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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 6.1895

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Inseraten-Beilage zur "Zeitschrift für Innen-Dekoration"
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Januar-Heft.

5eite I.

Znseraten-Beilage zur „Zeitschrift für Znnen-Dekoration".

Das Ornament des Nokoko und feine Vorstufen. ;2v Tafeln
nach Zeichnungen von Franz paukert, Ad. Lackner, M. Bertram u. A., mit
erläuterndem Texte von Or. Peter Jessen. Leipzig bei E. A. Seemann.

Wenn man von der großen Anzahl von Ornamentbüchern aller Zeiten
auf ein sehr reges Interesse an der Entwicklung des Ornamentes von seinen
ersten Anfängen an schließt, so ist dieser Schluß nicht ungerechtfertigt, denn
nicht nur der Künstler und Handwerker, auch der Laie hat von jeher dem
Reize eines eben so lehrreichen als interessanten Studiums sich nicht ver-
schließen können, und wenn dem noch unsicher Schwankenden von kundiger
Hand eine Stütze in Form eines guten, in seinen Ausführungen möglichst
klaren chronologischen Wegweisers beigegeben wird, so kann dadurch dieses
Interesse nur noch gesteigert werden. Vb sich diese Studien auf das Ornament
im Allgemeinen, auf die historische Folge oder auf eine besondere Stil-
richtung erstrecken, kommt hier weniger in Betracht, die Hauptsache ist und
bleibt die Art und Weise, wie dieselbe dein Publikum vor Augen geführt
wird. Allerdings ist nicht zu leugnen, daß eine Spezialarbeit ein erhöhtes
Interesse abgewinnt, da dieselbe, in sich als Ganzes zusammengefaßt, aus-
führlicher behandelt werden kann, als es bei einer in großen Umrissen an-
gelegten allgemeinen Geschichte der Ornamente der Fall ist. — Eine solche
Spezialarbeit ist das uns vorliegende Werk, welches einein dringenden Be-
dürsniß Rechnung tragend, auf ;20 Tafeln und 23 Seiten erläuterndem Texte
in kurzer klarer, alle bedeutenden Hauptmomente des Rokokostiles mit seinen
vor- und Ausläufen hervorhebenden Schriftweise, vor Augen führt. Die
Tafeln sind mit vielem verständniß mit der Absicht zusammengestellt, das
Ornament des Rokoko in seiner Entwicklung dem praktischen Gebrauche
verständlicher zu machen. Der Name Rokoko ist trotz seiner französischen
Abstammung in Frankreich, wo dieser Stil entstanden ist, nicht gebräuchlich,
die Franzosen benennen die Stilabschnitte seit der Renaissance nach ihren
Königen. Deutschland hat das Rokoko erst viel später von Frankreich über-
nommen und ihm im Anfänge unseres Jahrhunderts den jetzt allgemein
gebräuchlichen Namen gegeben. Das Rokoko ist eine Abart des Barockstiles.
Der letztere äußert sein Beginne» in der Aufnahme der beliebten Kartuschen,
der Verdrängung des anmuthigen Laubwerkes der älteren Zeit in Rahmen
und Flächen und der Ueberwucherung derselben durch das weichliche Rollwerk.
Heinrich IV. und Louis XIII. standen unter dem Einflüße des beginnenden
Barockstiles. Doch griff man bereits in den letzten Jahren Louis XIII.
wieder zur klassischen Kunstrichtung zurück, statt der reichen Kurven ward der
volle Bogen maßgebend, die Decke wird durch wohlprofilirte Rahmen in
geordnete Felder getheilt. An Thüren und Täfelungen verschwinden die Kar-
tuschen und die keck gerollten Umrisse und machen streng rechtwinkeligen
Rahmen Platz. Auch das Füllungsornament greift auf die Antike zurück;
der Akanthus mit seinen vollen Ranken und breitem Laub wird Lieblings-
motiv. Die Hochfüllung wird in der Art der antiken Grotesken komponirt
aber meist voller, dichter und schwerfälliger als in der Wandmalerei der
Alten; hier erhält sich ein barocker Zug. Diese klassische Richtung macht
sich bis tief in das sranzös. Rokoko hinein fühlbar. Die Hauptmeister dieser
Periode sind Jean Lepautre (zs;8—;682) und Lharles Le Brun (zszy—zsAo),
der von Louis XIV. zsso an die Spitze der Staatsmanusaktur gestellt wurde.
Der zweite Abschnitt behandelt den Kurvenstil in der Spätzeit Louis XIV.
Um Z680 waren die barocken Erinnerungen, die in der ersten Periode des Stiles
Louis XIV. nachklangen, bereits verhallt. Das Ornament sucht sich von
der Schwere zu befreien, die Grotesken waren schon nach ;66c> lockerer und
lustiger behandelt. Der Meister dieser Zeit ist Jean Bsrain (ZS38—
dessen Grotesken bis in das Rokoko hinein für die franz. Wandfüllung
maßgebend geblieben sind. Dieser Kurvenstil der Sxätzeit Louis XIV. wird
in der XsASnos nur leicht variirt und in ihm liegt auch der Schlüssel für
das Rokoko. Für die breiten Goldstickereien und Aufnäharbeiten ist der
Kurvenstil mit den geschwungenen und durchschlungenen Bändern wie ge° I
schaffen. Auch das Schmiedeeisen gewinnt durch diesen Stil und besonders j
Bsrain's Entwürfe gehören zu dem Schönsten in dieser Richtung. Durch ^
denselben Meister drang um diese Zeit die Kurvenlust auch in die Geräthe
und Möbel und besonders Andrä Lharles Boulle (zsH2—t?32) der un- I
mittelbar unter BSrain's Einfluß gestanden ist, hat Schönes geschaffen. Auch
außerhalb Frankreichs, besonders in den glänzenden Palastbauten deutscher
Fürsten, hat diese Kurvenornamentik Eingang gefunden und ist namentlich
in der Stuckdekoration aufs Schönste verwendet worden. (Belvedere Wien,
Schleißheim, München, Ottobeuern und Fürstenfeld.) Auch die deutschen,
besonders die Augsburger Silberschmiede, greifen die gefälligen Laub- und
Bandmotive auf.

