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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 28.1930

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Heft 7
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Winkler, Friedrich: Die Angebliche Tyrannei Päpstlicher Kunstrichter
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https://doi.org/10.11588/diglit.7609#0315

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A. SISLEY, BRÜCKE VON MORET

AUSSTELLUNG DES KUNST VEREINS IN DÜSSELDORF

DIE ANGEBLICHE TYRANNEI PAPSTLICHER KUNSTRICHTER

VON

FRIEDRICH WINKLER

r Tans Wendland hat in diesen Blättern mit unleugbarer Gabe,
J- gut zu formulieren und Tatsachen von verschiedenen
Seiten in scharfes Licht zu stellen, einem Artikel des „Tage-
buch" anregend entgegnet, in dem dem Kunsthandel schwere
Vorwürfe wegen seiner Vernachlässigung der modernen
Kunst gemacht wurden. Ich verkenne nicht die sachliche
Art der Darlegungen Wendlands, sie machen aber Ergänzun-
gen, ja Richtigstellungen dringend nötig. War in dem angezoge-
nen Aufsatz des Tagebuchs der Kunsthandel an der Not der
zeitgenössischen Kunst stark schuldig, so ist es nach Wend-
land vor allem der Expert, der für die Zwangslage des
Kunsthandels die Verantwortung trägt. Wendland ist Kunst-
händler, und mir liegt nichts ferner, als ihn deshalb der
Befangenheit zu zeihen. Ist er doch auch erfolgreicher Kunst-
forscher. Es scheint, daß er recht hat, wenn er von Auswüch-
sen im Expertisenwesen redet. Seine Ausführungen erwecken
aber den Eindruck, als ob das Gutachterwesen von den Gut-
achtern herbeigeführt worden sei. Zumindest klingt es bei
Wendland so, als ob die Gutachter eine homogene Gruppe
wie der Stand der Kunsthändler seien, die sich den Händlern
und Sammlern gegenüber als solche durchgesetzt haben. Da-

von kann keine Rede sein. Es unterliegt nicht dem geringsten
Zweifel, daß an der gegenwärtigen Lage der Dinge das
liebe Publikum, das die Gutachten verlangt, in erster Linie
schuld ist. Und der Handel hat nur allzu eifrig die Wünsche der
Sammler nach wissenschaftlicher Beurteilung gefördert. Hätte
ein Kunstkenner versucht durchzusetzen, daß nur auf wissen-
schaftliche Gutachten hin von Sammlern gekauft wird, er
wäre rettungslos dem Fluch der Lächerlichkeit verfallen.
Tatsächlich liegen die Dinge doch so, daß heute, in einem
Ausmaße wie früher nie, Fälschungen und Verfälschungen
im Verkehr sind, die die Stellungnahme eines Unparteiischen
nötig machen, daß Kunstwerke zuweilen Werte darstellen,
die man nur nach reiflicher Überlegung und eingehenden
Erkundigungen sich sichern darf. Wendland gedenkt dieser
Gefahren kaum mit einem Worte. Ihm wäre es offenbar das
liebste, wenn es überhaupt keine Gutachten gäbe. Wir le-
ben aber nicht in einer idealen Welt. Das Gutachten an
und für sich ist notwendig. Soviel mir bekannt ist, ist es
äußerst selten vorgekommen, daß jemand sich als Gutachter
anbietet, und der Erfolg wäre wohl auch mehr als zweifel-
haft. Das Vertrauen, die Vorbedingung dieser Tätigkeit, wäre

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