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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 28.1930

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Heft 10
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Glaser, Curt: Hans Purrmanns Entwürfe für Wandmalereien
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https://doi.org/10.11588/diglit.7609#0446

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HANS PURRMANN, TRAUERNDE FRAUEN

HANS PURRMANN, ERZIEHUNG

ENTWÜRFE FÜR DIE AUSMALUNG EINER KAPELLE

AUSGESTELLT IN DER BERLINER SECESSION

ihm gegenüber der kriegerisch gepanzerte Ritter Georg
steht.

Es ist nicht unnütz, den Inhalt der Bilderfolge kurz zu
beschreiben, weil sie schon hierin sehr wesentlich sich von
anderen Lösungsversuchen unterscheidet. Es gibt in Purr-
manns Entwürfen keinen gekreuzigten Christus und keine
auferstehenden Toten. Es wird nicht heftig und aufgeregt
gestikuliert, sondern alle Bewegungen sind still und gehalten.
Es wird endlich in den Abmessungen der Bilder und in den
Größenverhältnissen der Figuren Bezug genommen auf die
bescheidenen Maße des Raumes, den andere Bewerber
mit dröhnenden Riesengestalten oder weiten Landschafts-
prospekten peinlich zu sprengen versuchten. Aber dies alles
sind nur die gewissermaßen negativen Tugenden der Ent-
würfe, die in ihrer reifen, blühenden Farbigkeit erst die
eigentliche Schönheit entfalten.

Man weiß, mit welcher Meisterschaft Purrmann die reine
Farbe zu behandeln versteht. Er hat jedem der aquarellierten
Entwürfe einen vollen und starken Klang gegeben. Wie er
ein Rot klingen macht, wie er bewußt, aber niemals pedan-
tisch, immer wieder vielmehr überraschend die Kontraste
setzt, das gibt diesen Blättern einen hohen Reiz. Da ist die
Ernte, eine Variante des Sämanns, mit dem gabenspenden-
den Engel in den Lüften, meisterlich mit sparsamen Strichen
angedeutet das wogende Kornfeld, mit wenigen Farben ist

das Bild koloristisch reich, mit wenigen Figuren bis zum
Rande gefüllt. Oder das Familienbild mit dem kühnen Kon-
trast der grünen Wand zu dem roten Kleide der Mutter
und dem Ausblick ins Licht durch die geöffnete Tür. Jedes
Bild ist für sich erfunden, und zugleich nimmt jedes das farbige
Thema seines Nachbarn auf, um es abwandelnd weiterzuspin-
nen und auf sein Gegenüber zu reflektieren. Es wäre wohl nicht
ganz leicht gewesen, den farbigen Glanz des Aquarells und
die summarische Schlichtheit der Zeichnung vom kleinen in
das große Format hinüberzuretten. Aber die reife künstlerische
Einsicht, die Purrmann auszeichnet, hätte gewiß einen gang-
baren Weg gefunden, wären seine Entwürfe zur Ausführung
bestimmt worden.

Der Behörde, die das Preisausschreiben erlassen hat, fehlte,
so scheint es, schließlich der Mut, den Plan zu verwirklichen.
Es ist ein schweres Unrecht an Künstlern, die große Mühe
um ein geringes Entgelt verschwendet haben, daß sie end-
lich sich um eine große Hoffnung betrogen sehen. Werden
bestimmte Maler zu einem Wettbewerb aufgefordert, so weiß
man zuvor, wessen ungefähr man sich zu versehen habe.
Es gilt nicht die nachträgliche Ausrede, die Künstler hätten
versagt. Sie gilt in keinem Falle gegenüber den Entwürfen
Purrmanns, der hier etwas von seinem Besten gegeben und
seine Fähigkeiten auf einem Gebiete erwiesen hat, auf dem
er sich bisher nur selten versuchte.

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