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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 6.1895

DOI Artikel:
Jaffé, Franz: Amerikanische Innen-Dekoration, [2]
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Auf den Pariser Boulevards, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.6759#0162

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Seite s20.

Illustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Innen-Dekoration.

Juli-Heft.

Mmerikanischp ?Dnnen -^Mkkorativnen.

Von ^ranz (Schluß von Seite ^.H2.)

Huf den Marifev Boulevards.

(Schluß von Seite ^5.)

Hskronze- und Messinggüsse bewegen sich meist in einfachen Formen,
Eisengüsse vielfach in gothisirenden und romanisirenden,
sehr fein durchgeführten auch Renaissanceformen; hiervon geben
die Treppenpfosten auf Beilage II eine Vorstellung.

Neben der Eingangs erwähnten importirten Maare der
Kunsttöpferei liefert Amerika hierin gleichzeitig originelle und j
schöne Gegenstände. Außer Fabrikaten Deutschlands, Englands
und Frankreichs sowie Japans sind es hauptsächlich diejenigen der
Kootz^ooä-Kotcksry-Oomxany in Lincinnati, welche sich allge- I
meiner Beliebtheit in Amerika erfreuen, obgleich dieselben immerhin !
noch etwas hoch im Preise stehen. Diese Fayencen sind aus den
ersten Blick kenntlich durch die gestammte vielfarbige Glasur, welche
von Gelb durch Gelb-Grün bis Tiefbraun geht und das darunter
liegende dekorirte Gefäß in seinem helleren Ton durchschimmern
läßt. Für die Grnamentirung dieser Gefäße in diesen Merkstätten
wurden früher Japaner herangezogen, neuerdings haben sich
Frauen mit vielem Glück diesem Zweige zugewendet. Es gibt
in diesen Fayencen Stücke von hohem künstlerischem und dem- >
entsprechend materiellem Merthe, die manchmal mit Silber
montirt werden.

Ganz besonders interessant erscheinen in amerikanischen Innen- I
Dekorationen die elektrischen Beleuchtungskörper. Hat man
doch hier sich vollständig von den üblichen Bahnen entfernt und !
wundervolle und eigenartige Gebilde hervorgebracht. Die künst-
lerischen Eigenschaften transparenter Beleuchtungskörper Japans
sind hier ebenso verwerthet, wie auch die Formen der Natur,
namentlich Blumen- und Blüthenformen, in ausgiebigster Meise I
herangezogen sind. Dazu kommt das vorher erwähnte herrliche >
Glasmaterial, welches in seinen opalisirenden Wirkungen wahre
Wunder der dekorativen Kunst Hervorbringen hilft. Der neuen I
Beleuchtungsart entsprechend, welche es gestattet, das Licht beliebig
zu vertheilen und namentlich die Flamme — in diesem Falle die
Glühlampe — in beliebiger Richtung anzubringen, hat man in ^
den Kompositionen der Beleuchtungskörper völlig neue Bahnen !
betreten. Auch hier ist die Firma Tiffany in New-Pork bahn- ^
brechend vorgegangen. Ebenso wie man die Form alter Moscheen-
lampen für elektrische Beleuchtungszwecke dienstbar gemacht hat, ^
hat diese Werkstatt außer durchscheinendem Glase auch andere
durchscheinende Medien, wie Muscheln, Steine usw., zu ihren
Kompositionen verwendet. Berühmt sind jene wundervollen I
Beleuchtungskörper im Hause des Kunstmäcens Havemeyer in
Nerv-Port, welche bei stattfindender Erleuchtung wie große Dolden
schneeiger Blüthen unter der Decke des Zimmers schweben, und
darf in einem späteren Aufsatze auf dieses Thema vielleicht näher
eingegangen werden.

Es gebührt Amerika das Verdienst, künstlerisch selbständig I
im Gebiet der Beleuchtungskörper vorgegangen zu sein, und viel- I
leicht erreichen dieselben in formaler Beziehung eine Höhe, die so ;
leicht nicht übertroffen werden wird, so lange nicht eine andere
Beleuchtungsart überhaupt dem Erfindergenie des kommenden
Jahrhunderts verdankt wird. Stehen wir doch wiederum vor ^
dem großen Räthsel der Tesla'schen Versuche, welche aufs Neue ^
dazu angethan sind, den Schleier von den Geheimnissen der ewigen
Natur zu lüften. Vielleicht wird das nächste Jahrhundert und ^
das nächste Jahrtausend überhaupt keine Beleuchtungskörper in I
unserem Sinne mehr kennen, die Riesenkräfte der Natur werden ^
dem Menschen, auch für die Erzeugung des elektrischen Lichtes,
dienstbar gemacht werden und ein zweiter Prometheus wird vom
Himmel herabsteigen, um den Nächten der Sterblichen zu leuchten!

