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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 6.1895

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Dankwardt, L.: Liberty-Waaren
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Schönfeldt, F.: Neuartige Dekorirung englischer Eintritthallen: Londoner Original-Korrespondenz
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https://doi.org/10.11588/diglit.6759#0241

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November-Heft.

Zllustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Znnen-Dekoration.

Seite f83.

Liberty-Haus in Berlin (Markgrafenstraße) bietet in der Ausstattung des
Schaufensters und des Ladenraumes Gelegenheit, sich über die vielfältige Ver-
wendbarkeit der Libertyseide zu unterrichten. So ist z. B. die Drapirung
eines Spiegels sehr geschickt bewerkstelligt, indem sein ungebeizter Rahmen
unter einem Shawl braunrother und einem andern von weißer Seide ver-
schwindet. Dieser letztere ist mit einem stilisirten Kastanienblattmuster in
braunrothem Ton überzogen. Neben der Seide gehören übrigens auch
indische Mußlingewebe zu den Liberty-Maaren. Sie zeigen einen außer-
ordentlichen Farbenreichthum und werden stilistisch ebenso behandelt wie die
Seidengewebe. Der Musterwerth beider Erzeugnisse ist also der gleiche; nur
-er metallische Glanz der Farbe fehlt und jenes reizvolle weiche verlaufen
-er Außenränder, welches die Seidenstoffe auszeichnet und ihre Ähnlichkeit
mit den indischen Handstempeldrucken noch mehr hervortreten macht. Dafür
aber stehen die Mullgewebe dem Käufer schon für 75 Pfg. bis ; Mk. 50 Pfg.
das Meter zur Verfügung. Ihr niedriger Preis macht sie ganz besonders
geeignet, um als Anschau-
ungsmaterial bei der Be-
lehrung über die neue Art
-es kunstgewerblichen Zeich-
nens zu dienen. Die treff-
liche Zeichnung und der
weiche Fall des Gewebes,
vor Allem auch der sammt-
artige Schimmer aus der
Wölbung jeder Falte sichern
auch diesem Erzeugniß eine
große Zukunft in der De-
koration unserer Mohn-
räume. Ganz besonders
werden sich die prächtigen,
groß gemusterten Stores
aus indischem Null bald
viele Freunde erobern.

Schließlich führt Herr
Liberty noch einen derben,
starkfädigen Baumwollen-
stoff ein, der mit blauem
oder rothem morgenlän-
dischem Muster auf weißem
Grunde, oder auch ganz
buntfarbig bedruckt ist. Dies
Gewebe gibt eine schwere,
markige Falte und wird
mit Erfolg in Treppen-
Häusern, auf Vorsälen,

Balkons und Veranden
verwerthet werden können.

Die Bedeutung der
Liberty - Maaren für die
Jnnen-Dekoration und für
-as Kunstgewerbe über-
Haupt liegt in dem Um-
stande, daß sie durchaus
darauf verzichten, irgend
etwas scheinen zu wollen,
was sie nicht sind. Die
Libertyseide tritt so beschei-
den auf, daß man häufig
zunächst nicht erkennt, wel-
chen geschätzten Stoff man
vor sich hat. Sie will eben

für sich selbst nichts sein, als die Trägerin unendlich zarter und Wechsel-
voller Lichtstimmungen, die auf der^ Wandstäche festgehalten werden. Der
Liberty-Mull will durchlässig für Lichtströme bleiben, gleichzeitig ist das
Gewebe dicht genug, um jedem Vorwurf der Dürftigkeit im Fall zu entgehen;
es ist weich genug, um nicht zu knittern, wie unsere gesteiften Gardinen,
starksädig genug, um jeder Falte Rundung zu geben. Alle Freunde des
modernen Kunstgewerbes werden es mit Jubel begrüßen, daß gerade für die
Textil-Jndustrie in der Liberty-Maare eine so würdige Vertretung des zeit-
genössischen Strebens gesunden worden ist. Textile Erzeugnisse dringen am
tiefsten in das häusliche Leben ein, sie sind deshalb am besten geeignet, weite
Kreise mit den Errungenschaften der Gegenwart im kunstgewerblichen Zeichnen
bekannt zu machen. In diesem Sinue sei das Lob der Liberty-Maaren
gesungen und ihre Verbreitung empfohlen.

