Overview
Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 28.1930

DOI Heft:
Heft 4
DOI Artikel:
Post, Hermann: Neues aus Amerika
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.7609#0193

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
BBHH

DUNOYER DE SEGONZAC, SITZENDE. ZEICHNUNG HENRI MATISSE, DIE TÄNZERIN

REINHARDT GALLERIES, NEW YORK REINHARDT GALLERIES, NEW YORK

MIT ERLAUBNIS DER D. D. A.

hundert Ausstellungen, man spricht aber von drei- bis vier-
hundert im Monat.

Im Warenhaus von Gimbels wurde ein Chippendale-
und Sheratonfilm gezeigt: historische Umgebung, Original-
einrichtung auf Adelssitzen, Originalrechnungen und der in
Armut sterbende Sheraton. Der Film wurde begleitet von
den Vortrag eines Engländers, der mit historischen und kunst-
theoretischen Betrachtungen nicht belastet war.

Die National Academy of Design hat ihre jährliche
Ausstellung eröffnet. Sie ist so schlecht, daß selbst die hiesige
Presse darüber schweigt. Die Leitung verteilt Preise. Ein
Preis von 500 Dollars wurde einem Bild zuerteilt, das falsch
aufgehängt war, eine Seitenansicht nach unten.

Mit Preisen wird hier überhaupt nur so umhergeworfen.
Kürzlich erhielt den „Prix de Rome" in Höhe von 8000 Dollars
ein Einundzwanzigjähriger, der im Nebenamt Kellner ist.

In Philadelphia ist ein Rodinmuseum eröffnet worden,
eine Stiftung des verstorbenen Theatermannes und Philan-
thropen (das ist hier ein Beruf) J. E. Mastbaum. Das Museum
repräsentiert einen Wert von zwei Millionen Dollars. Es
enthält nach den Zeitungsberichten 83 Bronzen (?), 39 Gips-
abgüsse, 64 Zeichnungen, 2 Bilder, Briefe Rodins, Photo-
graphien und viele — Zeitungsausschnitte. Das Haus ist
eine Kopie des Hotel Biron in Paris und aus französischem
Sandstein erbaut.

Die Modigliani-Ausstellung bei de Hauke enthält 37 Bilder
des Künstlers, vor allem aus amerikanischem Privatbesitz.

Der Vorrede von Christian Zervos in dem luxuriösen, in
Paris gedruckten Katalog seien folgende biographische No-
tizen über Modigliani entnommen: Er wurde 1884 in Tos-
kana geboren. Väterlicherseits entstammt er dem römischen
Ghetto, mütterlicherseits soll die Familie mit Spinoza zu-
sammenhängen. 1906 kam Modigliani nach Paris und ge-
riet in den Kreis der Fauves. Er war körperlich schwach
und ergab sich zeitweise sehr dem Alkohol. Der Tod erfolgte
1920. Seine Freundin Jeanne Hebuterne stürzte sich bei
seinem Tode aus dem Fenster. Bilder von Modigliani
sind in Amerika sehr gesucht. In Paris wurde im letzten
Jahre einer Amerikanerin ein Bild von ihm für 16000 Dollars
angeboten.

Die Kleinberger Galleries zeigen eine sehr schöne Leih-
ausstellung flämischer Primitiver, der Max J. Friedländer das
Katalogvorwort geschrieben hat. Zur Unterstützung des guten
Zwecks („Free Milk Fund for Babies") werden für den Eintritt
2 Dollars und für den Katalog 5 Dollars gefordert. Protektor ist
William Randolph Hearst. In der Hearstpresse erschien täg-
lich die Abbildung eines der ausgestellten Gemälde mit fetten
Schlagzeilen, die an die Reklame für Rasierapparate erinnern.
Unter dem Bildnis Karls V. von Mostaert stand: „Every inch
a King!", unter dem Bildnis eines jungen Mannes von Dirck
Bouts stand: „Gern!" (Juwel) und darunter: „Put heart into
Work" und „Greatest show of Kind". Das größte Staunen
gilt dem den Amerikanern unvorstellbaren Alter der Bilder
und der genauen Ausführung.

169
 
Annotationen