Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 28.1930
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https://doi.org/10.11588/diglit.7609#0463
DOI Heft:
Heft 11
DOI Artikel:Glaser, Curt: Kunst als Ware
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KUNST ALS WARE
VON
CURT GLASER
Oeit Kunst nicht mehr an einen bestimmten
^ Zweck gebunden und in besonderem Auftrag
gefertigt wird, seit das Kunstwerk um seiner selbst
willen entsteht und der Künstler die Freiheit von
den alten handwerklichen Bindungen genießt, die
seine Arbeit aus dem Zusammenhang des Nutz-
gebrauches heraushebt, der jede andere mensch-
liche Produktion bestimmt, — seit, mit einem
Worte, die Kunst die volle Autonomie in ihrem
Reiche erobert hat, ist sie in eine andere Art der
Abhängigkeit von der Gesamt Wirtschaft geraten,
der kein Mensch sich zu entziehen vermag, da
er von dem Lohn seiner Arbeit zu leben gezwun-
gen ist: Kunst ist Gegenstand des Handels, sie ist
Ware geworden. Kunstwerke werden mit Geld-
summen bewertet. Es entsteht ein Gleichnis zweier
schwer vergleichlicher Größen, wenn der Besitz
eines Gegenstandes, dem kein anderer Nutzwert
eignet als der, ein ästhetisches Erlebnis auszu-
lösen, mit bestimmten Geldbeträgen aufgewogen
wird. Und es entsteht zugleich damit ein Wett-
streit zwischen den Kunstwerken selbst, weil es
dem Uneingeweihten wohl scheint, als müsse das
höher bezahlte auch immer das in seinen ästhe-
tischen Werten höher einzuschätzende Kunst-
werk sein.
Daß dem nicht immer so ist, nicht immer so
sein kann, auch nicht immer so zu sein braucht,
ist kaum im einzelnen auszuführen erforderlich.
Werden Kunstwerke Gegenstand der Sammel-
leidenschaft, so tritt damit ihre Bewertung in ein
gänzlich anders geartetes Geltungsbereich, da der
Sammeltrieb eine besondere Eigenschaft des Men-
schen darstellt, und vom Sammler auch in der
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VON
CURT GLASER
Oeit Kunst nicht mehr an einen bestimmten
^ Zweck gebunden und in besonderem Auftrag
gefertigt wird, seit das Kunstwerk um seiner selbst
willen entsteht und der Künstler die Freiheit von
den alten handwerklichen Bindungen genießt, die
seine Arbeit aus dem Zusammenhang des Nutz-
gebrauches heraushebt, der jede andere mensch-
liche Produktion bestimmt, — seit, mit einem
Worte, die Kunst die volle Autonomie in ihrem
Reiche erobert hat, ist sie in eine andere Art der
Abhängigkeit von der Gesamt Wirtschaft geraten,
der kein Mensch sich zu entziehen vermag, da
er von dem Lohn seiner Arbeit zu leben gezwun-
gen ist: Kunst ist Gegenstand des Handels, sie ist
Ware geworden. Kunstwerke werden mit Geld-
summen bewertet. Es entsteht ein Gleichnis zweier
schwer vergleichlicher Größen, wenn der Besitz
eines Gegenstandes, dem kein anderer Nutzwert
eignet als der, ein ästhetisches Erlebnis auszu-
lösen, mit bestimmten Geldbeträgen aufgewogen
wird. Und es entsteht zugleich damit ein Wett-
streit zwischen den Kunstwerken selbst, weil es
dem Uneingeweihten wohl scheint, als müsse das
höher bezahlte auch immer das in seinen ästhe-
tischen Werten höher einzuschätzende Kunst-
werk sein.
Daß dem nicht immer so ist, nicht immer so
sein kann, auch nicht immer so zu sein braucht,
ist kaum im einzelnen auszuführen erforderlich.
Werden Kunstwerke Gegenstand der Sammel-
leidenschaft, so tritt damit ihre Bewertung in ein
gänzlich anders geartetes Geltungsbereich, da der
Sammeltrieb eine besondere Eigenschaft des Men-
schen darstellt, und vom Sammler auch in der
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