Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 28.1930
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https://doi.org/10.11588/diglit.7609#0238
DOI Heft:
Heft 5
DOI Artikel:Glaser, Curt: Edwin Scharff: zur Ausstellung bei Paul Cassirer
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EDWIN SCHARFF, LIEBESPAAR. GIPSMODELL FÜR MARMOR
AUSGESTELLT BEI PAUL CASSIUER, BERLIN
EDWIN SCHARFF
ZUR AUSSTELLUNG BEI PAUL CAS SIRER
VON
CURT GLASER
~V Tach längerer Pause zeigte Edwin Schärft eine Reihe
^ neuer Skulpturen im Kunstsalon Paul Cassirer. Die
Arbeit dieses Bildhauers überzeugt durch die formale Ge-
schlossenheit, die vor allem seinen Bildnisbüsten eine ein-
drucksvolle Haltung sichert. Die natürliche Erscheinung
eines menschlichen Kopfes wird in reine plastische Form
übersetzt. Jenseits der Wirklichkeit der Natur ersteht eine
neue, in ihrem Bereich überzeugende Wahrheit, wenn etwa
der charaktervoll eigenartige Gelehrtenkopf Heinrich Wölff-
lins auf eine Formel zurückgeführt wird, die in ihrer haar-
scharfen Prägnanz bis zur Grenze des Möglichen getrieben
erscheint, als Porträt aber kaum zu übertreffen sein dürfte.
Die Tessenowbüste ist einfacher als die — wenn man
will, fast überspitzte — Wölfflinbüstc. Hier ist auf jeden Rest
dekorativer Wirkung, die Scharff in seiner Münchener Zeit
zuweilen suchte, Verzicht geleistet, der Kopf ist in seinen
formalen Komponenten überraschend klar gebaut, und er ist
zugleich vollkommen lebendig in jener Art der Ähnlichkeit,
die man von dem guten Porträt zu erwarten berechtigt ist.
Es gibt Frauenbüsten von Scharff, wie die der Frau von Ho-
boken und der Frau Hugo Simon, die das schwierige Pro-
blem mit gleicher Konzentration lösen. Man erinnert sich
angesichts dieser Köpfe des Films der „schaffenden Hände",
in dem Scharrls Arbeitsweise gezeigt wurde, die Arbeitsweise
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AUSGESTELLT BEI PAUL CASSIUER, BERLIN
EDWIN SCHARFF
ZUR AUSSTELLUNG BEI PAUL CAS SIRER
VON
CURT GLASER
~V Tach längerer Pause zeigte Edwin Schärft eine Reihe
^ neuer Skulpturen im Kunstsalon Paul Cassirer. Die
Arbeit dieses Bildhauers überzeugt durch die formale Ge-
schlossenheit, die vor allem seinen Bildnisbüsten eine ein-
drucksvolle Haltung sichert. Die natürliche Erscheinung
eines menschlichen Kopfes wird in reine plastische Form
übersetzt. Jenseits der Wirklichkeit der Natur ersteht eine
neue, in ihrem Bereich überzeugende Wahrheit, wenn etwa
der charaktervoll eigenartige Gelehrtenkopf Heinrich Wölff-
lins auf eine Formel zurückgeführt wird, die in ihrer haar-
scharfen Prägnanz bis zur Grenze des Möglichen getrieben
erscheint, als Porträt aber kaum zu übertreffen sein dürfte.
Die Tessenowbüste ist einfacher als die — wenn man
will, fast überspitzte — Wölfflinbüstc. Hier ist auf jeden Rest
dekorativer Wirkung, die Scharff in seiner Münchener Zeit
zuweilen suchte, Verzicht geleistet, der Kopf ist in seinen
formalen Komponenten überraschend klar gebaut, und er ist
zugleich vollkommen lebendig in jener Art der Ähnlichkeit,
die man von dem guten Porträt zu erwarten berechtigt ist.
Es gibt Frauenbüsten von Scharff, wie die der Frau von Ho-
boken und der Frau Hugo Simon, die das schwierige Pro-
blem mit gleicher Konzentration lösen. Man erinnert sich
angesichts dieser Köpfe des Films der „schaffenden Hände",
in dem Scharrls Arbeitsweise gezeigt wurde, die Arbeitsweise
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