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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 28.1930

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Heft 7
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Versteigerungen im April
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https://doi.org/10.11588/diglit.7609#0329

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MADONNA MIT KIND. RHEINLAND MADONNA MIT KIND. DEUTSCH MADONNA MIT KIND. AUS DEM DOM

ANFANG DES XIV. JAHRHUNDERTS ANFANG DES XIII. JAHRHUNDERTS ZU LIMBURG. MITTE DES XIII.JAHRH.

SAMMLUNG LEOPOLD SELIGMANN, KÖLN. VERSTEIGERUNG AM 28. U. 29. APRIL BEI HERM. BALL UND PAUL GRAUPE

VERSTEIGERUNGEN IM APRIL

Bei Hermann Ball und Paul Graupe in Berlin sind gegen-
wärtig die Spitzenstücke der Kölner S ammlung Dr. Leo-
pold Seligmann ausgestellt, die schon durch die Kölner
Jahrtausendausstellung bekannt geworden sind und nunmehr
am 28. und 29. April versteigert werden sollen. Diese Samm-
lung nimmt innerhalb des deutschen Privatbesitzes eine eigene
Stellung ein, weil sie, seit der Jahrhundertwende entstanden,
sozusagen eine wissenschaftliche Lehrsammlung der euro-
päischen Kunst von der Spätantike bis zum Beginn der
Spätgotik darstellt. Der Wert dieser Sammlung, die sich vor
allem auf Werke des Kunstgewerbes und der Kleinplastik
beschränkt liegt, außer in der ungewöhnlich hohen Qualität,
in der unberührten Erhaltung sämtlicher Einzelstücke.

Der große Umfang der Sammlung Seligmann gestattet
in der Aufzählung nur einen Querschnitt zu geben. Am
stärksten in die Augen fallen die mittelalterlichen Holzbild-
werke, voran vier romanische Madonnen, darunter die streng
frontale, kubische Muttergottes des zwölften Jahrhunderts
aus der Auvergne und die dem frühen dreizehnten Jahrhun-
dert angehörende, eng mit italienischen Stücken verwandte
deutsche Madonna, die sich durch klassische Reinheit und
Ausgewogenheit ihres Faltenwurfes auszeichnet. Stark ver-
treten ist selbstverständlich die rheinische Skulptur, wie über-
haupt die Entstehung der Sammlung eng mit dem Boden
des alten Köln verbunden ist. Hierher gehören vor allem
eine stehende Muttergottes aus der Mitte des vierzehnten
Jahrhunderts voll köstlicher Grazie und eine thronende Ma-
donna, schlank und hochstrebend, aus der Zeit um 1320.
Noch hundert Jahre älter ist die mächtige sitzende Madonna
aus dem Dom zu Limburg, der zeitlich ein so einzigartiges
Stück wie der kleine Reiter folgt. Das Ende der von Selig-

mann gepflegten Epochen bezeichnet das Figürchen einer
heiligen Odilie von der goldenen Tafel des Meisters Konrad
von Soest aus dem Anfang des fünfzehnten Jahrhunderts
und die liebenswürdige Margarete des burgundischen Kunst-
kreises um 1500.

Um diese Stücke, die bis auf einen lebensgroßen Kruzi-
fix des vierzehnten Jahrhunderts sämtliche zur Kleinplastik
gerechnet werden dürfen, schart sich ein kaum übersehbares
Material an Werkkunst. So nennen wir unter den Elfenbein-
arbeiten das ausdrucksstarke Relief des Apostels Paulus, eine
byzantinische Arbeit des fünften Jahrhunderts, die von Gold-
schmidt ausführlich gewürdigte syro-ägyptische Elfenbeinplatte
des sechsten, einen kleinen Tragaltar des zehnten Jahrhun-
derts aus Süditalien oder Frankreich und das vollendet feine
Pariser Elfenbeindiptychon um 1320. Unter denBronzearbeiten
finden wir den phantastisch-bizarren Griff einer ägyptischen
Lampe des dritten bis vierten Jahrhunderts, ein kleines
französisches Reliquiar des elften Jahrhunderts, Leuchter und
Aquamanilien des hohen Mittelalters und den prächtigen
süddeutschen Reliquienkasten mit der Darstellung Christi und
der Apostel von etwa 1120. Ein Stück von außerordentlicher
Schönheit ist die silbervergoldete Patene aus dem Anfang des
dreizehnten Jahrhunderts. Bei den Grubenemails befindet sich
ein Unikum, die erste bekannte mittelalterliche Emailarbeit
mit den Brustbildern Konstantins und der Kaiserin Helena,
und Beispiele der Limoger und deutschen Werkstätten des
zwölften Jahrhunderts. Ein Stück von außergewöhnlicher
Seltenheit stellt die kleine vergoldete Kupferplatte von dem
Iburger Tragaltar aus der Fritzlarer Schule des Rogerus von
Helmershausen vom Anfang des zwölften Jahrhunderts dar.
Eine Gruppe für sich bilden die Schmuckstücke der Spät-

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