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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 28.1930

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Heft 3
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Scheffler, Karl: Paul Klee: Ausstellung in der Galerie Alfred Flechtheim
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https://doi.org/10.11588/diglit.7609#0136

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PAUL KLEE, BLUMENSTEG. 1929 PAUL KLEE, POLYPHONE STIMMUNGEN. AQUARELL. 1929

MIT ERLAUBNIS DER GALERIE FLECHTHEIM, BERLIN MIT ERLAUBNIS DER GALERIE FLECHTHEIM, BERLIN

PAUL KLEE

AUSSTELLUNG IN DER GALERIE ALFRED FLECHTHEIM

VON

KARL SCHEFFLER

Tn der umfangreichen Ausstellung, die Flechtheim Paul Klee
zu dessen fünfzigstem Geburtstag gewidmet hat, nachdem
bei Ferdinand Möller schon einige Aquarelle zu sehen waren,
hing ganz am Ende das Aquarell eines Ägyptischen Dorfes
aus dem Jahre 1929. Dieses Blatt ist geeignet, das Verständ-
nis für eine Kunst zu fördern, die bestrebt ist, das Ver-
ständnis künstlich zu erschweren. Dargestellt ist auf grauem
Grund der in schöner Bläue vernebelnde Nil und davor eine
Reihe von Eingeborenenhütten in einem zarten Rotbraun,
das oben im Himmel wie ein abziehendes Abendrot wieder-
kehrt. Es ist nichts auf dem Blatt als die Horizontalbewe-
gung eines Farbenkontrastes. Dieses wenige aber gibt einen
Natureindruck, wenn auch stark und allzu pointiert über-
tragen, wieder. Man denkt etwa an Whistlers Fluß- und
Nebellandschaften. Wie dieser, ist Klee ein Geschmack. Ein
feiner und kultivierter Geschmack, aber auch ein überzüch-
teter, ein etwas damenhafter und zerbrechlicher. Es ist aus
der Natur nur ein Klang gezogen; der aber klingt wirklich.

Neun Zehntel und mehr des Natureindrucks sind vernichtet,
um des verbleibenden Restes willen. — Und dieser Rest
ist wenig mehr als ein leichter Schaum.

Bekanntlich kann man die Anschauungsform eines Malers,
sofern er Talent hat, stets in der Natur wiederfinden. Da Klee
entschieden begabt ist, lohnt sich der Versuch auch bei ihm. Es
wird kein Erlebnis daraus, aber es wird ein Spiel, bei dem
man den eigenen Geist prüfen kann. Kneift man die Augen
genügend enge zusammen, so daß nur noch ein sehr schma-
ler Spalt bleibt, und sieht man von allem Wissen, von allem
Gegenständlichen gewaltsam ab, so lassen sich Bildmotive
im Sinne Klees in der Natur vielfach entdecken. Man sieht
dann nur noch merkwürdig geformte und verteilte Licht-,
Schatten- und Farbflecken, teppichartige Gebilde, die Natur
wird zum eigenwilligen Dessin — und es ist nur eine Fort-
setzung des hübschen Spiels, wenn man diesen blinzelnd
erhaschten Ornamenten einen Titel voll tieferer Bedeutung
anhängt.

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