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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 28.1930

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Heft 10
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Scheffler, Karl: Berliner Frühjahrsausstellungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.7609#0447

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WILLY JAECKEL, KALLA ADOLF DE HAER, FRÜHLINGSBLUMEN

AUSGESTELLT IN DER AKADEMIE DER KÜNSTE

BERLINER FRUHJAHRSAUSSTELLUNGEN

VON

KARL SCHEFFLER

Die Frühjahrsveranstaltungen der Akademie, der Secession
und der Großen Berliner Kunstausstellung fallen in die
Festwochen, die Berlin alljährlich den Fremden rüstet. Die
Ausstellung „Altes Berlin" kommt, als ein wesentlicher Teil
des Festprogramms, hinzu. Daß man aber irgendwo den
Eindruck von etwas Festlichem empfängt, läßt sich mit den
freundlichsten Absichten nicht sagen. Das ist auch nicht
gut möglich. Denn die Zeiten sind — nicht nur aus den
offen zutage liegenden Gründen, sondern auch in einem
tieferen, unabänderlichen Sinne — allem Festlichen ungünstig.
In der Idee der „Festwochen" ist eine verstimmende Absicht-
lichkeit, und die einzelnen Veranstaltungen, ob sie nun un-
mittelbar oder mittelbar dazugehören, wirken auch nicht,
als seien sie wie von selbst aus einem Überschuß an Kraft
entstanden.

Nie war vor allem die bildende Kunst weniger reprä-
sentativ heiter, nie befand sie sich in einer schwereren und
in keiner Weise schon absehbaren Krisis als heute. Das ist
kein Vorwurf, kann keiner sein; es ist eine Feststellung.
Jeder Künstler ist heute mehr oder weniger ratlos, jeder
fühlt die Unmöglichkeit, naiv zu schaffen; wer die Zeit im

ganzen betrachtet, muß es einsehen, daß sie alles eher haben
kann als eine Kunst, die dem Auge glanzvolle Feste be-
reitet. Da die Ausstellungsgewohnheiten aber fortbestehen,
da die neue Generation nicht ärmer erscheinen will als die
alte, so kommt es zu einem mannigfaltigen und bunten,
letzten Endes aber unbefriedigenden „Als ob".

Es ist sonst nichts Bestimmtes gegen die Ausstellung der
Akademie zu sagen. Sie ist fast so gut, wie sie sein kann.
„Fast", weil einige der interessantesten Talente fehlen. Man
sieht eine Reihe guter Bilder und Plastiken, man bemerkt,
wie sich ein mittleres Niveau, woran Intelligenz und Ge-
schicklichkeit viel Anteil haben, immer gleichmäßiger aus-
breitet, man begrüßt in Max Liebermanns Bildnis seiner
Frau ein spätes Meisterwerk, in dem die Weisheit langer
Erfahrung immer noch mit schönster Naivität der Anschauung
gepaart ist, und man nimmt, um der zum Ausdruck ge-
brachten Pietät willen, auch die Sonderausstellung von Wer-
ken Ludwig Knaus hin, obwohl weniger in diesem Falle
mehr gewesen wäre.

Ähnlich verhält es sich mit der Ausstellung von Aqua-
rellen, Zeichnungen und Plastik in der Berliner Secession:

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