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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 6.1895

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Schliepmann, Hans: Deutsche Meister des Kunstgewerbes, [4]
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https://doi.org/10.11588/diglit.6759#0173

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August-Heft.

Leite s2y.

des sMunstgewerdes.

n richtiger Erkenntniß des Lederkarakters schritt er
hinsichtlich des Grundzuges seiner Grnamentation von
Anfang an auf dem richtigen Wege, indem er der
Grnamentation der Fläche trotz ihrer reliesartigen Erscheinung
durchaus den Karakter der Flächen-Dekoration gab, da man auf
anderen Gebieten doch erst durch den Einfluß der japanischen
Zierkunst zu dieser Erkenntniß gelangen sollte. Die Kontur,
die Linie, welche Bild und Grund von einander scheidet, ist so immer
das zunächst Sprechende in sei-
nen Ornamenten, dem sich die
plastische Erhebung, die male-
rische Staffirung unterordnet.

Bevor jedoch näher auf
die Einzelheiten des Ornaments
eingegangen werde, sei zunächst
noch gesagt, auf welchen Ge-
bieten das Leder heute wieder
in künstlerischer Weise Verwen-
dung findet. Die ersten Ar-
beiten, die Hulbe in der Treib-
und punztechnik ausführte, wa-
ren, wie schon erwähnt, Lehn-
stühle. Die Verwendung im
Mobiliar ist auch heute noch
immer eine der wichtigsten und
dankbarsten. Die großen, aber
abgegrenzten Flächen der Polster
scheinen gerade das gehörige
Naß zu besitzen, um den der
Ledertechnik genehmen Orna-
menten eine freie, große Ent-
faltung zu gestalten. Der auf
der Anfangsseite gegebene Prä-
sidentenstuhl sowie der bequeme
Lehnstuhl in Abbildung Nr. s8s, beide mit großen Wappen
geschmückt, ersterer fast genau nach den Angaben Wallots, sind
typische Beispiele dieser Gattung. Andere wird man auf den
Znterieur-Ansichten finden. Zu ihnen gesellen sich noch Nissen,
Schemel, Böcke, Bänke und Sofas, letztere oft in großem Ausbau
mit Baldachinbekrönung und, wie in alter Zeit, als unverrückbar
feststehend an der Wand gedacht. Ein ganz besonderes Verdienst
Hulbes ist es hierbei, daß er sich nicht begnügt, nur seiner eigenen
Arbeit ein volles künstlerisches Gepräge zu geben, sondern daß
er auch ihr Rahmenwerk, die Holzkonstruktion so gediegen und
künstlerisch wie irgend möglich zu beschaffen sucht. Die beigege-
benen Abbildungen zeigen dies zur Genüge. Die Schnitzarbeit
ist solide und einfach, wenn nicht, wie bei dem Präsidenten-
stuhl aus dem neuen Reichstagsgebäude (siehe Abbildung auf der
ersten Seite), ein ganz besonderer Zweck eine gewisse Pracht in
der Grnamentation erfordert. Zn letzter Zeit ist er ein großer
Freund der englischen Nöbel geworden, der Nodelle eines

Abbildung Nummer Nd- Leder-Prunkschild mit Künstler-Wappen.

Ehippendale und eines Sheraton, deren Gestelle er sich wiederum
wie das Leder selber, direkt aus England kommen läßt. Auch
nach französischer Art surnirte Nöbel wendet er an, deren dunkler
Glanz recht angenehm zum weichen, matten Ton des Leders
kontrastirt, sowie seit der Weltausstellung in Lhicago amerikanische
Bambusgestelle, die sich als Umrahmung hellerer Ledertöne be-
sonders eignen. Bei der Verbindung dieser aller mit dem Leder-
überzug wird das verbindende Element mit voller Absicht scharf
betont, indem die Nägel, deren erster Zweck das Zusammenhalten
beider Theile ist, mit großen, blanken Nessingknöpfen versehen
werden, die, reihenweise angeordnet, dem Aufbau eine gewisse

Klarheit geben, zugleich auch
die koloristische Wirkung aufs
Angenehmste erhöhen. Der Sinn
für das Konstruktive hat Hulbe
auch dazu geführt, das Flecht-
und Fransenwerk wieder solider
und durch größere Motive
karaktervoller zu gestalten. Die
berühmte Sammlung japa-
nischer Korbwaaren, die das
Hamburger Museum besitzt und
die ja auch die Hamburger
Korbindustrie bereits aufs Vor-
theilhafteste gefördert hat, ward
auch für ihn hierbei die An-
regerin und Leiterin, was bis
jetzt noch viel zu wenig beachtet
ist. Daß Hulbe schließlich auch
auf die Nontirungen seiner
Gegenstände seine besondere
Aufmerksamkeit richtet, daß er
sie, wo es gefordert wird, im
Anschluß an alte Muster „stil-
voll" macht, immer aber dem
Grundkarakter seine Lederarbei-
ten anpaßt, ist selbstverständlich.

— Zu den Sitzmöbeln gesellt sich dann der Papierkorb, die Zeitungs-
mappe, vor Allem aber der Wandschirm, dies bedeutende
Dekorationsstück in einer besseren modernen Wohnungseinrichtung.
Der einflächige, in einen Rahmen eingespannte, auf einem Fuß-
gestelle ruhende Setzschirm ist hier neben dem Klapp- oder Fall-
schirm in Gebrauch. Letzteren zeigt die Abbildung s6ß, s70 u. s80,
ersteren die Schlußvignette. Dann kommen die festen Wand-
bekleidungen, die partiellen Dekorationsstücke, wie die prunkschilder
der Abbildungen Nr. s76 und s7ß, die Kaminbekleidungen in
Abbildung Nr. s78, und die Tapeten, welche die Wände oder
den Plafond bekleiden. Auch bei der Anwendung der Tapeten
liebt Hulbe ein inniges Zusammengehen mit dem Holze, das sich
überhaupt in koloristischer Beziehung besonders gut zum Leder
zu stellen vermag. Wie die Abbildungen Nr. s83, s86 und s87
zeigen, wird in der Regel der untere Theil der Wand mit Holz-
getäfel bekleidet, an der Decke das Kasetten bildende Balkenwerk
deutlich hervorgehoben. Die Abbildungen Nr. s82, s86 und Bei-
 
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