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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 28.1930

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Heft 11
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Neue Bücher
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https://doi.org/10.11588/diglit.7609#0491

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PFEILERTISCH, MAHAGONI MIT BRONZEBESCHLAG. SIGNIERT: FERDINAND SCHWERDFEGER. PARIS 1788

NEUE BUCHER

EIN MODERNES KÜNSTLERLEXIKON

Man nehme zwei Dutzend Kataloge verschiedener Aus-
stellungen und Mitgliederverzeichnisse von Künstlervereini-
gungen, ordne ihren Inhalt alphabetisch, durchsetze sie mit
einigen schwungvollen biographischen Aufsätzen verschie-
dener Mitarbeiter, lasse das Ganze mit reichlichen Illustra-
tionen drucken und nenne es „Dictionnaire biographique
des Artistes Contemporains". Der erste Band eines solchen
Werkes, das sehr nützlich sein könnte, wenn es mit Um-
sicht und Kritik angelegt wäre, ist soeben in Paris erschie-
nen. Man ist auf manches gefaßt, wenn man weiß, wie
eng der Radius des Umkreises ist, in dem die Welt von
Paris aus erscheint. Aber gerade in neuerer Zeit sind die
Zeichen eines Umschwunges bemerkbar geworden. Man be-
ginnt auch in Paris, sich ernstlich für das Schaffen — uns
liegt es am nächsten, hieran zu denken — deutscher Künstler
zu interessieren. Der Verfasser des neuesten Künstlerlexi-
kons, dessen Namen höflich verschwiegen sei, bezieht seine
Wissenschaft von neuer deutscher Kunst einzig und allein
aus dem Katalog der Ausstellung zeitgenössischer deutscher
Graphik, die vor Jahresfrist in der Bibliotheque Nationale

veranstaltet wurde. Sogar Abbildungen werden diesem
Kataloge entnommen. Aber anstatt einer Biographie liest
man regelmäßig nur die Wendung: „Hat im Juni-Juli 1929
an der Ausstellung .... teilgenommen, wo dieser Künstler
ausstellte:" es folgt die Liste der Blätter. Daß Barlach
hierbei zum Maler und Lithographen wird, ist nur ein be-
scheidenes Versehen, das übrigens hätte vermieden werden
können, wenn der Verfasser sich die Mühe genommen hätte,
einen Blick in das Vorwort des von ihm so eifrig ausge-
schriebenen Kataloges zu werfen.

Man könnte den Band mit einem Lächeln beiseite legen,
wäre es nicht traurig, zu denken, daß dieses sogenannte
Künstlerlexikon immerhin von vielen als eine Quelle ange-
sehen werden wird, aus der man Belehrung schöpfen kann.
Die unausrottbare Ehrfurcht vor allem Gedruckten wird auch
diesem traurigen Machwerke eine scheinbare Bedeutung ver-
leihen, zumal es in den Bibliotheken kraft seines Titels
einen Ehrenplatz in der Reihe der biographischen Lexika
beansprucht, die als sichere Nachrichtenquellen angesehen zu
werden pflegen.

G.

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