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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 6.1895

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https://doi.org/10.11588/diglit.6759#0379

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sc-

August-Heft.

Zllustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Znnen-Dekoration.

Seite s27.

gesetzt werden muß, erfordert eine ganz gewaltige Anstrengung.
Uebrigens sucht Hulbe meist dadurch das Resultat der Prägung
dem des Treibens zu nähern, daß er das dem Leder zu gebende
Reliefmuster zunächst in Leder modellirt, hiervon ein Negativ in


Abbildung Nr. Z76. Großer Prunkschild mit Hamburger Mappen.

Gips nimmt und dieses erst in Metall abgießt. — Bei allen
diesen Techniken muß man natürlich von vornherein eine große
Sorgfalt auf die Güte des zu bearbeitenden Leders legen, da sie
ein wesentliches Bedingniß zum glücklichen Zustandekommen guter
Arbeiten ist. Leider muß es gesagt werden, daß Hulbe hierbei
recht schlechte Erfahrungen mit dem deutschen Leder hinsichtlich
seiner Widerstandsfähigkeit gemacht hat, so daß er jetzt fast sein ge-
sammtes Material trotz der Höhe des Zolls aus England bezieht.

Hand in Hand mit der plastischen Ausschmückung des Leders
geht aber auch die malerische. Bei der Treibtechnik beginnt sie
unmittelbar nach der Fixirung des Reliefs im Rohen. Das wich-
tigste und dauerhafteste Färbemittel des Leders ist die Beize, meist
eine mit Wasser verdünnte Seifenlauge. Die Beizung, die einem
Verbrennungsprozesse gleicht, vermag dem Leder einen wärmeren,
-unkleren Ton, den des Alters zu verleihen. Hier ist hinsichtlich
der Tiefe ein großer Spielraum gelassen. Man kann vom leichtesten
Gelbbraun fast zum Schwarz gelangen, an ein und demselben
Gegenstände die ganze Abschaltung zwischen diesen beiden End-
punkten zur Anwendung bringen, und auch, indem man die nicht
zu beizenden Stellen mit Schellack deckt, den Grund aufs Alarste
vom Ornamente, die einzelnen Theile der Zeichnung selber von
einander trennen. Die Bemalung vermag dann der Reliefarbeit
ein reicheres Leben zu verleihen. Sie erfolgt mit besonderer Be-
rücksichtigung der Farbe des Leders, wird in den besseren Arbeiten
möglichst gedämpft und eingeschränkt, daß der schöne, warme,
sympathische Ton des Leders selber möglichst zur Geltung komme.
Die Farben, namentlich die metallischen, werden daher oft nur
ganz leicht mit dem Finger auf die Fläche gerieben, daß sie
nachher wie aufgestäubt erscheinen, Gold und Silber oft durch
Lacküberzug oder Einreibung mit schwarzer Farbe, die nachher
beim Wiederabreiben nur in den Vertiefungen haftet, um ihnen
ein älteres Aussehen zu geben, in ihrem frischen Glanze gebrochen.
Zn den strengen stilisirten Mustern geht die Farbengebung zwar
in der Regel von der Natur aus, bleibt aber im Ton konventionell;
enger an die Natur halten sie sich in den modernen, naturalistischen

Entwürfen. Doch erlaubt sich auch hier Hulbe nach dem Muster
des klassischen Volkes der dekorativen Aunst, der Japaner, dem
künstlerischen Gesammteindrucke zu Liebe manche Freiheiten.

Die Farben, die hierbei angewandt werden, sind natürlich
Oelsarben, die mit Lack grundirt werden. Das Gold ist bei den
besseren Sachen immer echt, sonst wird es durch Silber, das durch
Lack einen intensiv goldigen Glanz erhält, ersetzt. Silber wird
auch als Silber gelackt, um seine sonst unvermeidliche Oxydation
an der Luft zu verhindern. Der Auftrag beider Metalle geschieht
in der Regel auf Leimgrund.

So einfach nun im Allgemeinen auch alle diese Techniken
erscheinen, so sehr erfordern sie doch bei ihrer Handhabung, sollen
sie sich zu ihren höchsten Leistungen aufschwingen, ein wahrhaft
künstlerisches Gefühl für das Spiel der Linien in der Fläche und
des Lichtes auf dem Relief. Das Glück hat gewollt, daß in dem
Wiedererwecker dieser Techniken zugleich sich ein Mann fand, der,
wenn er auch von Haus aus kein ausübender Aünstler war, es
doch verstand, dem wieder zu Ehren gebrachten Materiale wirklich
künstlerische Aufgaben zuzuweisen und diese mit feinstem künst-
lerischem Verständnisse durchzuführen. Zch möchte gerade in dieser
Verquickung beider Elemente einen Hauptgrund sehen für die
beispiellose schnelle Beliebtheit, die die Erzeugnisse dieser neuen
Aunstübung zu gewinnen wußten. Was diese so angenehm von
so vielen anderen aus anderen Gebieten unterscheidet, ist, ganz
abgesehen von ihrem deutlich ausgeprägten Aarakter als Hand-
arbeit, die maßvolle Einfachheit ihrer Dekorirung, die sorgsam
jener schlimmen Ueberladung aus dem Wege geht, an denen sonst
im Allgemeinen unser Aunsthandwerk fast unheilbar zu leiden
scheint, sowie nicht minder das Vermeiden jeglicher äußerlicher
Süßlichkeit, das jenem noch als unheilvolles Erbtheil des Alas-
sizismus geblieben ist. Der stoffliche Aarakter des Leders hals
hier allerdings von vornherein mit. Seine elastische aber zähe
Beschaffenheit erlaubte nicht eine reiche, detaillirte künstlerische
Behandlung und stand auch einem glatten, geleckten Linienspiel
durchaus hindernd im Wege. Seine kraftvolle Erscheinung erforderte


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Thcil eines Plafonds mit Wappen der Städte Lalle, Lappei ^ ^

so wie von selber eine kraftvollere Formensprac^ ^
indeß unserem Meister nicht das Verdienst, da ^
Materials an der Hand von Vorbildern aus gute, ^
vornherein erkannt und berücksichtigt zu haben.

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