Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 28.1930
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Heft 9
DOI Artikel:Wettbewerb für ein Kriegsdenkmal auf dem Rathausmarkt in Hamburg
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TH. TH. HEINE, WEDEKIND. ZEICHNUNG FÜR DEN SIMPLIZISSIMUS
AUSGESTELLT BEI BRUNO CASSIRER, BERLIN
WETTBEWERB
FÜR EIN KRIEGSGEDENKMAL
AUF DEM RATHAUSMARKT IN HAMBURG
l~"\ie Antiken-Säle der Hamburger Kunsthalle haben Ein-
quartierung bekommen. Sie beherbergen zur Zeit die
Entwürfe für das Kriegsgedenkmal auf dem Rathausmarkt,
mehr als hundertundfünfzig an der Zahl. Es wären ihrer ge-
wiß noch viel mehr geworden, wenn die Bewerber sich nicht
das Modell der Treppe hätten kaufen müssen, an der das
Denkmal seinen Platz finden soll.
Die Mehrzahl der Entwürfe und die Beschaffenheit der
Lage legten die Auswahl unter drei Arten von Denkmalen
nahe: lotrecht aufragende Male, Gehäuse und Freiplastiken.
Die preisgekrönte Freiplastik (es kamen übrigens anstatt
eines ersten, drei zweite und ferner zwei dritte Preise zur Ver-
teilung) ist die stilisierte Darstellung eines aus den Flammen
aufsteigenden Phönix von Paul Günnemann. (9,25 m hoch,
in rotem keramischen Material geplant —.) An diesem ver-
brennenden und wiedererstehenden Vogel des ägyptischen
Mythus' ist das beste wohl die Idee. Die Form aber ist noch
höchst unvollkommen. Außerdem nimmt der Entwurf nicht
genug Rücksicht auf die verschiedenen Standpunkte des Be-
schauers. Die Barlachsche Freiplastik, die gefaßt und ergeben
kniende Gestalt eines „Trägers des allgemeinen Schmerzes",
ist dem preisgekrönten Entwurf in formaler Beziehung jeden-
falls bedeutend überlegen.
Noch mehr im Zweifel ist man zwei Malen gegenüber,
von denen das eine einen zweiten Preis erhielt. Es sind das
der aus dem Wasser aufragende Einzelschaft Nr. 177 771, aus-
gezeichnet in seinen Verhältnissen, und das Fünftafelmal von
Konstantin Gutschow (555517), beides in ihrer Art vorzüg-
liche zeit- und sinngemäße Denkmale.
Unter den Gehäusen ist die mit einem zweiten Preis
bedachte graziöse Pfeilerhalle von Jäger und Hopp (281093)
am abgewogensten. Aber ist sie nicht auch ein bißchen kon-
ventionell? Sicher wird sie am wenigsten aus dem Rahmen
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AUSGESTELLT BEI BRUNO CASSIRER, BERLIN
WETTBEWERB
FÜR EIN KRIEGSGEDENKMAL
AUF DEM RATHAUSMARKT IN HAMBURG
l~"\ie Antiken-Säle der Hamburger Kunsthalle haben Ein-
quartierung bekommen. Sie beherbergen zur Zeit die
Entwürfe für das Kriegsgedenkmal auf dem Rathausmarkt,
mehr als hundertundfünfzig an der Zahl. Es wären ihrer ge-
wiß noch viel mehr geworden, wenn die Bewerber sich nicht
das Modell der Treppe hätten kaufen müssen, an der das
Denkmal seinen Platz finden soll.
Die Mehrzahl der Entwürfe und die Beschaffenheit der
Lage legten die Auswahl unter drei Arten von Denkmalen
nahe: lotrecht aufragende Male, Gehäuse und Freiplastiken.
Die preisgekrönte Freiplastik (es kamen übrigens anstatt
eines ersten, drei zweite und ferner zwei dritte Preise zur Ver-
teilung) ist die stilisierte Darstellung eines aus den Flammen
aufsteigenden Phönix von Paul Günnemann. (9,25 m hoch,
in rotem keramischen Material geplant —.) An diesem ver-
brennenden und wiedererstehenden Vogel des ägyptischen
Mythus' ist das beste wohl die Idee. Die Form aber ist noch
höchst unvollkommen. Außerdem nimmt der Entwurf nicht
genug Rücksicht auf die verschiedenen Standpunkte des Be-
schauers. Die Barlachsche Freiplastik, die gefaßt und ergeben
kniende Gestalt eines „Trägers des allgemeinen Schmerzes",
ist dem preisgekrönten Entwurf in formaler Beziehung jeden-
falls bedeutend überlegen.
Noch mehr im Zweifel ist man zwei Malen gegenüber,
von denen das eine einen zweiten Preis erhielt. Es sind das
der aus dem Wasser aufragende Einzelschaft Nr. 177 771, aus-
gezeichnet in seinen Verhältnissen, und das Fünftafelmal von
Konstantin Gutschow (555517), beides in ihrer Art vorzüg-
liche zeit- und sinngemäße Denkmale.
Unter den Gehäusen ist die mit einem zweiten Preis
bedachte graziöse Pfeilerhalle von Jäger und Hopp (281093)
am abgewogensten. Aber ist sie nicht auch ein bißchen kon-
ventionell? Sicher wird sie am wenigsten aus dem Rahmen
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