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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 6.1895

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Merk, D.: Die Ausstellung von Zeichnungen und Aquarellen für Innen-Dekoration in Karlsruhe, [1]
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Statsmann, Karl: Architektur und Innen-Dekoration, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.6759#0184

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Seite s38.

Zllustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Znnen-Dekoration.

September-Heft.

statten gewichen: auch das eigentlich Technische wurde nur mangel-
haft beherrscht, wie die Katastrophe von Philadelphia s877 aller
Welt verkündigen mußte. Der erste Schritt zu besseren Zuständen
war die Heranbildung tüchtiger Arbeiter. Hierbei kräftig mitzu-
wirken, waren die Kunstgewerbeschulen und die verwandten Fach-
anstalten berufen. Daß diese ihren Theil der Aufgabe gelöst,
lehrt die Vergleichung unserer Erzeugnisse mit den vor wenigen
Jahrzehnten ent-
standenen , das
zeigt insbesondere
auch ein Blick auf
die bevorzugte
Stellung unseres
Kunstgewerbes in
seinemWettkampf
mit dem unserer
Nachbarn, denen
während der letz-
ten Jahrhunderte
ein günstigerer
Stern auf dem Ge-
sammtgebiete na-
tionaler Arbeit ge-
leuchtet hat.

Zn Baden ist
der gewaltige Un-
terschied zwischen
Ehemals u. Jetzt
besonders in die
Augen springend.

Vor Allem sind
hier auch die beiden Hauptindustrien des Landes, die pforzheimer
Goldwaarenindustrie und das Schwarzwälder Uhrmachergewerbe,
in ein mehr künstlerisches Fahrwasser gelenkt worden. Dort finden
wir jetzt statt herkömmlicher, mehr oder weniger geschmackloser
Formen oder vom Auslande erborgter Motive früherer Tage
zahlreiche eigene Schöpfungen, die ein ausgedehntes Studium
sowohl der Naturmotive, als der besten Vorbilder aller Stil-

perioden verrathen. Statt des früheren wild-naturalistischen Thier-
und pflanzenwerkes zeigen die heutigen Schwarzwälder Uhrenkasten
und Schilde meist geschmackvolle an die verschiedensten Stile sich
anlehnende Durchbildung. Andere Industriezweige, die kaum noch
vegetirten, sind neu belebt, einzelne wieder ins Leben gerufen
worden. Zn Villingen und Kandern weist die Kunsttöpferei
bedeutsame Anfänge auf, in Freiburg, Heidelberg, Karlsruhe und

Gffenburg hat sich
die Glasmalerei
Wirkungsstätten
errichtet, die in
ihren Leistungen
mit viel älteren
AnstaltenihrerArt
wetteifern. Of-
fenburger Kunst-
schmiede-Arbeiten
waren für werth
befunden worden,
das s)ortal der
deutschen Abthei-
lung inEhicagozu
schmücken. Seinen
Glanzpunkt ent-
faltet das badische
Kunstgewerbe in
denzahlreichenvon
der Kunstgewerbe-
schule in Karls-
ruhe entworfenen
und von einhei-
mischen Künstlern ausgeführten Ehrengaben und Festgeschenken.—
Einen wichtigen Markstein in der Entwickelung des badischen Kunst-
gewerbes bildet die Gründung des Kunstgewerbevereins im Zahre
j883. Der Absicht entsprungen, durch Zusammenfassung aller Kräfte
einschlägige Aufgaben allgemeinerer Art zu lösen, für die weder
der Staat noch die Kunstgewerbeschule die berufenen Organe sind,
sodann nähere Fühlung herzustellen zwischen den Kunstgewerbe-

Kopfleiste, entworfen von Professor Max ksonegger in Leipzig.

Mrchitektnr und Dirnen-^Mekvratwn.

Plauderei von Karl Statsmann, Architekt. (Fortsetzung d. August-heft.)

-as Haus selbst ist nun Selbstzweck geworden, nicht bloß
seine Ummantelung. Aus der besonderen Gruppirung
der Räume ergeben sich reizvolle Formen des Bau-
äußeren: Erker, Altanen, Loggien, verschiedenartige Fenster,
Giebel, Thürmchen rc., sowie entsprechende Einzelheiten als Holz-
schnitzereien, Schmiedeeisensachen rc. rc.

Was für die modernen Bestrebungen auf dem Gebiete des
Wohnhausbaues in seiner äußeren Ausbildung gilt, hat auch
Geltung für die Errichtung und Einrichtung des Wohnungsinneren.
Kein praktischer und feinfühlender Baukünstler wird sich heute
noch scheuen, das Gute in den Rahmen unserer Verhältnisse auf-
zunehmen und käme es auch übers Meer her. Amerika gerade
hat uns belehren müssen, daß wir, denen das Gute doch so nahe
lag an herrlichen, einheimischen Vorbildern, letztere bei uns, nicht
nur in Ztalien studiren sollen, und daß in unserem Vaterlands
und seiner Vergangenheit ebenso wie in seiner Eigenart „die
starken Wurzeln" seiner künstlerischen Kraft ruhen. Die Zweck-
mäßigkeit und Wohnlichkeit solle der Schönheit des Hauses ent-
sprechen, d. h. letztere solle aus ersteren hervorgehen und sich
harmonisch mit ihnen verbinden; diese Forderung scheint das
Leitmotiv zu werden — und mit Recht — für den modernen
Wohnhausbau. Damit nähern wir uns eher wieder dem antiken

Wohnungsideal oder richtiger dem antiken Kunstideal. Beim
rechten Lichte betrachtet, erscheint uns auch unser einheimisches
Bauernhaus eher Vorbild sein zu können für das bürgerliche
Wohnhaus als ein Palazzo. Unserer Eigenart und unseren Lebens-
gewohnheiten entspricht für einfachere Verhältnisse letzterer doch
nur wenig. Nicht die Größe und Regelmäßigkeit der Wohnräume
allein machen diese traulich, sondern der Schick in ihrer Anordnung
und Wechselbeziehung, der Rhythmus des Ganzen an Stelle der
Symmetrie. Daraus geht schon an sich hervor, daß auch im
Aeußeren des Bauwerks die Symmetrie und durchgehende senk-
rechte und wagrechte Linien nicht stets und nothwendig sich ergeben.
Hatte man früher einer schönen und regelmäßigen Fassadenbildung
zu Liebe Gesimse gerade durchlaufen lassen, die Front des Hauses
in Säulen- oder Pfeilerordnungen getheilt und auf eine möglichste
Gleichheit oder Ähnlichkeit der Fenster gehalten, die Dachtrauf-
kante wagrecht abgeschlossen und das Dach selbst wenig belebt,
auch bei reicheren Bauten zuweilen sogar das flache Holzzement-
dach gewählt aus Ersparniß, so geht man jetzt wieder mehr
darauf aus, die Fassaden nach dem Hausinnern zu gestalten, also
Fenster dahin zu setzen, wo sie innen praktisch sind, ihre Form
auch darnach einzurichten und äußere Gesimsbildungen als von
sekundärer Bedeutung zu gestalten. Wenn dadurch die Bauten
einen sogenannten malerischen Eindruck Hervorrufen, so ist dies
gewiß kein Vorwurf. Daß eine ähnliche Wirkung durch solch
individualisirende Gestaltung des Bauwerkes auch bei seiner Znnen-
Dekoration hervorgerufen wird, zeigt uns eine spätere Betrachtung.
 
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