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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 6.1895

DOI Artikel:
Schulze, Otto: Die Zimmerdecke und ihre Beziehungen zum Raum [2]
DOI Artikel:
Statsmann, Karl: Architektur und Innen-Dekoration, [7]
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https://doi.org/10.11588/diglit.6759#0254

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Seite i94l-

Illustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Innen-Dekoration.

Dezember-Heft.

kommende Schönheit zu geben und — eines Mehrs bedürfen
wir nicht!

Die Lösung der Zimmerdecke ist der Ausgangs- und End-
punkt dieser Erkenntniß: „Wie die Natur Kräfte und Säfte,
Gerüst, Gerippe und Gefüge zuerst spendet als Nothwendiges,
als Grunddinge, so schenkt sie zu-
letzt als Ergänzendes die Beklei-
dung und als Ueberflüssiges den
Schmuck — diese das sichtbar Wohl-
gefällige, jene das unsichtbar Wohl-
thätige! so äußern sich die Werke
der Schöpfung, und das wahre
Genie ist Eins mit diesem Werden,
sein künstlerisches Schaffen und-
Gestalten empfängt Inspiration und
Thatkraft aus der Werkstatt Gottes!

rne Pariser FenKer-Tapeten.

Die Fenster-Tapeten, die man
auf die Scheiben klebt um jenes
magische Halbdunkel zu erzielen,
das jetzt allein für Ehic gilt, er-
wecken z. Zt. ein größeres Interesse,
weil sich ein großer Umschwung,
was die Dessins anbetrifft, darin
vollzogen hat. Neben den stern-
artig gemusterten, mit dunklen
Linien dazwischen, um die Blei-
einfassung der einzelnen kleinen
Scheiben, wie sie gemalte Glas-
fenster oft aufweisen, zu simuliren,
neben den mittelalterlichen Ritter-
szenen oder den ein Grethchen am
Spinnrad oder dergleichen darstellenden, von einer breiten Borde
wie mit einem Rahmen umschlossen, tauchen jetzt hochmoderne
und höchst originelle Dessins auf, von denen im Allgemeinen zu
sagen ist, daß sie sich dem Geschmack des sfl. Jahrhunderts mehr

anpassen als jene Imitationen einer früheren Zeit. Da die
französischen Fenster im Großen und Ganzen stets so ziemlich
dieselbe Höhe haben, so fällt es nicht schwer, die ganze Scheibe
mit Hülfe der aufgeklebten Tapete wie ein Bild erscheinen zu
lassen, mit einer ganz schmalen, nur wie ein dunkler Strich

wirkenden Einfassung zu beiden
Seiten und einer sehr breiten, die
wie aus buntfarbigen kleinen Wür-
feln zusammengestellt erscheinhoben
und unten. In der Witte sieht
man dann eine anmuthige Land-
schaft, eine Idylle, ein Genrebild-
chen oder auch nichts weiter als
einen fernen Horizont, den ein paar
im Nebel verschwimmende Berge
begrenzen und im Vordergründe ein
paar Falter, einige Vögelchen rc.

Sehr hübsch — wenngleich
etwas abgebraucht in der Idee —
machen sich die Jahreszeiten: als
Sommerbild sieht man ein gold-
farbenes Aehrenfeld mit der lachen-
den Schnitterin mitten drin, im
rothen kurzen Röckchen und Kopf-
tuch; den Frühling stellt eine hübsche
Landschaft vor mit braunen Fels-
blöcken, die stellenweis grünlich
schimmern, als spröße dort schon
das junge Gras empor und mit
Kaskaden, die in einen Abgrund
stürzen. Im Vordergründe sieht
man ganz an einer Seite einen
blühenden Kirschbaumzweig, wäh-
rend der Stamm, zu dem er gehört,
nicht mehr auf der Fenster-Tapete Platz gesunden hat rc.

