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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 6.1895

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Jaffé, Franz: Der Reichstagsbau und seine Innen-Dekoration, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.6759#0074

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ZU beziehen nur durch den Buchhandel.

Preis vierteljährlich für Deutschland Mk. 5.— , für
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Die Zeitschrift ist verbreitet in allen Knlturstaaten.
Illustrationen und textliche Beiträge nur an die Schriftleitung in Darmstadt erbeten.

Anfangs jeden Monats erscheint ein Heft.

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Buchh.-Vertreter.- Eduard Schmidt, Leipzig.

VI. Iahrg. 1895. -U Leipzig Darmstadk Wien. W- Npril-Hefk.

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Mlren -^Dekoration.

^ von ^ranz Zassö.

^^s gibt im politischen Leben der Völker und
^ Länder Ereignisse, welche als Werde-
prozesse ihrer Gestaltung besonders interessant
und karakteristisch sind. 5o verkörpert die
Neuerrichtung des Deutschen Reiches nach dem
Kriege s870/?l alle die Gedanken und
Bestrebungen, welche vorangegangen
waren, um diese geschichtliche That ins
Leben zu rufen. Innerhalb solcher Zeiten,
welche von nationaler Bedeutung für ein
Volk sind, ist die Architektur in erster
Linie berufen, die geistigen und sittlichen
Ideale eines Volkes zu verkörpern, ja
in ihr ist das treueste Spiegelbild einer
Zeit und eines Volkes in den Fällen
stets gegeben, wo die Zeit eine ereigniß-
reiche und durch besondere Geschehnisse
hervorragende war.

Als ein Ausdruck jener großen Zeit,
in welcher das Deutsche Reich geschaffen
wurde, ist das soeben dem deutschen Volk
und seinen Vertretern übergebene Reichs-
tagsgebäude aufzufassen, welches unter
der künstlerischen Bethätigung Alldeutsch-
lands zu einer großen in Stein und Erz
geschriebenen Geschichte des deutschen

Volkes überhaupt geworden ist. Der nationalen Bedeutung des Bau-
werks entsprechend, haben alle bildenden Künste, wie sie zur Zeit
in Deutschland gepflegt werden, beigetragen, in einem historischen
und politischen Zentrum sich vereinigt und so gewissermaßen ein
Gesammtdenkmal der bildenden deutschen Kunst des neunzehnten
Jahrhunderts im Reichstagsbau geschaffen.

Nicht wie Minerva aus dem Haupte Jupiters, ist der plan
des Ganzen aus der Hand seines Meisters hervorgegangen; er
hat vielmehr eine lange Werde- und Entstehungsgeschichte gehabt.

Zum ersten Mal, im Frühjahr s87s, versammelten sich die
vom gesammten deutschen Volke erwählten Vertreter in der Reichs-
hauptstadt. Der Gedanke, dem neu erstandenen Reiche einen großen
monumentalen Ausdruck zu geben, lag so nahe, daß im herbst
desselben Jahres eine Kommission ernannt wurde, um ein Bau-
programm als Unterlage für eine damals auszuschreibende inter-
nationale Konkurrenz auszuarbeiten. Das Resultat dieser Kon-
kurrenz ist bekannt. Aus ihr ging im Jahre s872 der Architekt
L. Bohnstedt in Gotha mit seinem architektonisch hervorragenden
Entwurf als Lieger hervor. Bei der Ausarbeitung des Bau-
programms hatte man noch nicht entfernt den Umfang der Ge-
schäfte übersehen können, welchen die parlamentarische Thätigkeit
des Reichstages für sich in Anspruch nehmen würde. Dies und
die Ungünstigkeit des damals in Frage kommenden Platzes führte
dazu, daß weder der Entwurf des Ärgers noch irgend ein anderer
für die Ausführung zu Grunde gelegt wurde. Vielmehr entschloß
man sich im Jahre s882, einen neuen, auf deutsche und deutsch-
österreichische Architekten begrenzten Wettbewerb auszuschreiben.
Die immer weitere Kreise für sich erfüllende Angelegenheit fand
unter der Architektenschaft und unter den hervorragendsten Mit-
gliedern derselben in Deutschland und Deutsch - Gesterreich einen
begeisterten Widerhall.
 
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