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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 28.1930

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Heft 4
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Scheffler, Karl: Berliner Ausstellungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.7609#0189

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JOSEPH THORAK, KINDERKOPF. WACHS

AUSGESTELLT IN DER KUNSTHANDLUNG VICTOR HARTBERG, BERLIN

schmissige „Ankunft eines Fliegers" von Peter Janssen, die
kleine unbeholfene, aber naiv gesehene „Beerdigung" von
Hermann Poll, die Landschaft Carl Schneiders, die „Hinter-
häuser im Schnee" von Josef Wedewer und einiges andere.

Christian Schad, der im Reckendorfhaus eine Pariser
Landschaft hatte, stellte bei Fritz Gurlitt kollektiv aus. Viele
Bilder werden ihm aber gefährlich, weil sie das Publikums-
mäßige seiner nur scheinbar herben Kunst zum Vorschein
bringen.

In der Kunsthandlung Viktor Hartberg zeigte Arno Nadel,
den man auch als Dichter kennt, eine lange Reihe von
Pastellen, meistens Bildnisse. Eine entschiedene Fähigkeit,
aber störend durch ein „Genialisches", das im Grunde Not-
behelf ist — was die wenigen genauer ausgeführten Arbeiten
durch einen akademischen Zug beweisen. Immerhin bleibt
der Reiz eines persönlichen Temperaments und einer Be-
gabung, die bei genügender Konzentration charakteristischer
Bildnisse fähig ist.

Der Bildhauer Joseph Thorak, der in demselben Kunst-
salon ausstellte, zwingt wieder zu einer guten Meinung von
seinem Talent, seinem Arbeitsernst und seinem verständnis-
vollen Studium alter italienischer Kunst. Das Wachsmaterial
kommt der Geschicklichkeit und Gefälligkeit des Talents
weit, zuweilen zu weit entgegen. Wessen Thorak fähig
ist, zeigte der Gips der „Penthesilea", Modell einer Kolossal-
figur für ein Berliner Gymnasium. Die klare Bestimmtheit
der Form spricht laut für ein reifes Können.

Dieselbe Galerie ließ eine Ausstellung von Bildern

Eugen Spiros und von plastischen Arbeiten Fritz Klimsch'
folgen. Klimsch macht nichts, was er anfaßt, schlecht, und
er macht manches vortrefflich. Wenn ein Letztes auch
fehlt, so entschädigt dafür die Sicherheit und Leichtigkeit
eines durchaus erprobten Könnens und eine Anmut, die nie
durch ein Werben um Beifall erkauft wird. — Eugen Spiro
hat äußere Fähigkeiten, die zur Achtung zwingen, er be-
herrscht die Malerei in seiner Weise gut. Man muß aber
von allen seinen Bildern sagen, daß sie eine gleichgültige
Seele haben. Es scheint, als sei diesem Maler die ent-
scheidende Gabe der Verwunderung versagt.

In das Arbeitsgebiet der Gebrauchsgraphik führte die Aus-
stellung Ehmkes und seines Kreises im Lichthof des ehe-
maligen Kunstgewerbemuseums. Eine verwirrende Fülle von
typographischen Blättern, Plakaten, Graphiken, Schrift-
proben, Bucheinbänden, Illustrationen usw. Die Ausstellung
bewies, wie sehr sich das Niveau dieser gewerblichen Kunst
in den letzten dreißig Jahren gehoben hat. Doch hatte der
Betrachter wenig Neigung, die Namen der Zeichner zu suchen
und sich zu merken. Angewandte Kunst dieser Art soll
namenlos sein. Wodurch das Verdienst Ehmkes und der
Seinen nicht geschmälert, sondern nur erhöht wird.

Die amüsanteste Ausstellung des Monats hatte wieder
die Galerie A. Flechtheim veranstaltet. Sie hieß „Seit
Cezanne in Paris" und enthielt, außer kleineren Werken
von Cezanne, Degas, Lautrec und Renoir, ein buntes Vielerlei
von Zeichnungen, Aquarellen und Plastiken Braques, Bonnards,
Chagalls, Derains, Dufys, van Goghs, Maillols, Matisses,

JOSEPH THORAK, ENTWURF ZUR PENTHESILEA

AUSGESTELLT IN DER KUNSTHANDLUNG VICTOR HARTBERG, BERLIN

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