wichtigste und bald
vorherrschende Material des Bucheinbandes. So gab es damals
kunstvoll in Leder gearbeitete Scheiden für Dolche, desgleichen pulver-
hörner und Helme, Becher für die Jagd, den Rrieg oder die Reise,
Rästchen für die Geschmeide der
Frauen, Rapseln zur Bewahrung der
das heilige Salböl haltenden Büchs-
chen und für die Betnuß, Futterale
für Urkunden und Diplome, Gin-
bände für geschriebene und gedruckte
Bücher, Stühle, Bänke und schließ-
lich — in Spanien und Italien —
schon Tapeten, die freilich erst in
der Folgezeit eine allgemeine Ver-
wendung fanden, profane und
kirchliche, öffentliche und private
Bedürfnisfe wußte fo dieses Ma-
terial durchaus zu befriedigen und
durch seine künstlerische Ausgestal-
tung zugleich zu veredeln.

Diese reiche Ausnutzung des
Leders hatte ihre begründete Ur-
sache in der seltenen Vereinigung
seiner wichtigsten Eigenschaften,
seiner Festigkeit und Zähigkeit, ver-
bunden mit feiner Elastizität und
Biegsamseit, die alle durch den
Prozeß des Gerbens und durch die
ganze Art seiner künstlerischen Ver-
arbeitung erzeugt, resp. gekräftigt
werden. Nur die Trockenheit hat
sich immer als seine Feindin er-
wiesen, die es leicht zum Springen
bringt. So steht das Leder, wenn
man will, zwischen den Metallen und den textilen Stoffen: durch
seine Festigkeit ist es elfteren, durch seine Geschmeidigkeit den
letzteren verwandter, und auch seine künstlerische Behandlung borgt
ihre Technik von beiden: Die Technik des Treibens und Punzens,

die zur Erzeugung eines Reliefs führt, findet ihr Analogon in
der Treibtechnik der Metalle, die Behandlung durch Druck, Be-
malung und Applikation, die eigentliche Flächen-Dekoration kehrt
im Reich der textilen Rünste wieder. Es ist bei dieser reichen

künstlerischen Verwendbarkeit des
Leders doppelt wunderbar, daß es
so lange, fast ein volles Jahrhun-
dert lang in dieser Beziehung völlig
vergessen war.

Von der wichtigsten und eigen-
artigsten Technik der Lederbehand-
lung, der des Treibens und punzens,
ist nun die jüngste künstlerische Be-
arbeitung dieses Materials aus-
gegangen. Es ist bekannt, daß
schon einige Jahre vor Hulbe's
Wirken Wunder und Rölbl in
Wien, sowie Vtto Hupp in
München sich mit der Wieder-
gewinnung dieser Technik befaßt
hatten und auch schon zu recht
guten Resultaten gelangt waren;
dennoch hat Hulbe seine eigenen
Verdienste um die Wiederaufnahme
der punz- und Treibarbeit. Schon
in Riel, seiner Vaterstadt, da er
dort noch einfacher Buchbinder war,
— nur auf diesem Wege ist er
überhaupt mit diesem Material, das
später der Stoff seiner Lebensarbeit
werden sollte, in Berührung gekom-
men — war ihm diese reizvolle, aber
vergessene Technik bereits ausge-
fallen. Völlig rathlos ihr gegenüber
stehend, hatte er eine Nachahmung derselben, wie er selbst erzählt,
versucht, indem er aus einem Pappstück das dem Leder zu gebende
Relief vorarbeitete, das er dann aus ein weiches Leder durch Aus-
drücken zu übertragen suchte, natürlich ohne brauchbaren Erfolg.

Abbildung Nr. Dreiteiliger Setzschirm mit Distel-Motiv.

Mrchitektue und -Dunen-"dekoratwn.

Plauderei von Aarl Statsmann, Architekt.

sie Bedeutung der Architektur für Wohnungsinneres und
Innen-Dekoration ist keine geringe, ist doch die Gestal-
tung von Form und Größe der Wohnräume eine
Hauptgrundlage der Wohnlichkeit eines Hauses zugleich Folie der
Innen-Dekoration und hängt doch auch die Ausbildung der
Fassaden wesentlich ab von der Ronzeption des Hausinneren, vor-
nehmlich der vom direkten Tageslicht erhellten Räume. Die
Losung, man solle die Häuser „von Innen nach Außen" bauen,
ist nicht zu allen Zeiten ausgegeben worden, wiewohl der bedeut-
same bildliche Sinn dieser Parole die Forderung klar genug aus-
spricht, daß die Architektur des Hauptinneren die Hauptsache des
ganzen Gebäudes sein solle, hat man gegen diese Forderung oft
genug gesündigt und die äußere Erscheinung eines Hauses schien
vielfach wichtiger als die praktische und gemächliche Ausgestaltung
seines Inneren. Es ist in unserer Zeit mit Recht viel geeifert
worden gegen den Gebrauch, daß für die Schönheit oder den
Reichthum, ja nicht selten die Ueberladenheit der Fassaden mit
Zierformen unverhältnißmäßig mehr Mittel aufgewendet werden
als für eine formschöne Ausbildung des Hausinneren. Doch schilt
man hierbei nicht stets den rechten Mann und die rechte Sache.
Wenn im steinreichen Süddeutschland und in begüterteren Städten
stattliche, schmucke Sandsteinfassaden errichtet werden, so kann man

sich das dortselbst leisten, wenn das Steinmaterial nahe zur Hand,
nicht zu theuer und der Arbeitslohn für Steinmetzen kein zu hoher
ist. Wenn in steinarmen Gegenden mit Hülfe einer vortrefflichen
putzarbeit ähnliche formenreiche Wirkungen im Fassadenbau erzielt
werden wie im Steinbau, ja wenn man, durch das so gefügige,
bildsame, die Plastik fördernde Putzmaterial noch über den Formen-
reichthum des Südens hinausgeht und sich ins wilde Barocke
begibt, so kann dies ebenfalls mit verhältnißmäßig nicht zu hohen
Rosten geschehen. Ungesund und unschön kann hierbei nur das
sein, wenn der Formalismus der Fassaden entweder selbst unpraktisch
ist, wenn er auf Rosten der Fensteraxen, Stockhöhen und Fenster-
maßverhältnisse, also des Hausinneren, eine Selbständigkeit erstrebt,
und wenn die Formen selbst ein weises harmonisches Maß über-
schreiten und nicht im Verhältniß stehen zum Zweck des Gebäudes
und zu den Mitteln des Eigenthümers oder Bewohners.

Den Baustil der Fassaden selbst trifft hierbei direkt keine
Schuld. Haben doch bedeutende Handwerker und Rünstler aller
Zeiten bis auf unsere Tage bewiesen, daß man in jedem Stile
Würdiges zu schaffen vermöge. Ungerecht und grundfalsch ist es
also, wenn man beispielsweise der italienischen oder deutschen
Renaissance den Vorwurf macht, sie eigne sich nicht für unsere
modernen Verhältnisse, man müsse den Palaststil verlassen und
wieder zu mittelalterlichen Vorbildern zurücksehen. Welche Rurz-
sichtigkeit! „Sehe Jeder, wo er bleibe". Für sehr viele moderne
Wohnungsgestaltungen ist gerade die italische Renaissance muster-
gültig und grundlegend geworden, sie hat vor Allem die Baukunst
 
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