Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 28.1930

DOI Heft:
Heft 12
DOI Artikel:
Göpel, Erhard: Jubiläums-Ausstellung Michael Willmann in Breslau
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.7609#0536

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
MICHAEL WILLMANN, JAKOBS TRAUM

AUSGESTELLT IM SCHLESISCHEN MUSEUM, BRESLAU

JUBILAUMS-AUSSTELLUNG MICHAEL WILLMANN IN BRESLAU

VON

ERHARD GÖPEL

"T\as Schlesische Museum der bildenden Künste in Breslau
begeht in diesem Jahre sein fünfzigjähriges Jubiläum.
Die schlichte Feier, die Rechenschaft von Sinn und Ent-
wicklung des Museums in der Vergangenheit legte, galt
gleichzeitig der Eröffnung einer Ausstellung der Werke des
Malers Michael Willmann (Königsberg 1630 — Leubus 1706),
die dem Besuch von Mai bis September offenstehen wird.
Der neue Leiter des Museums, Dr. E. Wiese, sah es als eine
Ehrenpflicht zum dreihundertsten Geburtstag des Malers an,
den alten Ruhm Willmanns in Schlesien zu überprüfen, die
aus der Forschungsarbeit gewonnene reinere Vorstellung den
Schlesiern in einer Ausstellung sichtbar zu machen, die es
erlaubt, dem alten Ruhm einen neuen Inhalt zu geben. In
sechs großen Sälen präsentiert sich das Werk des schlesischen
Barockmalers, der nach Studienreisen in Holland, Flandern
und Böhmen um 1660 in Leubus als Maler des Cisterzienser-
abtes Arnold Freiberger ansässig wurde. Die Ausstellung
ist gut gehängt, durch einen auch typographisch originalen
Katalog (Professor Molzahn) mit einem einleitenden Aufsatz
von E. Kloss hinreichend kommentiert, die „schlesische" Auf-
gabe ist offensichtlich und gut gelöst. Von weiter her ge-
kommen, fragt sich der Betrachter — dem bis dahin der

Name Willmann ungeläufig war — nach der weiter reichenden,
überschlesischen Bedeutung dieser so vollkommen vor ihm
tretenden Erscheinung Willmanns.

Der Schlesier Ludwig Meidner schrieb vor zehn Jahren
— einer Oderfahrt während seiner Akademiezeit in Breslau
gedenkend —: „Wir schwebten an Kloster Leubus vorbei,
stiegen ans Land und ich wunderte mich tief, daß die
Deutschen einen ihrer größten Maler ganz vergessen konnten,
den pinselgewaltigen Michael Willmann. Einen Rasenden
der Barockzeit, der eine Welt von Inbrunst, Märtyrertum
und Blutgier auf berstende Leinwände peitschte. Die
Klosterkirche mit diesen Flammenmalen entzündete eine
Fackel in meiner aufjauchzenden Brust." Die Leubuser
Folge der Apostelmartern — dreimal vier Meter-Formate —
hängt jetzt in den Sälen der Ausstellung, der bindenden
Kraft des gemeinsamen Kirchenraumes beraubt — Zeugnis
für die Fähigkeit des Malers, größte Flächen zu bewältigen.
Doch gelingt es dem Historiker nur schwer, hier sowohl als auch
bei den anderen religiösen Bildern und Landschaften zu dem
Eigenwert des Malers vorzudringen. Erinnerungen aus allen
Schulen, denen um die Mitte des siebzehnten Jahrhunderts
Bedeutung zukam, drängen aus den Bildern auf ihn ein.

512
 
Annotationen