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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 6.1895

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Seydlitz, R. von: Der Japanische Stil für die Innen-Dekoration
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https://doi.org/10.11588/diglit.6759#0133

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i

Juni-Heft.

Zllustr. kun st ge wer bl. Zeitschrift für Znnen-Dekoration.

Seite 9?-

japanisch^ -Mtil ftte die ?Dnnen-^Mekoration.

von R. von Sevdlitz.

er Freude und Lust am Schmuck seiner Räume hat,
wer vor Allem solchen Schmuck aus eine wirklich
künstlerische Höhe zu bringen bestrebt ist, dem wird
bald klar, daß er sein Ziel nur erreicht, wenn er den Gesetzen
des Stiles folgt, — es sei denn, daß er das lustige Kunterbunt
des sogenannten Atelierstiles, als
welches nämlich gar keiner ist,
vorzieht.—Zn immer schnellerem
Reigen zogen nun auch deßwegen
in den letzten fünfzehn oder
zwanzig Zähren die verschie-
densten Stilgattungen als Moden
nachgeahmt und neuerweckt an
uns vorüber; ja es schien, als
verfolge man die Stile nach ihrem
Alter. Von der Renaissance an,
bis zum Empire ist mittlerweile
Alles wieder aufgefrischt und
auch wieder bei Seite gethan.

Der historische Stilmodentanz ist
aus; wer nicht einen Zukunftsstil
erfinden will, sieht sich am Ende
der Möglichkeiten. — Mas nun?

So fragte sich Schreiber dieses
vor etwa zehn Zähren, als der
Stilmodenreigen ihm den Kopf
schier wirklich machen wollte;
das heutige Ende war voraus-
zusehen. Barock, Rocaille und
die napoleonischen gräcisirenden
Miederbelebungsscherze waren
vorauszusehen, und sind auch
glücklich eingetroffen und wieder
verweht.

Es ist nicht recht, wenn jeder
historische Stil deßwegen ver-
dammt wird, weil wir modern
gekleideten Leute nicht Hinein-
passen. Vers vermag, soll sich seinen Lieblingsstil wählen, sein
Zimmer damit schmücken, so schön ers kann, — edelste Vorbilder
gibts ja heute die Hülle; und froh und unbehelligt durch ana-
chronistische Scrupel bewohnen. Erlaubt ist, was gefällt; voraus-
gesetzt, daß die Weihe der Kunst darauf ruht. Wer alte Bilder,
Fayencen und Steinzeug sammelt, wird sein Renaissancegemach
darum noch nicht in ein Boudoir in Rococostil umwandeln, bloß
weil dies etwa Mode geworden. Und wer schönes Meißner und
Ssvres besitzt, bringt dies nicht in einer gothischen Hauskapelle
unter, weil etwa eine solche das „Neueste und Feinste" ist.

Aber wer japanische Kunstwerke sammelt? Soll der sie in
einem öden, leeren, mit Papier und Bambus tapezirten Gemach

ohne Behaglichkeit und ohne Möbel aufstellen, bloß weil die
kunstbegabten Söhne Vai-Mxporw sich in solchen unbehaglichen
Scheunen wohl fühlen?

Mit nichten. Denn der japanischen Art der Flächenverzierung
ist eine Eigenschaft angeboren, die unseren europäischen Stilen

sämmtlich versagt ist: es ist stets
nur ein Stück herausgeschnitten
durch die Laune des Künstlers
aus der Natur, fein beobachtet,
sorgfältig hergestellt, und, wie
ein Gemälde,—Selbstzweck. Dies
brachte mich auf den Gedanken,
die japanische Flächenverzierung,
sei es als Hintergrund für eine
Sammlung, sei es um ihres hei-
teren, frischen Karakters allein,
zur Dekoration ganzer Zimmer
zu verwenden. Wände, Plafonds
und Boden (Teppich), Stoffe, Ge-
räthe, Möbel und Möbelbezüge
mußten nun, unter sich in Har-
monie erdacht, mit Benutzung
japanischer Formen, Farben und
Darstellungsweise hergestellt und
verziert werden.

So also, und nicht anders,
waren und sind jene bis vor
einigen Zähren entstandenen ja-
panischen Znterieurs verstanden.
Was unsere europäischen Be-
dürfnisse verlangen, ist daran
europäisch seinem Wesen nach
geblieben; die Zierrathen, das
Muster und die Form im Detail
sind japanisch. Für Zapaner
waren die Zimmer nicht bestimmt,
Europäer aber fanden sich in dem
so neuen Element bald heimisch,
wie die große Zahl der in diesen Zähren angefertigten Zimmer
beweist. Allerdings war es keine Massenwaare und der Kreis
der Znteressenten war ein exklusiver; die Herstellung lag, abgesehen
von reiner Handwerkerarbeit, lediglich in der Hand des Verfassers.
Denn eine Beihülfe war nicht aufzutreiben, der Stil „lag" Nie-
mandem recht, und jedes Detail mußte revidirt und gebessert
werden, an dem eine sogenannte helfende Hand einmal sich mit
mehr Selbstvertrauen als Einsicht versucht hatte. Es war daher
stets eine lange und saure Arbeit; die Freude am Gelungenen
aber haben heute noch die Besitzer ungeschmälert, und hierdurch
also auch der Hersteller.

Nicht alle Besteller gestatteten die Reproduktion, und so können
 
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