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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 28.1930

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Heft 1
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Uhde-Bernays, Hermann: Erinnerung an Feuerbach: (geboren am 12. September 1829)
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https://doi.org/10.11588/diglit.7609#0049

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hat, ist interessant genug im Vergleich zu diesem
frühen Hafis. Eine tiefe feuchte Grotte mit in den
Fels gehauenen Stufen, ganz oben weiß glänzend die
ersten Häuser der Stadt hinter Palmen und Zypressen,
Die Felswand ist mit Rosen bedeckt. Ganz unten ein
sprudelnder Brunnen in einer Schale gefaßt. Hafis
sitzt hier mit Behaglichkeit erzählend im Kreise von
Frauen, die mit Krügen kommen Wasser zu holen.
Drei wunderschöne Gestalten, die Hauptfiguren, stehen
am Rande des Brunnens ernst und sinnend voll Auf-
merksamkeit, andere sitzen in der Ferne. Die Stufen
ab und auf sieht man Frauen wandeln, halb zurück-
gewandt, um zu horchen, teils eilig nach Hause stre-
bend.

Ich habe nur die Zeichnung gesehen, die mir indeß
schon den Eindruck einer vollkommen abgerundeten
Compositum gemacht hat. Hoffentlich pholographiert
Herr Hanfstaengl das Bild ordentlich. Von den
Münchner Bildern habe ich außer einem, was in Rom
Photographien worden ist, noch keinen Abdruck. An-
selm hat überhaupt alles Vorhandene vorigen Don-
nerstag mit nach Berlin genommen. Er wird die
Photographien aber wiederbringen und dann stehen
sie Ihnen zu Diensten, so wie alles, was ich noch
erhalte. Die Aquarelle vom projektierten Gastmahl
and der Medea sind jetzt noch in meinen Händen,
doch darf man freilich von denen noch nicht sprechen,
obwohl ich wünschte, daß Sie sie sehen könnten.
Ariosts Garten habe ich nicht gesehen. Es ist ein
Architekturbild, die Figuren klein. Der Hafis in der
Schenke ist seit langer Zeit beim Wirt im goldenen
Kreutz in Versatz für 60 Fl. alldort zu sehen. — Der
Tod des Aretino wohnt unverkauft im Eßzimmer des
Herrn Dr. Stiebel jun. zu Frankfurt. Eine Copie der
Himmelfahrt der Maria von Tizian habe ich neulich
vergessen zu erwähnen, die in der Karlsruher Galerie
hängt. — Die einzige Bestellung der badischen Re-
gierung! --Mit dieser Bestellung und 400 Fl.

ist Anselm damals nach Italien abgereist, 1500 hat
er für das große Bild überhaupt bekommen, und der
Bankier, bei welchem das Geld in Venedig angewiesen
War, kam von Zeit zu Zeit um nachzusehen, ob An-
selm fleißig arbeite. Bei der Gelegenheit ließe sich

vieles sagen. - Betont muß werden, daß Anselm sich
ohne alle Hilfe und Unterstützung herauf gehungert
hat, daß man dem Talent keinen Vorschub geleistet,
sondern nur Tadel und Vorwurf dafür hatte. Ich
habe ihm geholfen, und Ihre Frau was wir nie ver-
gessen werden. - Dies als Paranthese. -

Was seine Farbe betrifft, so hat er anfangs den
Schmutz der Pariser mit großer Genialität nachge-
ahmt, wie Sie am Aretino sehen können. In Venedig
ging ihm Tizian auf, und ich glaube, daß er diesem
am meisten nachgegangen ist. - Man hat sein Co-
lorit viel mit Tizian und Palma Vecchio verglichen,
die Art seiner Behandlung mit Paul Veronese. —
Dies alles waren jedoch nur Durchgangsperioden, er
ist jetzt ganz eigen, ohne alle Nachahmung, nur er
selbst - seine Mischungen sind selbst erfunden und
seine Behandlung vollkommen frei. Er geht von der
Ansicht aus, daß nicht nur die Antike und die Blüte
der Malerei in der Renaissance klassisch sei, sondern
alles zu aller Zeit, was nach der Idee der Schönheit
in sich vollendet ist.

Innerlichkeit, Innigkeit, Wahrheit, tiefe Leiden-
schaft durch ein vollendetes Formtalent verklärt, wird
man ihm nicht absprechen können, am meisten ist
dabei die große Einfachheit anzuerkennen, mit der er
zu Werk geht, stets nur das wesentliche aufgreifend.

Verzeihen Sie diesen Brief. Sie müssen an meiner
völligen Nachlässigkeit sehen, wie sehr ich darauf
rechne, daß wir Freunde sind. Ich denke auch, solch
hingeworfene Brocken sind für Ihren Zweck besser als
eine wohlstylisierte Abhandlung, zu der ich Zeit
brauchte und aus der Sie die Sachen schwer heraus-
nehmen könnten.

Anselm ist Donnerstag nach Berlin mit vielen
Empfehlungen und meinen besten Wünschen. Ich werde
mit ihm wohl noch einmal in München zusammen-
treffen, wo ich all meine Geschicklichkeit aufbieten
will, um Herrn von Schuck zur Bestellung des Gast-
mahls zu vermögen, welches wohl das Bild des Jahr-
hunderts werden würde.

Von Herzen

Henrielte Feuerbach.

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