Ein gutes Rkirpt zu ciurm flüssigen Leim ist das folgende: Man nimmt
250 K Lhloralhydrat und 400 Z Gelatine und löst sie in (ooo A kaltem
Masser auf. Die Lösung ist nach 48 Stunden zum Gebrauche fertig und soll
sich namentlich zum Aufziehen von Fotografien vorzüglich eignen. —

Abbildung silr. 244. Kami» mit Spiegel-Aufsatz in einem Speise-Zimmer.

emrlige englischer Mintrittshallkn.

Londoner Driginal-Korrespondenz von F. Schönfeldt.

:n England spielt die Dekorirung der Eintritts- oder Vorhallen eine große
Rolle und man versucht auf alle nur mögliche Meise diesen aus der
durchschnittlichen Schmalheit der Häuser — dieselben haben für gewöhnlich
nur eine Front von zwei bis drei Fenstern — entstehenden langgestreckten
und relativ schmalen Räumlichkeiten ein anheimelndes, einladendes, wir
möchten beinahe sagen: gemüthliches Aeußere zu geben. Dies erreicht man
gewöhnlich dadurch, daß der Hintergrund mit Draperien abgeschlossen wird,
welche, in sehr kunstvolle Falten gelegt, bei bemittelten Herrschaften aus
schweren, oftmals kostbaren Teppichen, bei Leuten mit geringeren Mitteln
aus billigen, leichten, aber farbenprächtigen, waschächten Kattunen hergestellt
werden, während bei beiden merkwürdig massive Stangen und Halter zur

Anwendung komme». Man
tritt folglich in einen von
allen Seiten abgeschlossenen
Raum ein. Meistentheils
bleiben die in der Vorhalle
befindlichen Eingänge zu
den Ziinmern wenigstens
mit Stoffen undrapirt, dafür
sind aber über den Thüren
Arrangements von getrock-
neten Palmblättern und
Medeln, farbigen Makart-
gräsern und Büscheln, mit
den in England sehr be-
liebten Fächern Ehinas,
Japans und (Ostindiens
untermischt, angebracht,
während die Wände mit
Kupferstichen, Geldruckbil-
dern, in reichen Häusern
manchmal auch kostbaren
Gemälden bedeckt, sogar
oftmals übersäet sind. )n
dem letzteren Falle sieht
man die Bilder bis zum
Deckenfries hinanreichen.
Lin für allemal wird das
Entrse mit einem Möbel
versehen, welches „bmU
sbnucl" — Vorhallenständer
— genannt wird und ge-
wöhnlich sehr komplizirt,
ziemlich breit und hoch ist.
Der vorspringende Unterbau
ist mit Kästen für Haar-
und Kleiderbürsten, Kämme
u. s. w. versehen, während
in der Mitte des stachen,
hochstrebenden Theiles ein
mit geschliffenem Rand aus-
gestatteter großer Spiegel,
oben eine Gallerie um die
Zylinder der Herren aus-
zunehmen, oben an den
Seiten Haken für die abzu-
legenden Kleidungsstücke,
unten für die Stöcke, Regen- und Sonnenschirme befindlich sind. Auf der
Platte stehen Vasen mit frischen oder künstlichen Blumen, auch wohl Schalen
für visitkarten, Parfümfläschchen und andere Kleinigkeiten. Selten fehlt in
einer Ecke eine Säule mit hochstaudiger Blattpflanze, wenigstens ein schmaler
Hallensessel und die bunte Gaslaterne.

Diese Ausstattung ist stereotyp geworden, aber nun soll es anders
werden und das ist kein Unglück. Begabte Dekoratöre haben herausgefunden,
daß sich die Vorhallen mit relativ geringen Kosten im orientalischen Stil
ausschmücken lassen. Zu diesem Zwecke behängt man die Wände mit den
in London sehr billigen, farbenreichen, bedruckten Baumwollenstoffen, welche
ans Gstasien stammen, in Panneelform und trennt dieselben durch runde
oder halbgespaltene Bambusrohrstäbe, panneele brauchen nicht sehr lang
zu sein, denn der in Wasserfarben in orientalischer Manier recht bunt bemalte
Fries ist ziemlich breit vorgesehen und das Gleiche gilt von der unteren
Einfassung. Derjenige, welcher die Mittel dazu besitzt, kann statt des Baum-
wollenstoffes orientalische Teppiche oder Decken nehmen, was natürlich einen
viel behaglicheren, wärmeren Eindruck auf den Besucher machen muß. Die.
 
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