Der dritte Abschnitt bringt die Meister der LsKsnos (z7Z5—Z723).
Der Stil dieser Periode war schon unter Louis XIV. vorbereitet. Der Haupt-
meister ist Antoine Watteau (;68H—t?2t), dessen groteske Formen sofort die
Fortsetzung der Grotesken Bsrain's erkennen lassen, doch sind die Schwingungen
weicher, die Durchflechtungen zwangloser, es finden sich bei ihm aber noch
keine Elemente des eigentliche» Rokoko: das Muschelwerk und die Unsym-
metrie. Bestimmend für den Stil dieser Periode ist Gilles-Marie-Gppenort
(tS72^;7H2), der Hofbaumeister des Regenten, der seine Studien in Rom
machst, von dort jedoch nicht den Klassizismus, sondern die diesem verhaßten
Formen des italienischen Barockstiles (nach den Bauten von Bernini und
Barromini) nach Frankreich brachte und entwickelte. Die kurze Zeit der
RsAsnes kann nur als Uebergangsstil vom Klassizismus zum Rokoko ange-
sehen werden, man kann ihr keine bestimmt begrenzte Formenwelt zuweisen,
sie ist nur eine Steigerung des Kurvenstiles; was der Sprachgebrauch der
Werkstatt „8til NäAsuss" nennt, ist am deutlichsten aus den Arbeiten des
geschickten Bildhauers und Erfinders Nicolas Pineau zu erkennen. Man
darf sagen, daß die Uebergangszeit zum Rokoko jedenfalls dort endet, wo
das Muschelwerk einsetzt, obwohl Oppenort und Pineau einzelne Muscheln
schon vorher verwenden, ohne jedoch daraus einen allgemeinen plastischen
Stoff zu machen.

