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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 28.1930

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Heft 3
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Glaser, Curt: Die Sammlung Paul Guillaume
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https://doi.org/10.11588/diglit.7609#0128

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formen lehnt Picasso den Zwang des einheitlichen
Weltbildes ab, das aller Kunst früherer Zeit als
die Voraussetzung individuellen künstlerischen Aus-
drucks erschien. Oder ist es nicht ganz so vor-
bildlos, was Picasso beginnt? Soll man an die Zeiten
denken, in denen man von den verschiedenen
„maniere" sprach, auf die ein Bild gemalt sein
könne? Picasso, ein ungewöhnlich begabter Manie-
rist. Vielleicht ist es des Rätsels Lösung.

Man kann auch Modigliani einen Manieristen
nennen, wenn man das Wort in anderem, fast
gegensätzlichem Sinne gebraucht. Er ist Manierist,
weil alle seine Bilder die gleiche Manier aufweisen.
Aber diese Manier ist nicht von einem freien
Willen, sondern von einem unausweichlichen Ge-
fühl bestimmt. Wie Picasso, dessen wahre Seele
man in seinen frühen, blauen Bildern ahnt, sich

hinter vielen Masken zu verbergen sucht, so offen-
bart in jedem Gesicht, das er malt, in jedem Kontur,
den er zeichnet, Modigliani den einen Ton des
Gefühls, auf den seine Kunst, und auf den auch
sein in kurzem Rausch sich verzehrendes Leben ge-
stimmt war. Dieser italienische Maler ist ein Künst-
ler gewesen. Er brauchte nicht viel, um sich aus-
zudrücken. Aber in seinen Bildern ist etwas, das
klingt. Es gibt nicht leicht einen falschen Ton
in dieser reinen Kunst.

Die Sammlung Guillaume besitzt ein paar Bilder
von Utrillo und Pascin, von der Laurencin und
von Rouault, von Soutine und Goerg. Dieser Rest
aber ist minder bedeutend neben dem Kern der
Sammlung, den Werken der vier Maler, denen
zugleich die wesentliche Bemühung des Kunst-
händlers Guillaume gewidmet ist.

PAUL KLEE, BEZIEHUNG ZWEIER KÖPFE. AQUARELL. 1927

MIT ERLAUBNIS DER GALERIE FLECHTHEIM, BERLIN

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