Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 6.1895

DOI article:
Minkus, Fritz: Unter den Zeichen des Empire
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.6759#0203

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
ZU beziehen nur durch den Buchhandel.

Preis vierteljährlich für Deutschland Mk. 5.—, für
Desterr.-Ungarn u. das gesammte Ausland Mk. 5.50.
Telegramm-Adresse: Roch Verlag, Darmstadt.

Sämmtliche mit * versehenen Illustrationen stehen unseren Lesern zur verwerthung frei.

Dir Zeitschrift ist verbreitet in allen Kulturstaaten.

Illustrationen und textliche Beiträge nur an die Schriftleitung in Darmstadt erbeten.

Nur Sonder-Hefte sind einzeln a. Mk. 2.— erhältlich.

Buchh.-Vertreter: Eduard Schmidt, Leipzig
Insertions-Bedingungen am Schluß der Zeitschrift.

VI. Lahrg. 1695.

U Leipzig ^ Darmstadt Wien. M-

Kktober-tzest.


sicher Stil ist Heuer modern? Diese Frage,
die der Tapezierer, der Dekoratör, der
Schreiner hundert- und tausendmal im Jahre
hört, schließt, genau genommen, einen derart
komischen Widerspruch in sich, daß man über
sie nur lachen könnte, wenn die Sache nicht auch
eine für unsere gegenwärtigen Stilverhältnisse
sehr traurige Seite hätte. —

Lin Stil modern! Was ist Stil?
Uns in die oft versuchte Definition des Wortes
„Stil", die stets bei stülus, dem altrömischen
Schreibgriffel anzuheben pflegt, einzulassen, davon
wollen wir abstehen, jedenfalls aber ist es klar,
daß der Stil immer eine Aeußerung des Zeitgeistes
ist, ein Ausbau der ganzen Richtung, die eine Periode
nimmt, der künstlerische Stempel, den sich eine
kulturelle Lpoche aufprägt. — Dadurch allein beweist
es sich, daß die Bildung eines Stils eine Wenge
Antecedentien bedingt, daß zu seiner Entwicklung
eine große Spanne Zeit erforderlich ist, und daß
seine Aenderung stets im Zusammenhänge mit
Umwälzungen auf kulturellem Gebiete erfolgt. Lr
ist also geradezu das Gegentheil der Wo de, die
als ephemeres Produkt des Tages, der bloßen Willkür
des Wenschen entspringt und in ihrer Entstehung
im Allgemeinen keinerlei tieferen Grund hat. So
lächerlich daher auch die Frage nach dem „mo-
dernen Stil" klingt, so ist sie doch — leider — keine

silier dem Deichen des Mmpire.

von Fritz Mink US.

unberechtigte: in unserer raschlebigen Zeit ist eben der Stil Mode

geworden — oder besser gesagt, wir haben keinen Stil, wir haben
nur eine Wode. — Reflexionsmenschen haben sich hingesetzt und
haben nachgedacht, warum wir keinen Stil erzeugen können und
haben es haarscharf bewiesen; andere Wänner der That haben
sich hingesetzt einen neuen Stil zu erfinden, ich weiß nicht, ob ein
solcher Versuch von größerer Anmaßung oder größerer Naivetät
zeugt. Thatsache ist und bleibt: wir haben keinen Stil. Dem-
zufolge waren wir, als nach langem Winterschlafs die ersten
künstlerischen Gefühle wieder in der Menschheit sich regten, von
vornherein auf die alten historischen Stile angewiesen: nachdem
man eine Zeit lang mit der Gothik gespielt hatte, war man auf
einmal darauf gekommen, daß ja die deutsche Renaissance
für uns Deutsche der alleinseligmachende Stil sein müsse; die
deutsche Renaissance war ein nationaler Stil und ein Stil, der
stets weiter ausbildungsfähig bleiben würde — und man gab
sich mit Enthusiasmus der deutschen Renaissance hin — „wir
haben einen Stil, für alle Ewigkeit einen Stil", jubelte Aunst
und Uunstgewerbe! Und fast schien es so, und fast wäre es so
geblieben, wenn es eben hienieden keine Mode gäbe!

Die Mode wird von den Produzenten angeboten, nicht von
den Ronsumenten gefordert — sie ist ein Produkt der Spekulation.

Ein Gegenstand ist neu auf dem Markt, er gefällt, er ist
theuer, die reichen Massen erwerben ihn — sie haben jetzt das
„Allermodernste". Zn dem Maße aber, als der neue Gegenstand
größeren Absatz findet, verbilligt er sich, er wird in schlechtem
Material, er wird maschinell angefertigt; jetzt ist er für die
ärmeren Massen erschwinglich, die ja doch immer, und wenn
 
Annotationen