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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 28.1930

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Heft 3
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Auktionsnachrichten
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https://doi.org/10.11588/diglit.7609#0155

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«UKTIONSNACHRICHTEN

BERLINER
VERSTEIGERUNGEN

Die vier Sammlungen, die Cas-
sirer und Helbing zu einer großen
Auktion zusammengetan haben,
stellten an die Aufnahmefähigkeit der Händler- und Sammler-
welt keine geringen Ansprüche. An neunhundert Nummern
wurden ausgeboten. Es schien, als sei die Wahl fast zu groß.
In der Vorbesichtigung drängten sich die Objekte, und es
war nicht zu vermeiden, daß eines dem anderen Eintrag tat.
Aber es war erstaunlich, wie gut sich trotzdem Angebot und
Nachfrage die Wage hielten, und wie sicher die Bewertung
sich vollzog. Mit einer Ausnahme!

Es war vorauszusehen, daß die Versteigerung von Theo-
dor Simons Sammlung chinesischer Grabkeramik zu einer
Preiskatastrophe führen würde. Allerlei psychologische Mo-
mente kamen zusammen, um diese noch vor kurzem recht
beliebten Tonfiguren plötzlich zu einem Stiefkind des Kunst-
marktes werden zu lassen. Einmal ist die Zahl dieser
Tänzerinnen und Kamele, Würdenträger und Haustiere zu
groß geworden, und mit der Masse wuchs das sicher zu-
meist unbegründete Mißtrauen in die Echtheit. Es brach
sich überdies die Erkenntnis Bahn, daß es sich doch um
eine künstlerisch oft ziemlich minderwertige Handwerks-
ware handle. Noch vor kurzem wollte jeder sein T'ang-Pferd
im Salon, und heute will es keiner mehr. So konnte man
zwei wirklich sehr hübsche, stattliche, braunglasierte Pferde
für zusammen 800 Mark kaufen. Auf 3000 waren sie
geschätzt und man soll nicht fragen, wieviel Herr Simon
erst vor ein paar Jahren dafür bezahlen mußte.

Es ist ein Irrtum, zu glauben, an Kunst werde immer
nur Geld verdient. Es wird im Gegenteil viel mehr daran
verloren, als man sich für gewöhnlich eingesteht. Es gibt
nichts Launenhafteres als den Kunstmarkt, und wenn man
nicht gerade das kauft, was eben jetzt die anderen auch
wollen, kann man heut preiswerter kaufen als je. Wer bei
Theo Simon chinesische Grabkeramik in der Baisse gekauft
hat, macht höchstwahrscheinlich ein gutes Geschäft. Denn
die Sachen sind nicht schlechter geworden, als sie waren, und
es gab keinen ausreichenden Grund dafür, daß sie nun im
allgemeinen kaum ein Fünftel der schon vorsichtig ange-
setzten Taxpreise erzielten.

Um so begehrter waren die Majoliken der Frührenaissance,
die mit dem Nachlaß Bodes versteigert wurden. Vielleicht
hat der berühmte Name des Vorbesitzers einiges der Be-
wertung hinzugetan. Man wird immer stolz sein dürfen, ein
Stück aus der Sammlung des Mannes zu besitzen, der diese
Gattung italienischer Keramik erst erschlossen hat. Vor
allem aber hat es sich im Laufe der Jahre gezeigt, daß diese
frühe Ware sich nahezu erschöpft hat. Sie wird im Handel
immer seltener. Wer noch ein Stück zu erwerben sucht, wie
manche Musseen, der fand hier die vielleicht letzte Gelegenheit.
Und Bodes Name gab überdies die erwünschte Garantie der Echt-
heit. So kamen viele Momente zusammen, um die Preise empor-
zutreiben, und es zeigte sich wieder einmal, daß der angeb-

lich allgemeine Geldmangel gar keine Rolle spielt, wenn
Ware angeboten wird, die den Käufern genügenden Anreiz
bietet. So wurde für das schönste Stück der Sammlung, die
doppelhenkelige Vase mit der Harpyie 10000, für das ähn-
liche Gefäß mit dem Fisch 8500, für die Vase mit dem
Harkenornament das Doppelte des Schätzungspreises, näm-
lich 8000 Mark gezahlt. Es würde zu weit führen, andere
Preise im einzelnen zu nennen. Relativ hoch bewertet
wurde nahezu jedes Stück. Erstaunlich teuer wurden auch
die beiden weißgrundigen kleinasiatischen Knüpfteppiche
bezahlt, die von Berliner Kunsthändlern für 265000 und
27500 Mark ersteigert wurden. Wie stark der Name Bodes
wirkte, zeigte sich endlich, als die Restbestände seiner
Bibliothek versteigert wurden. Wie schon vor Jahren bei
Lepke, so wurden auch hier viele Bücher weit über ihren
normalen Tageswert bezahlt, abgesehen davon, daß in kleiner
Auflage gedruckte Sammlungskataloge, die kaum jemals auf
dem Markte erschienen, entsprechend bewertet wurden.

Im Gegensatz zu dem steigenden Interesse für die groß-
zügigen, einfach dekorierten Früh-Majoliken finden die früher
allgemein beliebten und hoch bewerteten Majoliken der
italienischen Hochrenaissance schwerer ihre Käufer. Die
Sammlung Murray, die manche schöne Stücke enthielt,
brachte keinen so überraschenden Erfolg wie die Sammlung
Bode. Besonders reiche Stücke aus Deruta mit dem be-
kannten Lüster wurden ziemlich gut bezahlt, die große
Schüssel mit dem Hieronymus brachte 7050, die Schüssel
mit dem Brustbild einer Dame 3800, ein Teller von Meister
Giorgio Andreoli aus Gubbio 3900, Der prachtvolle Sieneser
Krug 7800, eine frühe Florentiner Vase 3750 Mark. Aber
man konnte bei Murray auch recht billig kaufen, billiger
jedenfalls und besser als in dem üblichen italienischen Kunst-
handel, der mit Majolikafälschungen überschwemmt ist.

Von den Gemälden der Sammlung sei die schöne kleine
Madonna in der Art des Joos van Cleve erwähnt, die mit
14000 Mark nicht zu hoch bezahlt wurde. Unter den Ge-
mälden interessierten sonst am meisten die Veduten vene-
zianischer Meister, von denen Theo Simon eine bemerkens-
werte Reihe besaß. Drei Ansichten des Beiotto kosteten
14000 bis 16000, eine venezianische Vedute des Canaletto
30000, eine andere die in der Sammlung Lanna zum Aus-
gebot gelangte, 29000 Mark. Lannas Greco, ein heiliger
Franciscus, trug 24500 ein, ein hübsches Bildchen von
Cranach mit Herkules am Scheidewege brachte 29000, eine
interessante Grablegung von Januarius Zick 3600, das Brust-
bild des heiligen Georg von Bonsignori 29000, ein Christus-
bildnis von Luini 16000. Erwähnt zu werden verdient end-
lich, daß die Verwaltung der preußischen Schlösser aus der
Sammlung Simon einen schönen Wirkteppich für 18 000 er-
werben konnte, der vermutlich in der Nachkriegszeit aus
der „Jagdkammer" des Neuen Palais verschwunden war.

Wie der Name Bode, so wirkte an anderer Stelle der
Name Marc Rosenberg anziehend auf die Käufer, da die
Schmucksammlung des berühmten Kenners der Goldschmiede-
kunst bei Ball und Graupe versteigert wurde. Die Sammlung
war mehr die eines Gelehrten als die eines reichen Lieb-

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