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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 28.1930

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Heft 11
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Oskar Fischel
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Berichtigungen
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Glaser, Curt: Die Freie Kunstschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.7609#0500

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OSKAR FISCHEL

/"Vskar Fischel, der kürzlich sein sechzigstes Lebensjahr vdll-
endete, ist unseren Lesern durch zahlreiche Beiträge als
kenntnisreicher Kunstforscher wohlbekannt. Er hat seine
Gelehrtenlaufbahn mit einer Arbeit über die Zeichnungen
des Rafael begonnen, und er ist seinem Thema treu ge-
blieben, da er die große Gesamtausgabe sämtlicher erhal-
tenen Zeichnungen des Meisters veranstaltete, in der er
die reifen Erfahrungen eines arbeitsreichen Lebens nieder-

legte. Neben dieser Hauptarbeit hat Fischel viele Gebiete
der Kunstgeschichte als Forscher wie als Lehrer betreten,
und er hat seine besondere Liebe jenen Nebengebieten
künstlerischer Kultur gewidmet, in denen die Entwicklung
der Stilformen sich gleichsam im Spiegelbilde abzeichnet. So
wurde Fischel der Historiker des Theaters und der Mode,
als der er in weiten Kreisen durch Schriften und Vorträge
werbend und aufklärend gewirkt hat.

BERICHTIGUNGEN

Es sind einige Irrtümer im Heft X zu berichtigen: i. Das Schreibung an Frans Hals begegnet starken Bedenken,
auf Seite 431 abgebildete Herrenbildnis ist in dem Buche 2. Unter den Abbildungen der Werke des Bildhauers Ger-
„Das unbekannte Meisterwerk" nicht enthalten; die Zu- hard Mareks ist der Vorname des Künstlers falsch angegeben.

DIE FREIE KUNSTSCHAU

Es ist Sandkuhls Verdienst, daß er durch seine ganz und
gar nicht „juryfreien" Ausstellungen Berlin die Bekannt-
schaft mit wertvollen Erscheinungen junger Kunst aus dem
ganzen Reiche vermittelt. Er hat in diesem Jahre die Gruppe
Basler Maler zu Gast geladen, die sich unter dem Motto
„Blau-Rot" zusammengeschlossen hat. Es sind ein paar aus-
gezeichnete Begabungen, denen durch das Beispiel Kirchners
die Richtung gewiesen wurde, die sich aber keineswegs in
einer schülerhaften Abhängigkeit genügen, sondern sich
selbständig und auf verschiedenen Wegen entwickelten. Ge-
meinsam ist ihnen das Bekenntnis zur Farbe, als dem Grund-
prinzip malerischer Gestaltung, wie es in dem Namen der
Gruppe zum Ausdruck gebracht wird, gemeinsam aber auch
die Beziehung zu Paris, die wiederum keinen von ihnen zum
Opfer der eigenen Art nötigte. Paul Camenisch läßt in
seinen hellfarbigen Bildern deutlich den Weg von einer
unbefangen freien Hingabe an die Welt des Lichtes zu einer
rationaleren Ordnung der koloristischen Bildelemente er-
kennen. Durch Münch, der in der Schweiz starken Eindruck
geübt hat, scheint Coghuf angeregt zu sein, der ein intensives
Erleben unmittelbar in farbigen Ausdruck umzusetzen sich
bemüht. Karl Hindenlang organisiert den farbigen Bau seiner
Fläche mit mehr Bedachtsamkeit. Er nähert sich, wohl auch
hierin von Kirchner angeregt, der Formengebung Braques,
ohne doch im gleichen Maße wie dieser den gegenständ-
lichen Gehalt des Bildes der reinen Flächenrhythmik zum
Opfer zu bringen. Sulzbacher, der von allen vielleicht die
reifsten Ergebnisse aufzuweisen hat, überzeugt vor allem
durch den starken farbigen Glanz seiner Bilder. Ein Aus-
blick durch das Fenster kann an Matisse erinnern, aber es
zeigt sich nur, wie alle Bemühungen um reinen farbigen
Ausdruck endlich zu ähnlichen Ergebnissen führen müssen.
Hans Stocker, der in Paris lebt, erscheint von allen am
meisten französisch beeinflußt. Otto Staiger unterliegt am
stärksten dem Eindruck Münchs und früherer Formungen

Kirchners. Eine phantastisch gesteigerte Landschaft läßt die
besondere Art des begabten Künstlers am klarsten erkennen.

Die Blau-Rot-Gruppe dominiert im Gesamteindruck der
Ausstellung so stark, daß im übrigen ein paar kurze Notizen
genügen mögen. Süddeutschland ist diesmal stärker als sonst
beteiligt. Man sieht von Wilhelm Geyer aus Ulm einen
wenig durchgeformten Flügelaltar, von dem Münchener Wil-
helm Maly unter Münchs Einfluß entstandene Kompositio-
nen, von dem Stuttgarter Stockburger ein verquältes reli-
giöses Triptychon. Einen besonderen Raum erhielten die Bilder
von Wölpe, der in seiner Formbildung an Laermans anzu-
knüpfen scheint. Erwähnung verdient eine große Komposition
von Cleve-Klebers und die geschmackvollen Stilleben der
Ilse Rotzoll sowie das Däubler-Porträt von Eberhard Vie-
gener. In der Skulptur macht sich der Einfluß von Mareks
bemerkbar, der selbst mit einem schönen Porträtkopf des
Malers Crodel vertreten ist. Die großen, etwas ungeschlachten
Figuren des Hallensers S. Weidanz und noch deutlicher die
schöne Gruppe von Müller-Ürlinghausen lassen die neue
Richtung deutlich erkennen. Auch die graphische Abteilung
ist reichhaltig und mannigfaltig. Lithographierte Stilleben
von Wilhelm Heise, dekorativ starke Holzschnitte von Ewald
Matare, schöne Studienblätter von Emy Roeder, durchge-
bildete Radierungen von Gerda Rosenthal-Rotermund mögen
besonders hervorgehoben sein.

Wie seit langem schon, so ist auch in diesem Jahre die
Juryfreie, die sich nun in die zwei Teile der Freien und
der Unabhängigen Kunstschau gespalten hat, die lebendigste
und anregendste unter den Veranstaltungen des Sommers.
Auch sie ist durch die Schließung des Moabiter Glaspalastes
obdachlos und fand eine vorläufige Unterkunft in den wenig
geeigneten Räumen der ehemals japanischen Botschaft am
Platz der Republik, wo die mit viel Liebe und Sorgfalt
zusammengebrachte Ausstellung leider nicht zu ihrer vollen
Wirkung zu gelangen vermag. Glaser.

ACHTUNDZWANZIGSTER JAHRGANG, ELFTES HEFT. REDAKTIONSSCHLUSS AM 17. JULI, AUSGABE AM 1. AUGUST
NEUNZEHNHUNDERTDREISSIG. FÜR DIE REDAKTION VERANTWORTLICH: KARL SCHEFFLER, BERLIN; VERLAG VON
BRUNO CASSIRER, BERLIN. GEDRUCKT IN DER OFFIZIN VON FR. RICHTER G.M.B.H., LEIPZIG
 
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