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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 28.1930

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Heft 10
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Scheffler, Karl: Julius Pascin
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https://doi.org/10.11588/diglit.7609#0457

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JULIUS

T~\ie Nachricht aus Paris vom Tode Pascins war ganz un-
erwartet; die Mitteilung von einem Selbstmord gibt uns
ein Rätsel auf.

Denn Pascin stand auf der Höhe eines durchaus inter-
nationalen Erfolges. Die Franzosen zählten ihn zu den Ihren,
in Deutschland ist er schon seit mehr als zwanzig Jahren
beliebt, und in Amerika reiften ihm in den letzten Jahren
ansehnliche Erfolge. Es läßt sich auch nicht sagen, daß der
Sechsundvierzigjährige als Künstler nachgelassen hätte. Ein
so leichtes, im Schonungslosen graziöses Talent ist für große,
überraschende Entwicklungen freilich nicht geschaffen und
es ist immer in Gefahr, sich schnell auszuschreiben; inner-
halb des ihm Möglichen hat Pascin sich aber fortgesetzt
verbessert und verfeinert. Soweit sich seine letzten Bilder
nach Photographien beurteilen lassen, übertreffen sie alles frü-
here ; und seine Zeichnungen und Aquarelle sind immer knapper
und sicherer, klüger und sinnlich geschmackvoller geworden.

PASCINt

Pascin war eine Persönlichkeit innerhalb seines Kreises;
er war ganz echt, weil er zu scheinen wagte, wie er war.
Mit leichter Hand hat er nach vielen Seiten Anregungen
verstreut. Seine desillusionierende Romantik, seine etwas
satanisch gefärbte Daseinsfreude, seine Eleganz des Vortrags,
seine Fähigkeit, durch Zartheit der Form das Anrüchige zu
adeln, aus dem Häßlichen und Vulgären geistreich ein Fest
für die Augen zu machen, seine wissende Naivität: das alles
paßte gut in die letzten Jahrzehnte, in eine Epoche, der der
Impressionismus eigentlich nur Möglichkeiten eines hier spie-
lerischen, doch fanatischen Manierismus hinterlassen hat.

Pascin wird uns noch manches Mal beschäftigen. Es scheint,
als ob dieses ungemein begabte Zigeunertum in der Kunst
aussterben will. Um so mehr werden anders geartete Menschen
sich über diesen verträumten Spötter des Lebens, über diesen
Virtuosen der Lebensnuance, über diesen ironisch lächelnd
ein Leid Verbergenden verwundern. K. Sch.

JULIUS PASCIN f, JUNGE FRAU IM UNTERROCK

MIT ERLAUBNIS DER D. D. A. AUSGESTELLT IN DER GALERIE KNOEDLER, NEW YORK

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