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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 28.1930

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Heft 5
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Poensgen, Georg: Tarquinius und Lucreta von Rubens
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Ganz, Hermann: Maillols Cézanne-Denkmal
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https://doi.org/10.11588/diglit.7609#0235

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P. P. RUBENS, HERO UND LEANDER. DETAIL, abb. 3

DRESDEN, GEMÄLDEGALERIE

MAILLOLS CEZANNE-DENKMAL

VON

HERMANN GANZ

"V 7or kurzem erst hat das Cezanne-Denkmal von Maillol
* in den Tuilerien seinen endgültigen Platz erhalten: zu
Füßen eines doppelten Treppenaufstieges hinter der ehe-
maligen Orangerie — dem heutigen Musee Monet —, in
unmittelbarer Nachbarschaft der Place de la Concorde. Es
ist, mit Maillols eigenem Ausdruck, „un lieu d'amoureux".
Unter den obwaltenden Umständen hätte er sich selbst
nichts Besseres wünschen können. Ein paar Schritte davon,
im Gärtchen des Monetmuseums, steht übrigens nun auch
ein anderer Akt von ihm: das sitzende Mädchen, das man
vorher in dem einen Seerosensaale Monets sah.

Das Cezanne-Denkmal ist wahrscheinlich das bedeutendste
Bildwerk, das Maillol bisher schuf, und eine der schönsten
Einzelfiguren neuerer Plastik überhaupt. Man findet darin
alle Vorzüge vereint, um deretwillen Maillol als der heim-
liche Kaiser heutiger Jugend gilt. Ohne das Putzige, das
andere Akte seiner Hand nicht selten in die Sphäre des
animalisch Molligen, des Puttenhaften, herabzieht. Hier ist
jeder Zug bedacht und blüht doch im Ensemble herrlich auf.
Das Akademische untadeliger Gestaltung wird klassisch, das

klassisch Schöne wirkt wiederum naturhaft ungezwungen,
weil es sinnlich unmittelbar empfunden ist, weil es sich mit
der Notwendigkeit inneren Gewachsenseins wie eine reife
Frucht legitimiert. Ein Meisterwerk, vor dem man sich nur
wundert, daß es in unserer problematischen Zeit entstanden
ist: des Schönsten würdig, was wir von den frühen Griechen
kennen.

Diese lässig ruhende Frau, die den Loorbeer wie zur
höchsten Weihe eines antiken Helden bereit zu halten
scheint, ist fühlbar auf das Profil hin angelegt. Sie ist zu-
gleich so angelegt, daß die Volumen in der Tiefenschichtuiig
zu restloser Entfaltung kommen und daß alles sichtbar wird.
Das war die eigentliche Fragestellung, wenn ich die tiefste
Absicht richtig deute. Der Organismus des Oberkörpers mit
den Armen spricht deutlich genug dafür. Aber auch die
Haltung der Beine ist bezeichnend, um so mehr, als sie sich
nicht so leicht ergab. Es wird erzählt, daß Maillol sich
damit besonders lange aufgehalten hat, bevor er die einfache
Lösung fand, den näheren Schenkel auf die Seite zu legen,
so daß der andere für den gewollten Hauptblickpunkt ge-
wonnen war.

„A CEZANNE", liest man auf dem Sockel. Das ist der
einzige sichtbare Zusammenhang mit der beabsichtigten
Huldigung. Die Wirkung dieser Frauengestalt liegt in der
reinen Erscheinung ihrer plastischen Existenz. Mir scheint,
so feiern die Olympier ihresgleichen.

Das Werk beanspruchte ein Dutzend Jahre, bis es zu
voller Reife gediehen war. Es ist auf private Initiative hin
entstanden und war ursprünglich Aix-en-Provence zugedacht.

JUDITH UND 1IOLOFERNES. abb. 4
STICH VON C. GALLE NACH RUBENS
 
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