Der weitere Abschnitt geht nun zum eigentlichen Rokoko oder Stil
Louis XV. über. Seit dem Jahre ;725 tritt dieser Stil immer entschiedener
auf und bildet sich weiter aus und dauert in Frankreich bis zum Jahre z755,
in Deutschland dagegen bis etwa Z770. Der führende Meister für diesen
Stil ist der Goldschmied Juste Aurel Meissonnier (t6y3—t75v). Der Rokokostil
ist ein Stil des Kunstgewerbes, hauptsächlich der Goldschmiedekunst und der
Dekoration, während sich die Architektur nicht dafür erwärmt. Die Innen-
Dekoration bleibt in Frankreich maßvoller, als man den Formen der Möbel
nach annehmen sollte, erst in den deutschen Schlössern und Kirchen kam das
ganze ungebundene, tolle Formenspiel zum Ausbruch, denn die deutschen
Dekoratöre und Bildhauer hatten nicht die mäßigende Schule des Klassizismus
durchgemacht, sondern sprangen von dem derben deutsch-italienischen Barock
sofort zum wildesten Muschelstile über. Die einheitlichen großen Züge in
den Kurven des französischen Rokoko kennt der Deutsche nicht, er setzt seine
Motive durch einzelne Schnörkel zusammen. Während die französische Innen-
Dekoration ihre Motive uoch symmetrisch bildet, huldigen die späteren deutschen
Künstler unbedingt der Unsymmetrie. Doch können sich dieselben, was kraft-
volle Fülle und Laune der Erfindung anbelangt, den Franzosen ebenbürtig
zur Seite stellen. Line große Rolle spielt im Rokoko das Rahmenwerk, in
welchem sich alle Grundformen mischen, und das völlig auf Kosten der
Füllungen gebildet wird. Auch auf die Möbel und besonders auf das in
der Rokokozeit erfundene Porzellan werden die neuen Formen mit viel Glück
und Geschick angewendet und in der Dekoration der Porzellangegenstände zur
höchsten Blüthe gebracht. Die Gewebe, die zur Zeit Louis XIV. das Granat-
apfelmuster benutzten, zeigen im Rokoko meist natürliche Blumen, das
Muschelwerk dagegen wird vermieden, da man bei dem versuch scheiterte,
das völlig plastische Motiv in die Fläche des Gewebes zu übertragen.

Außer Deutschland kommen die übrigen Länder für das Rokoko nicht
in Betracht. Italien hat sich von seinem nationalen Barock nicht frei gemacht,
in den Niederlanden herrschte um diese Zeit keine selbständige Kultur mehr
und England bietet nur eine staue und unfertige Nachahmung des Rokoko.

Wir scheiden hiermit von dem Buche, das sich durch seine sachgemäße
Zusammenstellung der Tafeln, sowie durch die Präzision und leichtfaßliche
Art der Schreibweise ein Hülssbuch für Jedermann abgibt. Rudolf Storck.

Tartourhen. Schild- und Fassadenmalereien. Herausgegeben von
G. Gnant. 3 Lieferungen. Verlag von Otto Maier in Ravensburg. Voll-
ständig in zo Lieferungen zu je Mk. z.20.

Das Kapitel Schild- und Fassadenmalerei ist durch die Auswahl vor-
trefflichster Motive der deutschen, italischen und französischen Renaissance und
deren Ausklänge, sowie durch prächtige Leistungen unserer Zeit so bekannt,
daß zu hervorragenden Leistungen und für hervorragende Zwecke Neues
und vortreffliches zu bieten, sehr schwierig ist. Nach den vorliegenden
drei Lieferungen des erwähnten Werkes rechnen wir dieselben unter die Zahl
derjenigen, welche für nicht zu große Ansprüche, also für bescheidene Mittel
und zu einfachen Zwecken Stoff bieten sollen. Hierfür genügen die meist
ohne große Eleganz uns erscheinenden Motive. Wir sind gespannt, in welcher
Weise das Hauptkaxitel: Lartouchen in Rokoko behandelt wird; nach den
Formen auf Tafel 8 zu schließen, werden solche keineswegs die Grazie besitzen,
welche wir an den besten französischen Lartouchen gewöhnt. Nüchternes und
derbes Rokoko wirkt stets unschön. Beispiele hierfür sind uns die vor 20 Jahren
noch üblichen Spiegelrahmen. So lange der Handwerksmeister nicht im
Stande ist, vortreffliche Werke über Lartouchen sich anzuschaffen oder solche
zu verwerthen, wird das vorliegende Werk immer noch eine Lücke aus-
füllen müssen. X. 8t.

Die Heinzelmännchen. 29 Zeichnungen von H. de Bruycker. —
Verlag von Artur Seemann, Leipzig. Preis Mk. zs.—. — Der Künstler
will uns in seinen vorerwähnten Bildern das harmlos-sröhliche Treiben des
 
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