Höchst originelle Wischfarben kommen jetzt zur Anwendung,
wie sie die Malerei — denn bisher lehnte man sich ja bei der
Ausführung der Fenster-Tapeten stets genau an die gemalten

Abbildung Nr. 256. Theil-Anstcht der Lalle. Näheres Illustr.-Text.

Mrchitektuv und -Dnnen-^Mekoration.

Plauderei von Karl Statsmann, Architekt. (Fortsetzung »on Seite r«?,)

das Vestibulum nach römischer Art als Raum ver-
wendet, welcher nicht blos als Durchgangs- und Ver-
bindungsraum, sondern auch als Repräsentationsraum
benutzt werden soll, und ist er hinreichend groß, etwa 20 c^m im
Minimum, dann hat dieser Raum den Vorzug, daß er bei
besonderen Anlässen als Speiseraum oder Festraum hergerichtet
werden kann, wofür er dann um so mehr geeignet ist, als er
den Mittelpunkt bildet für die ringsum liegenden „zusammen-
ziehbaren" Gemächer. Fantasie, Geschmack und Raffinement ver-
mögen diesen Raum so schön als möglich zu schmücken: Statuen
in den Wandecken, von Wedeln, Fächern, Pflanzen oder Stoff-
behang sich abhebend, Stoffbehang der Decke, weiche, farbenschöne
Teppiche, Dekor der Wände unter reichlicher Verwendung von
Gold, maßvolle, allenfalls elektrische Beleuchtung, jedenfalls aber
weise Abwägung des Dekors im Kontraste von Linie und Farbe.
Wo fürstliche Mittel zum Dekor zur Verfügung stehen, wird die
Beiziehung der monumentalen Malerei zum Wand- und Decken-
schmucke die reizvollste Wirkung Hervorrufen. Hierbei wird eine
nobele Eintheilung der Wände in einzelne Felder mit landschaft-
lichen oder figuralen Malereien über einem ruhigen Sockel und
in glücklicher Verbindung mit der Uebergangsstelle zur Decke,
erforderlich sein, wobei wieder Goldtöne, welche alle Kontraste

versöhnen, unerläßlich sind. Für solche Raumstimmung ist uns
die aus den pompejanischen Wandmalereien bekannte Dekorations-
weise mustergültig geworden und unsere heutigen Künstler werden
die jener noch anhaftenden Mängel im figuralen und tonischen
Theil bei dem Stande moderner Schulung leicht verbessern.

Schon die nun öfter üblich gewordene Verwendung von
Portieren beweist uns, daß man erkannt hat, wie wesentlich der
Raumeindruck mitspricht in der Wohnungs-Dekoration. Man wird
bei Gesellschaften, um das Gefühl größerer Freiheit der Bewegung
für die Gäste hervorzurufen, den zum Festraum umgestalteten
Vorflur durch portisren mit den umliegenden Räumen verbinden,
deren Ausgangsthüren man zum Festabende aushängt.

Wenn wir vorhandene Wohnräume zu dekoriren haben,
so ist es allerdings schwer, solchen Gefälligkeit zu verleihen, wenn
sie selbst an sich schon ungemüthlich in Form und Eintheilung
sind. Mit einer verbessernden nachträglichen architektonischen
Innen-Dekoration ist es da vielfach „Essig".

Nebrigens eine Gewissensfrage an alle Diejenigen, welche
sich nach Gemächlichkeit im diesseitigen irdischen deutschen Reiche
sehnen: Sollte es Euch wirklich nicht gelingen, für die Wohnlich-
machung Eures Heims mehr Mittel aufzuwenden, als für vieles
Andere, z. B. Bier, Vereine, Sport, Liebhabereien jeder Art,
unnöthige Weihnachts- und Geburtstagsbescherungen, Reisen und
Vergnügungen? Sehet an, wenn Ihr Hand aufs Herz leget,
sollte es nicht doch gehen, — Ihr werdet sicherlich Mittel er-
übrigen können für gedachten Zweck. Da ist ein kleiner Wohn-
 
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