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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 6.1895

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Pariser Neuheiten in Strohdecken, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.6759#0195

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September-Heft.

Zllustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Znnen-Dekoration.

Seite

pariser Meuheiten in -ZHtrvhdecken.

Als ungemein praktisch haben sich die Strohmatten erwiesen
und ein Beweis für ihren reichlichen Absatz ist, daß immer neue
Muster darin herausgebracht werden. Das Interesse des Publikums
wird dadurch wachgehalten, denn bekanntlich genügt es nur in
seltenen Lallen, daß ein Gegenstand praktisch allein ist, daß er
auch hübsch und gefällig sich dem Auge präsentirt, ist ein Haupt-
erforderniß speziell in Frankreich, wo es allmählich zur lieben
Gewohnheit geworden ist, auch an diejenigen Sachen, die sich
bisher ausschließlich durch ihre Nützlichkeit auszeichneten, diesen
Anspruch zu stellen.

Unter den Dessins fallen hauptsächlich zwei Arten auf, solche
mit steifen Linien und Arabesken im byzantinischen oder pompe-
janischen Geschmack und solche mit reichem Blumenmuster im hoch-
modernen Genre. Erstere
sind leichter verwendbar,
zumal sie vorzugsweise
auch in den Farben grau,
braun in sämmtlichen
Schattirungen, rothbraun
und mattblau zu sehen
sind und sich eher jeder
Einrichtung anpassen,
letztere sind hübscher,
freundlicher, mit schwung-
vollerer Zeichnung und
lebhafterer Nüancirung.

Ein weiterer Unterschied
besteht darin, daß bei der
erstgenannten Kategorie
meist jeder Strohhalm
anders gefärbt und auch
verschiedenartig ver-
schlungen ist, während bei
den andern das Muster
einfach auf glattes Flecht-
werk aufgedruckt wird.

Noch einen zweiten Unter-
schied aber kann man bei
den neuen Strohmatten
bemerken. Ein Theil der-
selben ist nämlich gefloch-
ten und ein Theil genäht.

Zn die erste Kategorie ge-
hören Matten mitSchach-
brettmuster in ganz neuer
Art für den Rand und
einfarbiger Mitte, solche mit breiten durchgehenden Streifen ver-
schiedener Farbe oder auch karrirte. Für letzteres Genre zeigt
sich jetzt größeres Interesse; die Farben werden sehr lebhaft ge-
wählt, große Larreaus einer Nüance wechseln mit solchen einer
anderen ab und darüber gehen noch in sehr weiten Abständen
seine Doppellinien, die über dem ersten noch ein zweites Muster
bilden. Auch hier bleibt die Mitte oft glatt und nur der breite
Rand ist farbig oder nur die dünnen Streifen ziehen sich über den
Mittelraum hin, während die großen Earreaus für die Einfassung
verbleiben.

Die eleganteren Strohmatten, speziell die Läufer, werden noch
immer gern leicht in Kreuzstich, gewöhnlich mit brauner Molle,
ausgenäht, sind dann allerdings sehr hübsch, aber weniger praktisch
als die anderen. Das hat den Fabrikanten die Idee eingegeben,
das Kreuzstichmuster durch bunte durchgezogene Strohhalme zu
imitiren, und zwar wählt man zumeist die Farben roth und blau,
braun und gelbrosa.

Zu den Mustern für Läufer hat man im Allgemeinen eine
sehr große Auswahl, welche die der anderen Decken hinter sich läßt.
Man bringt dieselben nämlich nicht nur für Treppen in Anwen-
dung, sondern auch für Warte- und Badezimmer. Für den Sommer
sind einfache, leicht transportable Einrichtungen ganz in Stroh
für den Landaufenthalt zusammengesetzt worden, bei denen die
Malten, mit denen der ganze Fußboden bedeckt wird, aber be-
sonders auch die Läufer, die man in sehr originellen Mustern mit
kleinen Landschaften, Still-Leben rc. hat, eine große Rolle spielen.
Besonders beliebt und von eigenartiger Wirkung sind auch breit
gestreifte mit dünnen Earreau-Linien noch darüber. Eine Novität
sind Strohmatten, abwechselnd aus einem festen und einem durch-
brochenen Streifen gearbeitet, gleichsam als ob nur Läufer in
mehreren Reihen nebeneinander liegen und unter einander durch
lose Halme verbunden sind. Freilich sind sie weniger praktisch

als die anderen, aber was
fragt die Mode darnach?

Sehr hübsch sind auch
Decken mit breiter, aus
dicken Halmen geflochtener
ä jcmr-Borte. Dieselben
werden weniger für Fuß-
böden denn als Wand-
decken, hinter den Wasch-
tisch beispielsweise zum
Schutze der Tapete zu
nageln, verwandt und er-
wächst ihnen hier nur
eine Konkurrenz in den
mosaikartig an einander
gefügten, sehr feinen so-
genannten chinesischen
Matten. Dieselben sind
meist in hell zu sehen;
einzelne lange, gefärbte,
stark glänzende Halmesind
durch das dichte Geflecht
in größeren Zwischen-
räumen lose aufliegend
hindurchgezogen und bil-
den darauf Sterne; rothe,
blaue und grüne in sehr
lebhafter Schattirung,
bald kleinere und bald
größere wechseln mit
einander ab. Man wählt
dazu vorzugsweise die
jetzt modernen Nüancen,
wie flaschengrün, himbeerroth, tabakbraun, lauchenblau rc., wo-
durch die Sachen auch leichter zu einer jeden Zimmer-Einrichtung
passen, die, wenn im neuesten Geschmack, auch unfehlbar in einer
dieser Farben gehalten ist. Zur Borte, die, neuestem Dekret zu
Folge, wie plissirt oder gekreppt erscheinen soll, werden sämmtliche
der angewandten Nüancen vereint. Sehr hübsch sind die Decken
mit wie Mosaik erscheinendem, ganz engem, feinem Muster, das
sich für die Bordüre merklich vergrößert, ferner solche mit schräg
aber regelmäßig durchgezogenen dickeren Halmen einer abstechenden
Farbe. — Die Mode der schmalen, langen, lediglich als Wand-
schmuck aufzuhängenden Wandläufer mit zierlicher Malerei, oft
mit fächerartigen Auflagen zum Hineinstecken von Fotografien rc.,
kommt ebenso wieder aus wie die der riesigen Fächer als Wand-
schmuck sowohl als auch als Ofenschirme rc. Meist werden die
Läufer in leichten Arabesken längs dem Rande bemalt und der
Mittelraum frei gelassen oder ein einziger zartgefärbter Rosen- oder
Apfelblüthenstrauß legt sich quer über das Ganze hinüber. <schi»ßs.uL)

Abbildung Nr. 200. Wand-Gemälde im Saale der Brauerei Döpfner in Karlsruhe.
 
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