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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 7.1909

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Heft 4
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Chronik
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https://doi.org/10.11588/diglit.4599#0200

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der

haben, ist wahr. Aber es kam auch Knackfuss in Frage,
Justi hatte Aussichten und es ist sogar der vortreffliche
Gustav Pauli in Bremen sondiert worden. Abgemacht
war aber noch nichts; denn wäre Werner bereits ernannt
gewesen, so gäbe es jetzt einen Fall Werner zu erledigen.
Um so grösser ist die Blamage nun für die voreiligen
Opportunisten, die in kunstwissenschaftlichen Monats-
heften nicht schnell genug ein bekränztes,,Willkommen"
für Werner über die Türen der Nationalgalerie an-
bringen konnten und die ihre schlotterichte Haltung nun
als ganz feine politische Klugheit hinstellen möchten.
Es wird sich fragen, ob die Lehren dieses Jahres den
Deutschen im Gedächtnis bleiben. Der politische Sieg,
der es Hugo von Tschudi nun ermöglicht, eine gross
begonnene Arbeit fortzusetzen, wiegt federleicht, wenn
nicht allgemein die tieferen Gründe begriffen werden,
die diesen Erfolg für die deutsche Kunst wertvoll machen.
Solange man - wie aus dem öden Gejanke über die
dummen Reichstagsbilder geschlossen werden kann -,
befürchten muss, dass Tschudi aus der Nationalgalerie
schon vertrieben worden wäre, wenn anstatt des Kaisers
die Majorität der Volsvertreter zu bestimmen hätte,
solange darf von einem festen Vertrauen zur stetigen
Entwickelung der guten modernen Kunst auch jetzt
noch nicht die Rede sein.

Auf dem Steinplatz in Charlottenburg soll ein Denk-
mal errichtet werden. Vor Jahren schon hatte sich ein
Komitee gebildet, das der Stadt den Brunnen von Gaul
schenken wollte, dessen schönen Entwurf wir im III. Jahr-
gang, Seite 207 abgebildet haben. Damals fehlte es an
Geld. Jetzt hat der Magistrat etwa joooo Mk. bereit
gestellt und es sind im ganzen ungefähr 70 000 Mk. zu-
sammen gekommen; eine Summe also, die für den Zweck
vollkommen ausreicht. Nun aber, wo man etwas Gutes
erhofft, taucht die unglückselige Idee auf, an Stelle
eines künstlerischen Schmuckbrunnens ein plastisches
Etwas zu machen, das an den Freiherrn von Stein er-
innert. Ein Siegesalleegedanke also. Hoffentlich er-
wacht zur rechten Zeit noch in den Charlottenburgern
der edle Ehrgeiz, es den Berlinern nicht im lehrhaft Re-
präsentativen gleich zu thun, sondern sie im rein
Künstlerischen zu übertreffen. Der Steinplatz ist in
seiner nach allen Seiten offenen Unbegrenztheit ein so
unglückseliges Gebilde moderner Stadtbaukunst, dass
es grosser künstlerischer Gestaltungskraft bedürfen wird,
um darauf mit einem Denkmal nur eine halbwegs mo-
numentale Wirkung zu erzielen. Das einzig Aussichts-
reiche ist es darum, den Auftrag entweder dem schon
engagierten Gaul zu geben und ihm volle Freiheit zu
lassen, oder eine gut dotierte Konkurrenz unter einem
halben Dutzend dazu eingeladener Bildhauer zu ver-
anstalten. Die Namen der in diesem Fall in Betracht
kommenden Künstler wären leicht zu nennen.

Paul Ranson, ein dem Gauguinkreise nahestehender,
kunstgewerblich gebildeter Maler hat in Paris, in der
Rue Henri Monnier 21, eine moderne Akademie er-
öffnet. Die Lehrer sind Pierre Bonnard, Maurice Denis,
George Lacombe, Aristide Maillol, K. Roussel, Paul
Serusier, Th. van Rysselberghe, Felix Valloton, Ed.
Vuillard und Ranson selbst. Das Honorar für Maler be-
trägt 50 Fr. für den Monat und für den ganztägigen,
2? Fr. für den halbtägigen Unterricht; für Bildhauer
beträgt es 60 und 40 Fr.

Es sind zwei Irrtümer zu berichtigen, r) DasBildchen
Feuerbachs aus der Sammlung Arnhold (Mädchen-
porträt), wovon Hugo von Tschudi in der Oktober-
nummer, Seite 1 3 gesprochen hat, ist nicht das auf Seite
14 abgebildete; das der Beschreibung entsprechende Bild
ist vielmehr im Novemberheft, Seite 86 reproduziert
worden. 2) Es sind im Dezemberheft zwei Unterschriften
verwechselt worden. Da Goyas Bildnis Don Llorentes
im letzten Augenblick fortbleiben musste, ist die für
dieses Bild bestimmte Unterschrift unter ein Männer-
bildnis von Terborch geraten. Das Bild Goyas wird
demnächst nachträglich reproduziert werden.

•SS-
Franz Blei wünscht den Lesern folgendes mitzuteilen:
„Ich habe niemals das Machwerk „Priester und
Ministrant" Oscar Wilde zugeschrieben. Was der Ver-
leger einer von mir geleiteten Zeitschrift in seinen In-
seratenteil aufnimmt, für den ich in keiner Weise ver-
antwortlich bin, ist meiner Rezension völlig entzogen.
Von diesem allgemeinen Brauch sollte Herr Meyerfeld,
der so viel weiss, Kenntnis haben. Marcus irrt, wenn
er das Selbstporträt Sickert zuschreibt. Beardsley hat
es vor den Augen jenes Artikelschreibers für den Courier
frantjais gezeichnet".

Darauf antwortet Max Meyerfeld:
„So gern ich davon Notiz nehme, dass Herr Dr.
Blei das Machwerk „Der Priester und der Ministrant"
Oscar Wilde nicht zuschreibt, so leid thut es mir, fest-
stellen zu müssen, dass er in der von ihm herausge-
gebenen Zeitschrift „Die Opale" (S. 172 ff.) zwei No-
vellen von Oscar Wilde: „Die Orangenschale" und
„Old Bishop's" abgedruckt hat, die Wilde ebensowenig
zum Verfasser haben, wie jenes pornographische Er-
zeugnis. Es kann mir also nicht eingefallen sein, Herrn
Blei für den Inseratenteil einer von ihm geleiteten Zeit-
schrift verantwortlich zu machen, da ich ihn nicht ein-
mal für deren Inhalt verantwortlich mache."
Und Marcus Behmer antwortet:
„den „Courier frangais" dürfte man wohl nicht mit
Unrecht als ein Kosthäppchen der bewußten „geringsten
Umstände" ansprechen, die den Verehrern nahe sind.
Wer „The Rialto, Venice" (Savoy I, S. 145) und „A
Lady Reading" (Yellow BookI, S. 221) mit dem „Selbst-

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