(Mine ganz außerordentliche Rolle spielen bei der modernen

Wohnungs-Dekoration die mehrtheiligen Paravents und der nur
wie ein einziger hoher Fächer erscheinende Koran. Louis XV. in
verschnörkeltem Eichenholz mit feinen Goldarabesken, darüber ein
großes blumenbesticktes Plüschstück einrahmend, der im Stile
Louis XVI. ganz geradlinig in gewelltem Nußholz mit Stickerei
auf klarem Stoff, oder ganz modern, die in Silber und Farben
gemalte Minterlandschaft in schwarz und goldenem Bambusrahmen
mit Spiegeleinsatz im oberen Theil sind gleichermaßen beliebt.
Für diese Korans hat die Pariserin eine solche Vorliebe, daß
ihrer manchmal ein halbes Dutzend im selben Raume sich befinden,
hier ein kleines Sofa Louis XV. halb verdeckend, dort eine Nische
bildend, in der ein Kreis ganz niedriger Stühlchen in vergoldetem
Bambus stehen, bei denen die Stäbchen der Rücklehne so gestellt
sind, daß sie die Initiale der Hausfrau ergeben. In einem hoch-
modernen Salon dieser Art sicheren Fußes vorzurücken, ist daher
nicht allen Sterblichen gegeben, da aus Schritt und Tritt ein
Möbel im Wege steht.

Auch der nächstfolgende Laden beschäftigt sich mit der
Einrichtung, aber mehr mit der Wand-Dekoration. Wir werfen
einen raschen Blick aus die neueste Tapete in zartem Hell-Lila
mit hoch gepreßten röthlich-goldnen Blüthen dicht bedeckt, auf
einige schöne Gobelins, die als Extraschmuck der Wand glatt
aufzuhängen bestimmt sind, und setzen unsere Wanderung weiter
fort, an einem prachtvollen Blumenladen vorbei, der die Fülle
seiner lieblichen Waare nicht mehr beherbergen kann, weshalb
große Vasen in Fayence und Thon mit Malerei auf jeder
Seite und Amoretten im Kaut-Relief aus hohem obelisk-
artigem Mahagoni-Postament auf die Straße zur Ansicht hinaus-
gestellt worden sind, vor denen die neugierige Menge sich schart,
bald den blühenden Inhalt, bald den kunstvoll gearbeiteten
Behälter bewundernd. Da fällt uns ein Magazin mit Kunst-
bronzen ins Auge. Hier aus rothem Marmorsockel eine Tänzerin,
die beide Hände nach oben streckt, indem sie dabei auf der linken
Fußspitze balancirt, dort ein Eentaur, der die sich sträubende
Sterbliche über einen Fluß trägt rc. An neuen Vorwürfen mangelt
es nie, ebenso wie sich stets geschickte Hände für wohlgelungene
Nachbildung finden. Im Begriff, unsere Wanderung auf dem
Koulovurä äss Itslisus zu beschließen, fesselt noch ein pracht-
volles riesiges Lampenmagazin unseren Blick. Der Fuß der
mannshohen Modelle stellt eine Schlange, einen Flamingo oder
eine knieende Frauengestalt vor, um welche herum Palmen und
Bananen die schlanken Aeste neigen, an denen statt der Früchte
geschliffene buntfarbige Glaskelche für das elektrische Licht sitzen.
Im Hintergründe sehen wir noch einen mächtigen Vorzimmer-
Stehspiegel in schwarzem Ebenholzrahmen, oben mit Perlmutter
ausgelegt und in der unteren Hälfte von geschnitzten Rosen-
guirlanden dicht umwunden. Der obere Aufsatz stellt einen Adler
mit mächtigen Fängen dar, der den Schnabel in den an der
linken Seite befindlichen sichelförmigen Ausschnitt hackt.

Anstrich, für nasfr Wände und W.rnrrn. Zu den
von uns früher mitgetheilten ähnlichen Vorschriften geben wir
noch folgendes Rezept: Einer kochenden Auflösung von lcK
Eisenvitriol in sOO tzZ Wasser werden nach einander hinzugeschüttet
2 gepulvertes Harz, sO Zinkweiß und 8 tzK Roggenmehl.
Unter tüchtigem Umrühren gießt man dem Gemische noch 6H2
Leinöl hinzu und fährt mit dem Rühren so lange fort, bis eine
gleichartige Masse entstanden ist. Mit dieser heißen Anstreich-
masse werden die Wände zweimal überstrichen.
 
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