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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 28.1930

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Heft 3
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Huth, Hans: Über Gefälschte Möbel
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https://doi.org/10.11588/diglit.7609#0130

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achtzehnten Jahrhunderts haben nicht lange auf
sich warten lassen, nachdem das Interesse für diese
Dinge im Wachsen war. Nach der Entdeckung
der Möbelsignaturen um 1880 — deren Existenz
seit fast einem Jahrhundert vergessen war — be-
mächtigten sich die Fälscher natürlich auch dieses
Hilfsmittels. Infolge der damaligen geringen Kennt-
nis von der ursprünglichen Verwendung dieser
Stempel brachte man sie nicht immer richtig an.
Aus dieser Zeit rührt ein schlecht gefälschter Rie-
senerstempel auf einer echten, noch dazu deutschen
Kommode der Wallace-Collection, durch den ihr
Wert erhöht werden sollte. Kopien nach berühmten
Möbeln, zum Beispiel dem berühmten „bureau du
roi" im Louvre, die in dieser Zeit angefertigt wurden,
sind nicht als eigentliche Fälschungen anzusehen, da
sie als Vorbilder zur Wiederbelebung des alten Kunst-
handwerks dienen sollten. Praktisch mögen diese
Möbel als Fälschungen aufgetreten sein, wenn sie
in zweiter oder dritter Hand als echt angeboten
wurden. Alle diese älteren Fälschungen oder Ko-
pien werden aber jetzt niemanden mehr täuschen,
da sie sehr primitiv gemacht sind. Die heutigen
Fälscher arbeiten mit ganz anderen Mitteln als ihre
Kollegen von 1880, die ihre Möbel mit Vogel-
dunst beschossen, um „Wurmlöcher" zu erzielen.

Unter den Möbelfälschungen, die heute gefähr-
lich werden, sind zwei Typen zu unterscheiden:
solche Möbel, die ganz und gar neu hergestellt
und andere, die „geschönt" sind. Die letzteren sind
einfache echte Möbel, die mit neuen oder nicht
zugehörigen Teilen bereichert wurden, um sie wert-
voller zu machen. Bei einem ursprünglich ganz
einfachen Tisch in Louis XV.-Form wurden z. B.
in die Zarge nachträglich bemalte Glasplatten ein-
gelegt; außerdem stempelte man ihn, trotz der
vorhandenen etwas unleserlichen Signatur eines
weniger bekannten Meisters, mit dem Namen des
berühmteren Leleu.

Unter den absoluten Fälschungen gibt es ver-
schiedene Klassen, die, je nach der dafür aufge-
wandten Arbeit, mehr oder weniger gut gelingen.
Eins ist immer sicher: eine Kopie nach einem
Möbel des achtzehnten Jahrhunderts läßt sich stili-
stisch völlig einwandfrei herstellen. Mit der Stil-
kritik kann man also meist nicht viel anfangen.
Weniger gut gerät jedoch meistens die technische
Seite der Sache. Es lohnt nun nicht, die verschie-
denen Merkmale aufzuzählen, aus denen man alle

die mehr oder weniger falschen Möbel erkennen
kann, die kleine Händler in der Rue du Bac oder
Faubourg St. Honore verkaufen. Hier wird man
nicht erwarten können, für die geringen Summen,
die bei solchen Käufen umgesetzt werden, beson-
ders wertvolle Stücke erwerben zu können. Auch
mit den Möbeln, die die großen Pariser Dekora-
teurfirmen auf Wunsch ihren Kunden auf alt
herrichten, kann kein großer Schaden angerichtet
werden, selbst wenn sie in zweite Hand fallen,
da sie weder technisch in der alten Weise herge-
stellt sind, noch jemals auf der Rückseite „truquiert"
geliefert werden.

Ganz anders liegt der Fall bei einer Gruppe
von Möbeln, die in erster Linie den Anlaß zu diesen
Zeilen gegeben hat. Hier handelt es sich um Nach-
ahmungen meist hochwertiger Stücke, die geeignet
sind, den Antiquitätenmarkt zu diskreditieren. Nun
ist es eine eigene Sache, vor solchen Stücken öffent-
lich zu warnen, da oft genau das Gegenteil der
beabsichtigten Wirkung erzielt wird, und die Her-
steller durch die Kritik sehr bald veranlaßt werden,
ihre Fehler zu verbessern. Selbst auf diese Gefahr
hin muß es geschehen, da nicht länger geschwie-
gen werden kann, wenn Berlin von einer Stelle
aus geflissentlich mit falschem Antiquitätenmaterial
überschüttet wird, was schon dazu geführt hat,
daß Stücke in zweiter Hand gutgläubig als echt
verkauft worden sind.

Glücklicherweise zeigen alle diese Möbel ge-
meinsame Merkmale, die, wenn man sie einmal
erkannt hat, nicht mehr übersehen werden können.
Der Fabrikant spekuliert auf die Vorliebe des Publi-
kums für signierte Möbel und versieht sie daher
sehr häufig mit Signaturen (Abb. 3). Daß diese
Vorliebe ganz unberechtigt ist, sei nur nebenbei
bemerkt; denn gerade besonders kostbare, auf Be-
stellung gefertigte Möbel tragen sehr häufig keinen
Stempel, und ein minderes Möbel, das eine Si-
gnatur trägt, wird dadurch nicht kostbarer. Die
Signaturen sind nun sehr schlecht gemacht. Von
rechtswegen hatten die Pariser Ebenisten ihre Si-
gnatur im Zunfthause auf einer dort befindlichen
Bleitafel einzutragen, nur dieser eine aus einem
Stück gefertigte Stempel durfte benutzt werden.
Der „Kopist" aber gebraucht einzelne Buchstaben-
punzen, um die Namen zusammenzusetzen; natür-
lich kann er diese nicht so sorgfältig einprägen,
daß es so aussieht, als sei es ein Stempeldruck. Aus

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