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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 6.1895

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Schliepmann, Hans: Deutsche Meister des Kunstgewerbes, [4]
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https://doi.org/10.11588/diglit.6759#0182

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Seite sZ6.

Illustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Innen-Dekoration.

August-Heft.

gedacht, oder nur graziös hingestreut sind. Die Bemalung ist
auch hier in den besseren Arbeiten dezent und bleibt bisweilen
ganz konventionell, oft nur in leicht metallischen Farben, die dann
in verschiedenen, den Gegenständen angemessenen Tönen spielen.
Gin bezeichnendes Beispiel ist der mit einem Distelzweig geschmückte
Wandschirm in Abbildung Nr. j69- Reich ausgestattet und breit
entfaltet, greift hier die Pflanze in ihren letzten Ausläufern auch
über die Seitenfelder hinüber. Die Base ist grünlich gehalten mit
Abschätzungen, wie sie die modernen englischen Vasen mit ge-
flossenen Glasuren zeigen. Die Blumenblätter sind silbern, sonst
alles golden in verschiedenen Tönen. Zu den getriebenen Arbeiten
des Straußes bildet der Grund mit dem bloß geschnittenen Streu-
muster einen ruhigen Gegensatz. Andere Beispiele zeigt Abbild. j88.

Die Zeichnungen zu allen diesen Ornamenten werden bei
Hulbe selber in einem eigenen Atelier angefertigt. Ist Hulbe
selber auch von Haus aus kein
Zeichner — er hat erst in Ham-
burg auf der Gewerbeschule, noch
unter Direktor Jessens Leitung,
das Zeichnen betrieben — so
entwirft er doch fast ausnahms-
los die ersten flüchtigen Skizzen
mit eigener Hand, die
dann vom Personal
feines Zeichenateliers
zur praktischen Ver-
wendbarkeit fertig ge-
stellt werden. Wie
alle seine Arbeiter,
sind auch seine Zeich-
ner von ihm selber
herangebildet. Als
Lehrlinge treten sie
bei ihm ein; vier
Wochen dauert die
Prüfung, ob sie für
diesen Beruf sich
eignen, vier Jahre
die Lehrzeit, deren
praktisches Ziel die
Erreichung von
Sicherheit, verbunden
mit Schnelligkeit ist.

AU diesem Zwecke Abbildung ;88. Diverse kleinere Gebrauchs

wird bei jeder Zeich-
nung die für dieselbe

aufgewandte Zeit notirt. Mit den praktischen Ergebnissen dieser
Methode erklärt sich Hulbe sehr zufrieden. Seine Zeichner sind
nachher sehr brauchbar im praktischen Dienste und werden auch
von anderswo sehr gesucht.

Im Nebrigen macht Hulbe ausgedehnten Gebrauch von den
zahlreichen mustergültigen modernen Entwürfen, mit deren Publi-
kation sich einige Verlagsfirmen ein großes Verdienst erwerben,
studirt auch die dekorativen Künstler des Auslandes, z. B. einen
Hadert Dys, Bruno Jones und Walter Trane, wie der
Wandschirm auf Abbildung Nr. s70 zeigt, in dem ein bekanntes
Vignettenmotiv des letzteren in vergrößertem Naßstabe verwendet
wurde. Auch ertheilt er zuweilen deutschen Künstlern Aufträge
zu dekorativen Entwürfen, so namentlich Doepler und Schaper
in Berlin. Die friesartige Tapete mit der Darstellung der fünf
Sinne in Abbildung Nr. s83, die fast ganz in den zartesten Leder-
tönen gehalten ist, ist z. B. nach einem Entwürfe Schapers. Was
soll man aber zu Hulbes Klagen sagen, daß es noch immer schwer
ist, Künstler dieses Ranges zu solchen Arbeiten, die sich in ihren
Augen noch immer nicht des Makels des Ninderwerthigseins ent-

ledigen können, zu gewinnen, und daß sie sich solche Mühen
unverhältnißmäßig hoch bezahlen lassen!

Auf diese Weise hat sich im Laufe der anderthalb Jahr-
zehnte, da Hulbes Werkstatt besteht, ein umfangreiches Studien-
und Vorbildermaterial zusammengefunden, das, wohlgeordnet in
Mappen nach Motiven und der Art ihrer Verwendung, für die
meisten Bedürfnisse sofort zur Hand steht. Man kann aber dies
Gebiet der Ornamentik nicht verlassen, ohne nicht noch eines
Feldes zu gedenken, auf dem sich Hulbe, den Anregungen der
Zeit folgend, ganz besondere Verdienste erworben hat. Hulbe ist
ein sattelfester Heraldiker, die Heraldik sein Steckenpferd. Der
Verein „Herold" besitzt in ihm ein langjähriges Mitglied, mit
dem verstorbenen Warnecke stand er in enger Beziehung und bei
der letzten großen Industrie-Ausstellung in Hamburg trug er für
die geschmackvollste Gesammtleistung in der heraldisch richtigen

Anwendung des Hamburger
Wappens zur Verzierung kunst-
gewerblicher Erzeugnisse den
Preis davon. Diese Vorliebe
für die Heraldik ist seiner Orna-
mentation sehr zu Statten ge-
kommen. Es gibt in der Thal
keinen besseren bezieh-
ungsvollen Schmuck,
als das gut ausge-
führte Wappen. Die
Abbildungen zeigen
zur Genüge, wie oft
Hulbe diesen Schmuck
zur Anwendung
bringt, und welch eine
große karaktervolle
Erscheinung er ihm
zu geben weiß. Man
betrachte nur einmal
das prächtige Ham-
burger Wappen auf
demKaminmantel in
Abbildung Nr. s78.
Es wäre recht sehr
zu wünschen, daß
Hulbe auch in dieser
Hinsicht für Viele

Gegenstände aus Leder, von Georg Hulbe. ermuthigenden

Vorbilde werde.

Wir können die

Besprechung der Hulbe'schen Bestrebungen nicht besser schließen,
als mit der Konstatirung, daß der Erfolg, den sie um ihres Ernstes
willen verdienen, nicht ausgeblieben ist. Nachdem Hulbe im
Jahre j880 in Hamburg seine Arbeiten begann, konnte er schon
s886 in Berlin ein Zweiggeschäft eröffnen, später dann ein zweites
in Frankfurt. Etwa hundert Personen beschäftigt er in seiner
Hamburger Werkstatt, circa fünfzig noch außer dem Hause, immer-
hin eins recht bedeutende Anzahl, wenn man bedenkt, daß es sich
doch hier mehr oder weniger um die Anfertigung von Luxusartikeln,
oder doch wenigstens ziemlich kostspieligen Objekten handelt. Von
Hamburg aus haben sich seine Arbeiten wie seine Techniken weiter
verbreitet, auch schon über große Theile des Auslandes, und seine
Arbeiter selber, die ihm zu Konkurrenten wurden, freilich wohl
noch nicht zu gefährlich. Zu seinen Auftraggebern gehören viele
Fürsten, die beiden ersten Kaiser sind seine Gönner gewesen. Kaiser
Wilhelm II. hat ihn mit vielen Aufträgen beehrt. Auch Japan und
selbst eine schwarze afrikanische Majestät haben bei ihm schon
Bestellungen gemacht. — Möge die Zukunft ihm gleich günstig
gesinnt fein, wie es die Gegenwart ist! — vr. Lrnst Zimmermann.
 
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