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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 6.1895

DOI Artikel:
Jaffé, Franz: Amerikanische Kamine
DOI Artikel:
Statsmann, Karl: Architektur und Innen-Dekoration, [4]
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https://doi.org/10.11588/diglit.6759#0225

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November-Heft.

Illustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Innen-Dekoration.

Seite

und es sind Schöpfungen entstanden, die, wie die vorliegenden
Abbildungen bezeugen, als originelle und architektonisch werth-
volle zu bezeichnen sind.

Als künstlerische Materialien kommen in erster Linie und
bei den einfachsten Ausführungen Verblend- und Hormsteine, später
Terrakotten, glasirte Fliesen und Fayencen in Betracht; ebenso
finden jedoch Marmor
und andere Natursteine,
namentlich Onyx, neben
den vorher genannten,
meist in ausgezeichneter
Güte hergestellten Pro-
dukten der amerika-
nischen Keramik, zur
Bildung der Vorder-
fläche des Kamins ihre
Verwendung. Die Ein-
rahmung der tafel-
artigen Fläche geschieht
in den meisten Fällen
durch Holztheile, Friese
in reicher Schnitzerei
und durch Pilaster- und
Karyatiden - Bildungen,
die seitlich angebracht
werden und welche in
aufwärts weitergeführ-
ten Architekturtheilen
begrenzende Theile für
die Oberwand bilden;
zuweilen wird die Um-
rahmung durch Metall-
theile gebildet, welche
leistenförmig das Ganze einfassen und bei großen Anlagen dieser
Art auch zu Untertheilungen herangezogen werden.

Zu reichster künstlerischer Entfaltung gelangen die Kamin-
bildungen dort, wo farbige, glasirte Platten und Architekturtheile
zur Verkleidung der Vordersläche herangezogen werden wie auf

den Abbildungen Nr. 233 u. 238. Hier wie überall, wo es sich
um amerikanische Verblendtechnik handelt, fällt die außerordent-
liche Akkuratesse der Ausführung ins Auge, neben einer künstlerisch
hoch entwickelten Behandlung des Ornaments. Die Abbildung auf
Beilage II zeigt einen Kamin, welcher aus Verblendsteinen hergestellt
ist und dessen obere Front aus sogenannten küuoy- briolrs oder

oruumsutsl briolrs be-
steht, flachen Platten von
sO : sO bis 25 : 25 om
Größe bei 6 om Stärke.
Diese Terrakotta-Plat-
ten werden aus luft-
trockenem Thon durch
hydraulische Pressung
erzeugt vermittelst eines
Preßstempels, welcher
ein erhabenes Muster
zeigt;. die Ornamenti-
rungsart ist die des
Noäsru Komuuss^us,
jener in Amerika durch
Richardson ins Leben
gerufenen neu-amerika-
nischen Stilart, welche
sich auf normännischen
und provencalischen
Motiven aufbaut und
in ihren Anklängen an
romanische Vorbilder
eigenartige Gebilde zu
schaffen versuchte. Auch
das obere Gesims des
Kamins zeigt eine solche
Ausbildung, ebenso wie das über dem Kamin befindliche bunte,
durchscheinende Glasfenster mit seiner Halbbogen-Nische und seiner
Sohlbank an romanische Motive erinnert. Die gesammte obere
Umkleidung ist, wie die Abbildung zeigt, aus Holz. — Sind es einer-
seits Verblendziegel dieser Art, welche zu besonders ansprechenden

Abbildung^Nummer 220. Vauiin mit Scitcnbüffets in einem Speisezimmer.

wirkt nüchtern und schadet der Stabilität des Geländers. Ueber
originell gebildete Ansangspfosten entnehme man schöne und weiter
anregende Motive dem Krauth'schen Schreinerbuche. Traillen
aus eckigen Stäben oder aus gemusterten und ausgesägten Brett-
stücken werden wieder beliebt. Bei Anwendung von schmiede-
eisernen Treppengeländern wird oft noch der Fehler begangen,
daß Eisentheile der Ornamente gegen die Treppe herausgedreht
werden und störend wirken; auch sind Ranken in der Nähe der
Stufen vorsichtig zu verwenden. Durch geeignete Färbung erhalten
diese Gitter zuweilen ein Ansehen von Zierlichkeit, Freundlichkeit
oder Würde. Eine grüne Tönung des Eisens wirkt gefällig.
Bei Holztreppen wird eine schöne Wirkung erreicht durch Orna-
mentirung der Setzstufen, also des senkrechten Theils der Stufen,
entweder durch Aufschablonirung oder Aus sägearbeit. (Letztere
natürlich nur zu verwenden, wenn durch sie die Treppe nicht licht-
durchlässig wird!) Das Behängen der Treppengeländer mit bunten
Teppichen und Guirlandenschmuck anläßlich eines Hausfestes dürste
öfter wieder versucht werden. Auch Dekor durch farbige Ampeln.

Bezüglich der Dekorirung der Treppenhaus-Wände, -Bögen
und -Decken können bestimmte Normen nicht gegeben werden, doch
sei es Sache des Baumeisters, schon im plane aus eine stimmungs-
volle, würdige Architektur des Treppenhauses Bedacht zu haben.
Was schön zum Dekor desselben sei, bleibt dem Geschmacks des
Einzelnen überlassen; der rechte Mann wird stets dazu das Rechte
finden. Soll nicht gerade das Treppenhaus Prunkstück an sich
schon sein, dann wird man seinen Dekor mit weisem Maße zu

gestalten haben, damit das Treppenhaus in seiner Wirkung die
Wohnräume selbst nicht beeinträchtige und übertreffe. Immerhin
aber wird es in seine Rahmen auch die Plastik und Malerei auf-
nehmen können. Reizvolle landschaftliche Motive, auf Treppen-
hauswänden angebracht, werden den Eindruck der Weiträumigkeit
des Treppenhauses Hervorbringen, ohne vielleicht im Einzelnen
allzusehr zu fesseln. Als Unterbau für reichere architektonische
Wandgliederung der Treppenhäuser steht trefflich Sockelbildung
aus Stuck- oder echtem Marmor, von letzterem besonders der
blaugraue belgische, der graubraune und bei reicherer Aus-
bildung der schwarze goldgeaderte. Vielleicht äußert der eine
oder andere Leser, solcher Schmuck der Treppenhäuser sei fürstlich
und gehöre nicht in Miethswohnungen. Kann man ihn aber
haben und wird sich der Baumeister in den Willen der Bauherren
und Miether fügen — weshalb denn nicht? Wünsche man nicht,
daß der Luxus gänzlich aufhöre; Niemand wird letzteres im
Interesse von Kunst, Handwerk und Fortschritt wünschen wollen!
Wir wollen keineswegs die Prachtentfaltung der Wohnungen
gemieden wissen, weder in architektonischer noch kunstgewerblicher
Hinsicht. Wir eisern nur gegen Verlogenheit und Halbheit, gegen
unpassende, unverstandene Anwendung von Zierformen und
Surrogaten und dagegen, daß man es vielfach nicht wagt, selbst
den Schmuck der eigenen Wohnung nach eigenem Ermessen zu
finden und zu bestimmen. — „Man nimmt die Menschen gerne
für das, was sie sich (konsequent) geben, aber sie müssen sich
auch für Etwas geben." — (Fortsetzung sei» ns.)
 
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